NfdV: ,,VfL muss lernen, jeden Fan ernst zu nehmen"
Vor der diesjährigen Jahreshauptversammlung des VfL Osnabrück gründete sich die Gruppe ,,NfdV" (Nur für diesen Verein), deren Interessen eine Demokratisierung und Transparenz des Vereins ist. Auf der Homepage der Gruppe heißt es: ,,Wir wollen Fans als Vereinsmitglieder gewinnen, wollen neue Ideen für einen transparenten Verein entwickeln und zeigen, dass der VfL unser Verein ist." Im Interview mit liga3-online.de spricht die Gruppe über ihre Gründung, die Jahreshauptversammlung und die ihr zukünftiges Vorhaben.
Einige Wochen vor der Jahreshauptversammlung des VfL Osnabrück habt ihr euch zusammengefunden. Was hat euch dazu veranlasst eine eigenständige Gruppe zu gründen?
Viele Gründe kamen hier zusammen. Als Ausgangspunkt kann man das Vorhaben der Vereinsführung betrachten, maßgebliche Veränderungen, in Form des geplanten VIP-Towers, zum Lückenschluss an der Bremer Brücke vornehmen zu wollen, ohne die Fans einzubeziehen. Dies konnte seinerzeit abgewendet werden. Aktueller Anlass vor der diesjährigen Jahreshauptversammlung war die Nachricht, dass Vorstand und Wirtschaftsrat über eine Ausgliederung der Lizenzspielerabteilung nachdenken und ein Arbeitsauftrag, der diese vorbereitet, erteilt werden sollte. Als Befürworter demokratischer Vereinsstrukturen im Fus3ball haben wir uns daraufhin zusammengefunden und die Initiative NfdV [Nur für diesen Verein] ins Leben gerufen, die sich u.a. für den Erhalt des eingetragenen Vereins für Leibesübungen einsetzt.
Sowohl die sportliche als auch die finanzielle Situation des VfL ist zurzeit weniger erfreulich. Welche Ziele verfolgt ihr?
Unser Hauptaugenmerk gilt der strategischen und strukturellen Ausrichtung des Vereins — dem Rahmengerüst, innerhalb dessen der Sport stattfinden soll. Die wirtschaftliche Situation ist Bestandteil dieser Ausrichtung und wir haben diese ob der vorher prognostizierten Zahlen überrascht zur Kenntnis genommen. Wir erwarten an dieser Stelle eine deutliche Steigerung der Transparenz, damit das Zustandekommen des negativen Jahresergebnisses aufgeschlüsselt und erläutert werden kann – dies ist auf der Jahreshauptversammlung nicht in ausreichendem Masse geschehen. Neben der Transparenz gegenüber Mitgliedern und Fans haben wir uns die Demokratisierung des Vereins und seiner Satzung als Ziel gesetzt. Dies ist zur Stärkung der Mitgliederrechte notwendig. Auf unserer Homepage www.nfdv.de kann sich jeder über weitere Ziele, informieren, besonders wichtig ist uns die mittelfristige Gründung einer Fanabteilung im Verein VfL Osnabrück.
Am 14. November fand dann die etwa 5-stündige Jahresversammlung statt. Wie habt ihr sie erlebt?
Vorab: wir hätten uns natürlich alle ein positiveres wirtschaftliches Ergebnis gewünscht. Da dieses nicht ausreichend erklärt werden konnte, hat eine beachtliche Anzahl von Mitgliedern gegen eine Entlastung des Vorstands gestimmt, auch wenn am Ende keine Mehrheit gegen eine Entlastung zustande kam. An dieser Stelle kam es zu ersten Tumulten im Saal, da unserer Einschätzung nach Fehler bei der Stimmzählung gemacht wurden. Abgesehen davon hatten wir vier Anträge vorbereitet und fristgerecht eingereicht sowie einen Kandidaten für den Wirtschaftsrat vorgeschlagen. Auf zwei dieser Anträge, die inhaltlich zum einen die Lila Weiss Marketing GmbH, welche sich zu 51 % in Vereinsbesitz befindet, und zum anderen den Stand der Steuerermittlungen betrafen, ist der Verein eigeninitiativ eingegangen, so dass diese Anträge zurückgezogen wurden. Wichtig war uns, dass wir, nachdem der Antrag des Wirtschaftsrates zur Erteilung einesArbeitsauftrages, der die Ausgliederung vorbereiten soll, mit nur knapper Mehrheit angenommen wurde, den Antrag auf Beteiligung an diesem Arbeitsauftrag in Form von Informationsveranstaltungen und Diskussionen, nahezu einstimmig und trotz Gegenrede des Wirtschaftsratsvorsitzenden durchsetzen konnten. Auch der Antrag auf eine sozialverträglichere quartalsweise Zahlung des viel zu hoch angesetzten Mitgliedsbeitrags von 92 Euro wurde angenommen. Eines unserer Mitglieder wird zudem dem Wirtschaftsrat kooptiv beisitzen. Wir werten die Jahreshauptversammlung als vollen Erfolg für die gesamte Fanbasis des VfL Osnabrück – hierfür spricht das durchgehend positive Feedback aus Fanreihen.
