"Nicht alles überstürzen": Berlin zwischen Euphorie und Realismus
Aufsteiger Viktoria Berlin schwimmt weiter auf der Erfolgswelle und grüßt nach dem 4:0 in Braunschweig als einziger Klub mit sechs Punkten aus zwei Spielen von der Tabellenspitze. Berlins Trainer Benedetto Muzzicato bemühte sich nach Abpfiff zwar, die Bodenhaftung zu wahren. Seinen Stolz wollte er dabei jedoch nicht verbergen.
Muzzicato setzt auf Bodenständigkeit
Eines war Benedetto Muzzicato nach dem zweiten Sieg im zweiten Drittliga-Spiel sicher nicht vorzuwerfen: Überheblichkeit. Der Berliner Cheftrainer gab im Pressegespräch nach der Partie in Braunschweig zu Protokoll: "Ich kann mich nur wiederholen: Man merkt das auch im Training, dass der eine oder andere wirklich noch Zeit braucht und die Kraft noch nicht ausreicht für 90 Minuten – gerade auch in dieser Liga." Zur Erinnerung: Muzzicatos Mannschaft hatte sich soeben mit einem deutlichen 4:0 bei Zweitliga-Absteiger Braunschweig an die Tabellenspitze der 3. Liga vorgeschoben. Und das als Aufsteiger. Zwar hatte Muzzicato dann doch ein "großes Kompliment" für seine Mannschaft übrig, doch schien dem 42-Jährigen der frühe Höhenflug noch nicht ganz geheuer zu sein.
Erwartet werden, so viel ist sicher, durfte der Kantersieg in Braunschweig tatsächlich nicht. Allerdings spielte die Viktoria an der Hamburger Straße auf, als sei sie und nicht die Eintracht kürzlich aus der 2. Bundesliga abgestiegen und setze nun alles an einen schnellen Wiederaufstieg. Mit "Wille, Einsatz, Engagement, Intensität" zogen die Berliner dem niedersächsischen Traditionsklub früh den Zahn, Cigercis Kopfballtor nach fünf Minuten war dabei nur der Anfang. Denn nach Küc-Vorarbeit legte der Mittelfeldmann noch im ersten Durchgang einen zweiten Treffer nach (31.). Wer mit dem Wiederanpfiff ein Einknicken des unerfahrenen Aufsteigers erwartete, täuschte sich gewaltig. Die Gäste wollten mehr – und sie erarbeiteten sich mehr. Erst stellte Lucas Falcao auf 3:0 (64.), dann setzte Pinckert den Deckel auf die Partie (68.).
"Haben gegen 7.600 Fans gespielt"
Ausgelassen feierten die Viktoria-Profis nach Abpfiff auf dem Rasen des Eintracht-Stadions. Muzzicato resümierte unterdessen. "Wir haben hier nicht nur gegen elf Braunschweiger gespielt, wir haben gegen 7.600 Fans gespielt. Dazu gehört auch Courage – und die hat meine Mannschaft heute gezeigt", ließ der Übungsleiter am "Telekom"-Mikrofon den Stolz sprechen. Schnell erinnerte sich Muzzicato jedoch, dass neben dem Lob auch die Erdung der Mannschaft zum Aufgabenbereich eines Profitrainers gehört. "Man sollte eben auch nicht alles überstürzen. Es ist erst der zweite Spieltag." Eine Marschroute, die offenbar bei der Mannschaft angekommen ist. Nicht einmal Doppeltorschütze Tolcay Cigerci war eine Kampfansage zu entlocken. Die bisherigen Leistungen seien zwar "unglaublich", doch müsse man "erstmal auf dem Boden der Tatsachen bleiben."