Münster gegen Bielefeld: Was das erste Derby des Jahres verspricht
Kracher und Kaltstart zugleich: Gibt es etwas Schöneres als ein Derby gleich zum Jahresbeginn? Preußen Münster und Arminia Bielefeld haben aus dem Hinspiel noch eine Rechnung offen, gleichwohl hat sich der DSC mit starken Transfers auf die Rückrunde eingestimmt. Oder gelingt dem SCP die Hinspiel-Revanche?
Preußen erholten sich von Hinspiel-Klatsche schnell
Sie können nicht mit- und sie können nicht ohneeinander. Mal vergehen wenige Jahre, mal Jahrzehnte, aber so ganz haben sich Preußen Münster und Arminia Bielefeld nie aus den Augen verloren. Die einen dürfen sich Bundesliga-Gründungsmitglied nennen – seither aber ist die Rückkehr in solche Gefilde ein stets weit entfernter Traum. Die anderen, die Arminen, waren ja vor 19 Monaten noch genau dort, sie stiegen eifrig aus der 2. Bundesliga empor und knallten umso härter auf den Boden der Tatsachen. Niemand, wirklich niemand, hätte in jenem Sommer 2020 gedacht, dass sich die Schwarz-Weiß-Grünen und die Schwarz-Weiß-Blauen schon drei Jahre danach wieder begegnen würden. Dass sie sich ein Halbjahr später als Tabellennachbarn anschauen würden. Temporär ist Augenhöhe geschaffen, auch wenn die Arminen lieber heute als morgen zurück in höherklassige Gefilde zurückkehren würden.
4:0. Von der Erinnerung an dieses Hinspiel saugt jeder Fan des DSC Arminia Optimismus. Eine Partie, über die auch wenige Tage vor Anpfiff des brisanten Jahresauftakts an der Hammer Straße (Sonntag, 13.30 Uhr) auf beiden Seiten munter gesprochen wird. Eine Demontage auf dem Papier, die in der Realbeobachtung eigentlich keine war. Vielleicht sogar ein Warnschuss, den die Bielefelder nicht bemerkten, eben weil sie so kaltschnäuzig, so eiskalt waren und aus einem lange ausgeglichenen Spiel einen Feiertag machten. In den Folgewochen zeichnete sich ab, dass die damals neuformierte Mannschaft unter dem ebenso neuen Coach Mitch Kniat noch viel mehr Zeit benötigen würde. Die Preußen fingen sich Tage danach, überholten die Arminia in der Tabelle und blieben ihnen immer wieder einen halben Schritt voraus. Aktuell trennt die beiden nur das Torverhältnis, was für den Aufsteiger eine fette Überraschung ist. Aber da ist dieser Makel, der Druck beschert. Das 4:0, das Revanche erfordert.
Unterschiedliche Voraussetzungen
Doch sind die Hausherren dafür bereit? Die Vorbereitung verhieß mit Blick auf die Testspiele nicht viel Gutes: kein Sieg, zehn Gegentore, die Generalprobe ein knackiges 1:6 gegen den SC Paderborn. Trainer Sascha Hildmann sprach von einem "Weckruf" und dürfte nun ins Grübeln gekommen sein. Muss Hildmann, der bei der Aufstellung selten auf die große Überraschung setzt und unter den Augen Kniats in Paderborn seine vermeintlich beste Startelf aufbot, nochmals umdisponieren? Auch die DSC-Vorbereitung war derweil keine ideale, auch sie hatte mit dem 0:3 gegen Viertligist Rödinghausen einen Tiefpunkt. Allerdings waren es hier die Ergänzungsspieler, die eher wenig für sich warben. Tags darauf glückte der Härtetest mit einem 2:2-Remis gegen Fortuna Düsseldorf den Ostwestfalen bedeutend besser.
Die unterschiedlichen Voraussetzungen der erbitterten Kontrahenten sind in vielen Statistiken ablesbar. Mitglieder, Zuschauerschnitt, Sponsorenlandschaft, Etat – manche Zahlen liegen offen, bei anderen darf und muss angenommen werden, dass die Arminia die größere Marke ist. Für sie muss der Weg alsbald wieder in die 2. Bundesliga führen, der DSC ist dafür infrastrukturell mehr als gerüstet. Anders sieht es in Münster aus, wo der ersehnte Stadionumbau in diesem Jahr starten und vielleicht bis Ende 2027 abgeschlossen sein soll. Bis dahin ist die 3. Liga strukturell das realistische Maximum, die Mittel sind begrenzt – und wurden durch ein schickes, aber vom DFB ziemlich teuer quittiertes Feuerwerk im DFB-Pokalspiel gegen den FC Bayern nochmals um einen sechsstelligen Betrag reduziert. Entsprechend blieben Wintertransfers (bislang) aus, während die Arminia die Zeit nutzte, um nicht nur ein Zeichen an den Sportclub, sondern die ganze Liga zu setzen.
Arminia unterstreicht Möglichkeiten mit Transfer-Coup
Denn die 11.744 Fans, darunter knapp 1.200 Gäste aus Bielefeld, können davon ausgehen, dass Kniat auf seinen "verlorenen Sohn" Mael Corboz setzen wird. Der 29-Jährige war schon zu Verler Zeiten Kniats Kapitän, ist ein enorm drittliga-erfahrener Allrounder mit Technik, starkem Abschluss, großem Einsatz und hoher Spielintelligenz. Ihn als Anführer des SC Verl im Winter loszueisen, könnte der Coup der Saison – und darüber hinaus – werden. Seinen Vorschusslorbeeren muss der US-Amerikaner natürlich erst gerecht werden, doch selten standen die Vorzeichen so gut, dass ein Transfer auch kurzfristig enorme Weiterentwicklung verspricht. Gemeinsam mit Monju Momuluh, einem ebenso mentalitätsstarken und quirligen Flügelstürmer aus Hannover, hat die Arminia ihre ohnehin hohe Offensivqualität nochmals erhöht und sich ein richtig gutes Gefühl für die Rückrunde erarbeitet. Da auch die Preußen ihre höchste Qualität in vorderer Reihe haben (Malik Batmaz, Joel Grodowski), ist ein Torspektakel nicht auszuschließen.
Schließlich will auch ein Veteran auf seiner Abschiedstour genau dazu beitragen: Für Fabian Klos, der in seiner langen Karriere noch nie in einem Derby gegen die Preußen getroffen hat, wird es die letzte Reise an die Hammer Straße werden – sein Karriereende im Sommer ist seit vergangener Woche offiziell beschlossen. Die Gelegenheit, den DSC-Anhang mit einem Derby-Tor zu beschenken, hat er dank der Landespokal-Auslosung – Münster muss im Halbfinale nach Bielefeld reisen – zwar im Verlauf des Frühlings noch ein weiteres Mal. Doch mehr Prestige wird am Sonntag in Münster verteilt, wenn die Klubs zum 46. Pflichtspiel aufeinandertreffen. Und die Arminia nach fast 29 Jahren Wartezeit mal wieder einen Dreier aus der Domstadt entführen will.