Münster und der Pokal-Coup: Ist nun auch der Aufstieg realistisch?
Ohne Frage haben Traditionsvereine, wie es der SC Preußen Münster nun einmal ist, mit Vor- und Nachteilen gleichermaßen zu kämpfen. Viele Fans und eine meist auch großzügige Unterstützung aus der Wirtschaft sind wahre Trümpfe, während die Erwartungshaltung der emotionalen Anhänger und Förderer häufig auch zuviel Druck für die kickenden Angestellten bedeuten kann. Bei Münster scheinen die Spieler mit dem Druck zurechtzukommen, denn der Saisonstart in der Liga und vor allem auch im DFB-Pokal war durchaus ansprechend.
Große Aufstiegskonkurrenz
Es wird die Frage sein, inwieweit diese Leistung auch in Zukunft beibehalten werden kann, da die Konkurrenz in der diesjährigen 3. Liga absolut beeindruckend erscheint. Ob die Zweitliga-Absteiger Karlsruher SC, Alemannia Aachen oder Hansa Rostock oder auch die etablierten Drittligisten wie Osnabrück, Offenbach, Heidenheim oder auch Chemnitz. Selbst Überraschungsteams wie der jetzige Tabellenführer SpVgg Unterhaching oder der 1. FC Saarbrücken und der SV Wehen Wiesbaden haben die Möglichkeit in die Zweitklassigkeit aufzusteigen. Der Kampf um die begehrten Zweitliga-Tickets wird hart sein.
Guter Saisonstart
Der Saisonstart der Preußen-Adler ist wahrlich gut gewesen, denn mit drei Siegen, einem Remis und nur einer Niederlage hat man in fünf Spielen immerhin 10 Punkte holen können, womit ein guter vierter Tabellenplatz herausgesprungen ist. Die direkten Aufstiegsplätze befinden sich in Schlagdistanz. Der Anfang ist gemacht. Sehr positiv ist anzumerken, dass die Preußen ihren gut strukturierten Fußball, der auf einer sicheren Defensive und einer kreativen, dynamischen Offensive aufgebaut ist, auch im DFB-Pokal demonstrieren konnten.
DFB-Pokal-Coup über Werder Bremen
Der ambitionierte Bundesligist SV Werder Bremen hatte gegen die spiel- und kampfstarken Münsterländer das Nachsehen, als mit 2:4 im Preußenstadion verloren wurde. Nach der Führung für die Norddeutschen konnte das Team von Trainer Pavel Dotchev in einer wahren Hitzeschlacht in der Verlängerung triumphieren, nachdem es nach regulärer Spielzeit 2:2 gestanden hatte. Besonders der dreifache Torschütze Matthew Taylor hatte einen großen Anteil an diesem überragenden Erfolg. Gegenüber dfb.de erklärte der 30-jährige US-Amerikaner die Bedeutung dieses Sieges: „Nach dem Spiel hatte ich eine Vielzahl von Glückwünsch-Nachrichten auf dem Handy. Da wurde mir klar: Es war ein einmaliges Erlebnis. Allerdings bin ich nicht der Typ, der von einem, wenn auch großen Sieg schon satt ist. Wir haben ja schließlich keinen Titel gewonnen, sondern konzentrieren uns jetzt wieder auf die Meisterschaft und freuen uns schon auf das nächste Pokalspiel.“ Der unerwartete Erfolg beschert den Westfalen rund 250.000 Euro an Einnahmen
Schon im November schuldenfrei
Durch diesen wahren „Geldregen“ für den am 30. April 1906 gegründeten Verein kann schon im November Schuldenfreiheit bestehen. Die insgesamt noch offenstehenden 340.000 Euro werden durch seriöses Wirtschaften bald getilgt sein, sodass dem SCP-Boss Marco de Angelis die Freude anzumerken ist, wenn er gegenüber westline.de sagt: „Wir sind sehr glücklich, dass wir den Verein vorfristig entschulden können.“ Gleichzeitig ist er hoffnungsfroh, was die Zukunft des Vereins angeht: „Bei uns bricht jetzt nicht der große Reichtum aus", sagt de Angelis. „Aber es ergeben sich natürlich ganz andere Möglichkeiten.“
Sinnvolle Ausgaben
Es ist fest davon auszugehen, dass in der zweiten DFB-Pokalrunde, wo Preußen wegen dem Drittligastatus automatisch Heimrecht haben wird, das Stadion abermals ausverkauft sein wird, was gleichbedeutend ist mit einer weiterer Einnahmequelle. Der fleißige Präsident denkt optimistisch: „Und es ist ja nicht ausgeschlossen, dass wir sogar ins Achtelfinale einziehen.“ Es wird in diesen Tagen darum gehen das Geld vernünftig aufzuteilen. Auch in die Zukunftsfähigkeit, sprich Infrastruktur, wird investiert. So gibt es eine personelle Aufstockung der Geschäftsstelle, und auch die Jugendarbeit wird am Erfolg partizipieren.