Wie viele Mitglieder umfasst eure Gruppe ,,NfdV" momentan und wie sieht eure Arbeit in den nächsten Wochen aus?
Wir sind sieben Mitglieder, die sich zur Jahreshauptversammlung 2011 zusammengefunden haben. Der Kreis der Unterstützer unter den Mitgliedern ist jedoch deutlich grösser, wie das Abstimmungsverhalten auf der JHV angedeutet hat. Wir werden in den kommenden Wochen eine offene Informationsveranstaltung, die am 15.01.2012 stattfinden wird, vorbereiten, um dort breit informieren und Angebote für alle, die sich konstruktiv, kreativ und mit Herz an unserem Vorhaben beteiligen wollen, zu machen. Hier freuen wir uns über jeden VfLer, der sich mit uns für den Verein engagieren mochte.
Wie beurteilt ihr das Handeln vom Vorstand des VfL in den letzten Jahren?
Eine allumfassende Schelte darf an dieser Stelle niemand von uns erwarten – eine solche wird es in der Form von uns nicht geben und wäre auch unangebracht. Allerdings gibt es konkrete Kritikpunkte, die nicht von der Hand zu weisen sind und nicht zuletzt bei einem Blick in die Bilanz oder auf die Tabelle deutlich werden. Hinzu kommen gravierende Missstände in den Bereichen Mitgliederwerbung, Kommunikation, Öffentlichkeitsarbeit und Transparenz gegenüber Mitgliedern und Fans – hier hat es in der Vergangenheit viele Lippenbekenntnisse gegeben, nachhaltige Taten resultierten daraus kaum. Der VfL war in der jüngeren Vergangenheit ein Verein, der gegenüber Fans meist passiv reagiert und nicht aktiv agiert hat. Das bedarf dringender Verbesserung.
Wie kommt eure Gruppe bisher bei den Fans und den Sympathisanten des VfL an? Welche Rückmeldungen bekommt ihr?
Wir haben nach der Jahreshauptversammlung sehr viel positives Feedback bekommen, was wir zum einen natürlich klasse finden aber gleichzeitig auch als Verpflichtung anerkennen, weiter zu arbeiten und mit allen Interessierten zusammen etwas zu bewegen. Wir sind große Befürworter persönlicher Gespräche, gerade auch mit Menschen, die uns bisher eher kritisch betrachten – noch sind diese allerdings nicht auf uns zugekommen – wir laden jedoch jeden ein, dies zu tun. Wir bieten hier Offenheit, Sachlichkeit und eine konstruktive Haltung fernab jedweder Anonymität an, fordern diese jedoch auch ein. Hierfür kann man uns gerne im und am Stadion ansprechen oder einen ersten Kontakt über unsere Homepage herstellen.
Euer Vorbild ist beispielsweise der ,,Supporters Club HSV", könntet ihr euch auch eine Beteiligung in den Vereinsgremien vorstellen?
Ja. Zunächst können wir uns jedoch konstruktive Gespräche und Diskussionen vorstellen, auf deren Ergebnisse wir gespannt sind.
Einige Menschen sagen es gehe mit dem VfL nun Berg ab, außerdem sinken die Zuschauerzahlen. Was kann man eurer Meinung nach tun, um dennoch mehr Mitglieder zu gewinnen und die Fans positiv zu stimmen?
Der VfL muss lernen, jeden Fan ernst zu nehmen und als Bereicherung zu empfinden, egal in welchem Bereich des Stadions dieser steht oder sitzt. Ein schritt in die richtige Richtung wären niedrigere Mitgliedsbeiträge, verbunden mit einer Werbekampagne für eine Mitgliedschaft im VfL Osnabrück von 1899 e.V. Weiterhin empfehlen wir stets den aufrichtigen und regelmäßigen Dialog mit uns Fans.
FOTO: Flohre Fotografie