Landespokal-Derby in Halle – Minuskulisse droht
Es ist angerichtet: Im Viertelfinale des FSA-Pokals empfängt der Hallesche FC am Mittwoch den ewigen Rivalen aus Magdeburg (20:30 Uhr, live im MDR). HFC-Coach Rico Schmitt erwartet gegen den Aufstiegskandidaten ein Duell auf Augenhöhe.
Fennell: Sehr wichtiges Spiel für die Region
Der Hallesche FC hat sich mit den jüngsten Liga-Erfolgen (drei Spiele ohne Niederlage) vorerst aus der Abstiegszone verabschiedet. Das neu gewonnene Selbstbewusstsein wollen die Saalestädter nun am Mittwoch mit in das Pokalspiel gegen Magdeburg nehmen. Für HFC-Coach Rico Schmitt kommt der Pokalkracher zum richtigen Zeitpunkt: "Die Mannschaft hat sich freigepaddelt. Wir sind gut drauf. Das Team ist in den vergangenen zwei, drei Wochen nochmal enger zusammengerückt."
Um die besondere Brisanz des Duells weiß auch Mittelfeld-Lenker Royal-Dominique Fennell: "Es ist ein sehr wichtiges Spiel für die Region, für die Fans, für die Stadt und den Verein", betont der 28-Jährige. Schließlich würde der HFC mit einem Sieg der direkten Qualifikation für den lukrativen DFB-Pokal ein großes Stück näher kommen. "Aber wir dürfen das nicht als Rucksack betrachten, sondern sollten alles ringsherum ausblenden uns darauf konzentrieren, dass es ein Derby ist das wir gewinnen wollen.“
Einen Wermutstropfen müssen die Hallenser allerdings verkraften: Flügelstürmer Hilal-El-Helwe (10 Scorerpunkte in der Liga) ist nicht mit an Bord. Der 23-Jährige befindet sich derzeit mit der libanesischen Nationalmannschaft auf Länderspielreise. Dafür könnte Marvin Ajani ins Team zurückkehren. Der Mittelfeldspieler hat seine Erkrankung mittlerweile auskuriert und steht der Mannschaft wieder zur Verfügung. Dass es am Mittwoch trotzdem kein Spaziergang werden wird, weiß auch Trainer Rico Schmitt: "Wer den Pokal holen will, muss Magdeburg schlagen. Ob im Viertelfinale oder im Endspiel."
Magdeburg tritt nicht in Bestbesetzung an
Nach dem überzeugenden 6:1 gegen den VfR Aalen ist der 1. FC Magdeburg weiterhin mittendrin im Aufstiegsrennen. Kein Wunder also, dass der Tabellenzweite im Landespokal einige Kräfte für den Endspurt schonen will. "Wir wollen die Belastung möglichst gut verteilen, wahrscheinlich einige Wechsel vornehmen, aber eine gute Mannschaft aufbieten können", sagte Trainer Jens Härtel auf der Pressekonferenz am Dienstag.
"Wir hätten gerne zu einer anderen Zeit gespielt, das wollte Halle aber nicht." Auf die Frage, ob er lieber Pokalsieger oder Aufsteiger in die 2. Bundesliga wäre, antwortete er: "Dann verzichte ich auf den Pokalsieg und steige lieber auf. So müssen wir uns auch ausrichten. Wir werden aber trotzdem nie ein Spiel abschenken und auch in Halle alles raushauen.“ Allerdings müssen die Blau-Weißen auf einige Profis verzichten. Neben den Langzeitverletzten fällt auch Jan Glinker für das Derby flach (krankgeschrieben). Zudem kann Mittelfeld-Routinier Gerrit Müller wegen Knieproblemen nicht mitwirken.
Boykott der FCM-Fanszene
Darüber hinaus muss der FCM auf einen Großteil seiner Fans verzichten. Nachdem "Block U" bereits Ende Januar zum Boykott aufgerufen hatte, wurden bislang erst 200 der 1.000 Gästetickets verkauft. Grund für den Boykott ist der Tod vom FCM-Fan Hannes im Oktober 2016. Laut "Block U" seien die verantwortlichen Personen noch immer nicht zur Rechenschaft gezogen worden, zudem würden die beteiligten Fangruppen auch beim Pokalspiel weitermachen, "als wäre nichts passiert, statt notwendige Konsequenzen zu ziehen.
Hannes war in der Nacht vom 1. auf den 2. Oktober 2016 aus einem fahrenden Zug gestürzt, nachdem er auf Anhänger des Halleschen FC getroffen war – wenige Tage später erlag der 25-Jährige seinen schweren Kopfverletzungen. Die genauen Umstände des tragischen Unglücks sind immer noch nicht vollständig geklärt, die Ermittlungen wurden allerdings bereits im März 2017 eingestellt.
Zwar kamen Staatsanwaltschaft und Polizei zu dem Ergebnis, dass Hannes die Tür des Zuges selbst geöffnet habe und ohne Fremdeinwirkung aus dem Zug gesprungen sei (offenbar aus Panik, da er rund 80 HFC-Ultras gegenüberstand). Offen bleibt allerdings, warum der Zug trotz zwischenzeitlich geöffneter Tür weiterfahren konnte und welche aktive Rolle die HFC-Fans gespielt haben. Die über 40 befragten Zeugen wollen keine weitere Person bei Hannes gesehen haben, als dieser aus dem Zug stürzte. Ein möglicher Täter konnte somit bis heute nicht ermittelt werden.
Minuskulisse droht
"Wir können den Boykott der aktiven Fanszene verstehen, uns wird aber der Spirit und Support fehlen", so das Statement von Trainer Härtel. "Kulissen wie zuletzt in Bolton oder in Bremen helfen uns natürlich, noch etwas mehr aus uns herauszuholen. Wir müssen es aber akzeptieren, auch wenn es für die Mannschaft nicht einfacher wird." So droht dem Duell der beiden Erzrivalen eine Minuskulisse – bis Montagabend waren gerade einmal 5.300 Tickets verkauft. Der bisherige Tiefstwert liegt bei 7.809 Zuschauern, aufgestellt beim letztjährigen Landespokal-Derby. Zum Vergleich: Im Mai 2016 lockte das Endspiel in Halle noch fast 14.000 Zuschauer an. Doch das Derby zwischen Halle und Magdeburg ist nach dem Tod von Hannes nicht mehr das, was es einmal war.