Neidhart: "Wer stehenbleibt und lamentiert, ist nichts für uns"

Christian Neidhart geht als Trainer des SV Meppen bereits in seine sechste Spielzeit. Ihn erwartet die zweite Drittliga-Saison des letztjährigen Aufsteigers. "Es wird ein Hauen und Stechen geben", sagt er im Interview mit liga3-online.de. Außerdem äußert er sich zu den bisherigen Transfers, zur mutigen Spielweise und zu Großsponsoren in der 3. Liga.

[box type="info" size="large"]"Die ganze Region hat wieder Bock"[/box]

liga3-online.de: Hallo Herr Neidhart. Sagen Sie mal, wie fühlt sich die mittlerweile sechste Vorbereitung beim SVM eigentlich an? Vergleichen Sie mal mit der ersten im Jahr 2013.

Christian Neidhart: So wirklich verändert hat sich alles erst mit dem Aufstieg im vergangenen Jahr, um ehrlich zu sein. Plötzlich waren wir im Profibereich. Wenn man sieht, was rund um diesen Verein alles passiert ist, auch infrastrukturell, möchte man nicht zurück in die Regionalliga, sondern diese 3. Liga halten.

Vor zwei Jahren zielte der Verein aufgrund der finanziellen Lage in der Regionalliga auf eine Art der Deprofessionalisierung ab. Jetzt haben Sie eine Rasenheizung, neue Tribünen, viel mehr Fans…

Grundsätzlich waren die Bedingungen auch in der Regionalliga immer gut für den SV Meppen. Die Trainingsplätze waren gut, das Stadion für die Spielklasse sehr stark. Nun wurden 4,5 Millionen Euro von der Stadt investiert, auch um die vielen Auflagen zu erfüllen. Das macht sich sehr positiv bemerkbar. In der Stadt und in der ganzen Region haben die Leute wieder Bock auf den SVM, was sich auch im Kartenverkauf zeigt. Das ist für so eine kleine Gemeinde von 35.000 Einwohnern überragend.

Warum war Ihre Mannschaft in der Vorsaison der beste Aufsteiger?

Weil wir unseren Teamgeist immer beibehalten haben und nur Spieler geholt haben, die zu uns passen – ob charakterlich oder finanziell. Wir haben uns in dem Pott bedient, in dem wir uns bedienen können. Und ja, wir hatten auch ein ganz gutes Händchen.

Ihre Aufstiegshelden Mirco Born und Benjamin Girth haben in der 3. Liga nicht zusammengefunden. Vergangenes Jahr war Born in Sandhausen, Girth machte die Tore – und es funktionierte. Kann es nun umgekehrt auch klappen?

Nun, die beiden sind verschiedene Spielertypen. Mirco Born beackert mehr die Außenbahn und legt die Treffer auf. Benni Girth wurde "Lebensversicherung des SVM" genannt, hat in zwei Saisons mehr als 40 Tore gemacht. Damit müssen wir leben, denn wir werden Ausbildungsverein bleiben. Bei uns kann der Etat nur langsam wachsen.

Das sieht bei der Konkurrenz teilweise ganz anders aus.

Wir haben keinen Monarchen, keinen Scheich und keinen Russen, der ohne Ende Geld in den Kader pumpt. Das soll gegenüber den Leuten nicht despektierlich klingen, denn wenn ein Verein diese Möglichkeiten hat, wäre er nicht klug, sie nicht zu nutzen. Wir als SV Meppen müssen mit ganz anderen Gegebenheiten klarkommen. Hier ist kein Geldgeber, der mal eben Millionenbeträge freigibt, um neue Spieler zu verpflichten. Der Weg über Investoren ist im Fußball legitim. Uns macht es stolz, dass wir mit unseren Mitteln in dieser Liga mitspielen können. Manch ein Club geht mit dem drei- oder gar vierfachen Etat an den Start.

Im Übrigen wird die 3. Liga durch diese Clubs, ob Uerdingen, 1860 München oder auch Braunschweig und Kaiserslautern deutlich interessanter. Ich finde schon, dass man die Spielklasse als eine "verkappte" zweite Liga betrachten kann, denn das Fanpotenzial ist enorm. Es wird ein Hauen und Stechen geben. Sechs bis sieben Teams wollen aufsteigen. Und auch der Abstiegskampf wird nicht so frühzeitig entschieden sein wie im vergangenen Jahr.

 

[box type="info" size="large"]"Wir haben uns Respekt verschafft"[/box]

Ist es sinnvoll, Ihre Mannschaft an der guten Vorjahresplatzierung und den 58 erzielten Punkten zu messen?