Unterstützung durch Wirtschaft und Bevölkerung
Geld, was ein Drittligist sehr gut benötigen kann, auch wenn es den Preußen durch die kluge und weitsichtige Finanzpolitik der Vereinsführung gelungen ist, zumindest schwarze Zahlen in der nicht gerade ertragreichen 3. Liga erwirtschaften zu können. Neben unzähligen mittelständischen Sponsoren, die sich mit dem Traditionsverein vollauf identifizieren, steht auch die Bevölkerung hinter den Preußen-Adlern, die eine wichtige Bedeutung für die gesamte Region haben. Bei interessanten Spielen tummeln sich auch über 10.000 grün-schwarze Zuschauer im traditionsreichen Stadion.
Nur an das nächste Spiel denken
Der vielumjubelte Stürmerstar, der vor der Spielzeit aus Paderborn gekommen ist, äußert sich auch über die Aufstiegsmöglichkeiten des Bundesliga-Gründungsmitglieds: „Wenn wir so weitermachen wir bisher, dann können wir auch auf Dauer oben mitmischen. Auf uns warten aber noch enorm schwere Aufgaben, die am Samstag gegen den Aufstiegsanwärter 1. FC Heidenheim beginnen. Da können und müssen wir erneut zeigen, was in uns steckt.“
„Schlagbarer Gegner wäre wichtig“
Auf die Frage, welcher möglicher Wunschgegner ihm denn lieb sein würde, hat er sich noch nicht ganz klar festgelegt: „Natürlich würde sich jeder über Bayern München oder Borussia Dortmund freuen. Einen speziellen Wunschgegner habe ich aber nicht. Ich hoffe auf einen Gegner, bei dem wir eine Chance besitzen, erneut zu gewinnen.“ Münster hat das Potential, sich zu einer wahren Pokalmannschaft zu entwickeln. Viele Voraussetzungen sprechen dafür, dass sich dieses begeisterungsfähige Team auch gegen höherklassige Teams behaupten kann.
Gute Mischung im Kader
Vielleicht kann dieser Schwung der Pokal-Euphorie auch für die Liga-Spiele mitgenommen werden, in denen der SCP zumeist als Favorit auftreten wird und meist gezwungen ist das Spiel zu bestimmen. Der Kader ist qualitativ und quantitativ gut besetzt. Es besteht eine ausgewogene Mischung zwischen erfahrenen Routiniers und talentierten Akteuren, die auf einen Einsatz in der Stammformation drängen und im Trainig das Niveau verbessern. Die Zusammenarbeit zwischen der sportlichen Führung um Trainer Pavel Dotchev und Sportdirektor Andreas Gockel und dem Präsidium um Preußen-Boss de Angelis ist absolut vorbildlich. Man schätzt und vertraut sich und lässt das untereinander auch spüren. Transfers werden gemeinsam diskutiert und die Machbarkeit analysiert.
Bewährungschance für die Preußen-Spieler
Münster ist es auch zuzutrauen, dass in der Liga bis zum letzten Spieltag um den Aufstieg mitgespielt werden kann. Ob Torwart Daniel Masuch, die Verteidiger Kevin Schöneberg oder Dominik Schmidt, die Mittelfeldspieler Stefan Kühne, Amaury Bischoff, Dennis Grote und Benjamin Siegert oder die Angreifer wie Matthew Taylor oder Babacar N`Diaye, alle diese Spieler haben schon höherklassig gespielt und sehen Münster als ihre vielleicht letzte Chance, in der 2. Bundesliga auf sich aufmerksam zu machen. Die Motivation ist enorm in einem Team aus Kämpfern und Technikern, die gut strukturiert auftreten. Trotzdem beweisen sie Bodenständigkeit und die Fokussierung auf das Wesentliche, wie Neuzugang Schmidt unmittelbar nach dem Pokal-Coup demonstrierte: „Ich freue mich mit den Fans und der Mannschaft, aber jeder wird verstehen, dass mein Herz auch ein wenig Grün-Weiß schlägt. Das heute war für uns wie ein leckeres, zusätzliches Bonbon, aber von nun an gilt unsere Konzentration wieder dem Liga-Alltag und dem nächsten Heimspiel in einer Woche gegen Heidenheim." Vielleicht kann diese Mischung aus Begeisterungsfähigkeit und Bescheidenheit einer der Schlüssel sein, damit Preußen Münster erstmals seit dem Jahr 1991 wieder in der 2. Bundesliga mitgewirkt werden darf.