Es schadet gewiss nicht, denn es zeigt, was wir erreicht haben. Uns ist allen bewusst, dass wir wieder bei Null starten und die Leistung bestätigen müssen. Wir waren im vergangenen Jahr für viele der erste Absteiger und werden es jetzt wieder sein. Abheben wird bei uns keiner. Aber wir haben uns Respekt verschafft durch die Art und Weise, wie wir gespielt haben. Und wir sind eingespielt. Das ist ein Vorteil gegenüber jenen, die nun 15 neue Leute integrieren müssen.

Als Ersatz für Benjamin Girth haben Sie Deniz Undav von Eintracht Braunschweig II und Max Wegner aus Lotte verpflichtet. 41 Tore in 85 Regionalliga-Spielen – die Statistik bei Undav liest sich gut.

Deniz hatten wir schon lange auf dem Zettel, schon in seiner Zeit bei seinem vorherigen Verein TSV Havelse. Damals hatte er noch nicht das konditionelle Niveau, um in der 3. Liga mithalten zu können. Nun hat er nach einer langen Verletzung seine gute Trefferquote bestätigt. Wir hatten mit ihm gesprochen, er hatte lange gezögert. Doch Eintracht Braunschweig wollte ihn nicht in die erste Mannschaft hochziehen, was uns etwas verwundert hat. Dann haben wir zugeschlagen. Er weiß, wo das Tor steht. Eine Kopie zu Benjamin Girth ist er nicht, aber er kann den gleichen Weg gehen. Dazu kommt mit Max Wegner eine erfahrene Alternative, die ich schon lange kenne.

Was muss eine mögliche Neuverpflichtung beim SV Meppen mitbringen?

Er muss ein echter Mentalitätsspieler sein. Wir wollen, dass unser Fußball die Leute im Stadion mitreißt, das ist unsere Philosophie. Wir kommen über Zweikämpfe und Laufbereitschaft. Wenn ein Spieler den Ball verliert, stehenbleibt und lamentiert, dann ist er nichts für uns.

Mutig und attraktiv, das wagt in der 3. Liga längst nicht jeder.

Das war in der vergangenen Saison erstaunlich. Wir waren es aus der Regionalliga gewohnt, dass Gegner gegen uns tief stehen – wir waren ja fast immer Favorit. Aber dass in der 3. Liga so vorsichtig und abwartend gegen uns gespielt wird, hat mich manchmal etwas überrascht. Wir sind unserer risikoreichen Linie treu geblieben, und es hat bis auf wenige Ausnahmen sehr gut funktioniert.

 

[box type="info" size="large"]"Ich bin Eintracht-Fan von klein auf"[/box]

Ihre neue Qualität auf den Außenpositionen ist beachtlich.

Marco Komenda aus Mönchengladbach war begehrt, denn er ist schnell und kopfballstark. Hassan Amin aus Mannheim haben wir schon früh im Jahr klargemacht, zu einem späteren Zeitpunkt hätten wir ihn wohl nicht bekommen. Dazu haben wir Fabian Senninger noch ein Jahr ausgeliehen, ebenso Mirco Born. Insgesamt haben wir dort eine sehr gute Qualität, viel Tempo und sind flexibel. Das kann in engen Spielen den Unterschied machen.

Welche Rolle kann Aufstiegsheld Mirco Born nach seiner langen Verletzung einnehmen?

Er war lange verletzt, hat in Sandhausen kaum gespielt. Auch die 3. Liga ist für ihn Neuland, sodass er sich alles neu erarbeiten muss. Von uns bekommt er das Vertrauen des gesamten Clubs. Vielleicht ist das der Schlüssel dafür, dass er zurück zu alter Stärke findet. Dann wird er uns sehr weiterhelfen.

Der Saisonstart hat es in sich. Ein Auswärtsspiel bei den Sportfreunden Lotte, dann das Derby gegen den VfL Osnabrück. Knackiger Start, oder?

Besser kann es doch gar nicht laufen. Jedes Spiel wird ein sehr schweres, umso mehr freuen wir uns auf die gewaltige Unterstützung der Fans. Ich glaube, diese Ansetzungen werden den Dauerkartenverkauf nochmals ankurbeln.

Hätten Sie sich für diese 3. Liga eine Dauerkarte gekauft?

Habe ich sogar, für Familie und Bekannte. Zwar bekommen wir vom Club ein Kontingent, aber das reicht nicht immer. Besonders, wenn Eintracht Braunschweig kommt. Dort bin ich geboren, dort habe ich mein erstes Spiel in der 2. Bundesliga gemacht. Leider sind wir in der Saison abgestiegen. Zugegeben: Ich bin Eintracht-Fan von klein auf. So wie meine ganze Familie, die noch heute in Braunschweig wohnt. Die Sympathien sind noch heute da – auch wenn mir zuletzt die Zeit fehlte, die Spiele der Eintracht im Stadion zu verfolgen. Umso mehr freue ich mich auf das Wiedersehen im September.

 

   

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