"Ob mit oder ohne Alkohol": Oral kommt nicht zur Ruhe

Was der FC Ingolstadt zunächst in der Liga und dann in der Relegation erlebte, grenzt an mentale Folter. Klar ist: Vor den Schanzern liegt ein weiteres Jahr Drittliga-Fußball. Ein Umstand, der für Trainer Tomas Oral zum jetzigen Zeitpunkt noch schwer zu akzeptieren ist. 

Orals "schlaflose Nächte"

Es lief die sechste Minute der Nachspielzeit, ein letzter Verzweiflungsschlag der Nürnberger landete im Sechzehner. Aus dem Nichts tauchte Angreifer Schleusener auf und grätschte in den Ball. Die Kugel rollte wie in Zeitlupe über die Linie. Es ist genau diese Szene, die Ingolstadts Cheftrainer Tomas Oral auch neun Tage nach dem Relegations-Rückspiel gegen den 1. FC Nürnberg keinen Frieden lässt. "Momentan habe ich, ob mit oder ohne Alkohol, schlaflose Nächte", gibt Oral im "Bild"-Interview zu. "Weil ich die Bilder einfach nicht aus dem Kopf bekomme." 

Härter als den FCI-Coach und seine Mannschaft kann es einen im Fußball nicht treffen. Innerhalb von einer Woche wurde den Schanzern der sicher geglaubte Aufstieg gleich zweimal in der Nachspielzeit entrissen – erst durch Würzburgs Schuppan, dann durch besagten Nürnberger Angreifer Schleusener. "Im Fußball passieren manchmal Dinge, die unerklärlich sind, das weiß man. Aber die Art und Weise, wie das jetzt innerhalb von sieben Tagen mit Ingolstadt passiert ist, macht sprachlos. Das ist brutal", erklärt Oral und stellt einen drastischen Vergleich an: "Ich habe vor knapp zweieinhalb Jahren meine Mama an Leukämie verloren, das war ein brutaler Schmerz. Der Schmerz diesmal war jetzt nicht genauso, aber er ging in die Richtung. Da hat nicht viel gefehlt." 

"Im Moment hasse ich den Sport"

Bitter stößt dem 47-Jährigen noch immer die lange Nachspielzeit auf. "Die war in meinen Augen durch nichts zu rechtfertigen, deshalb habe ich mich so geärgert. Das hat schon einen faden Beigeschmack." Hatte gar die unterschiedliche Geschichte der Klubs etwas damit zu tun? "Na ja, wenn du unsere Tradition siehst und die vom 1. FC Nürnberg, dann hat das schon eine andere Wucht. Vielleicht spielt das bis zu einem gewissen Prozentsatz eine Rolle." Doch auch Tomas Oral weiß, dass er Schmerz und Wut schon bald überwinden muss.

Die neue Saison klopft an die Tür, das Nachtrauern der verpassten Chancen wird kaum dabei helfen, erneut oben anzugreifen. "Im Moment hasse ich den Sport, da kann ich nicht daran denken. Aber wie ich mich kenne, sobald wir die ersten Spieler verpflichtet haben, zusammen sitzen und planen, wir die Freude zurück kommen." Irgendwann, so die Hoffnung Orals, werden die Schanzer sogar von den Erfahrungen profitieren: "Es gibt genügend Fälle, wo Mannschaften aus so einer Situation Kraft geschöpft und dann noch mal mehr Volldampf gegeben haben. Das beste Beispiel war Bayern nach dem verlorenen Champions-League-Finale gegen ManU 1999." Bis zum Ingolstädter Champions-League-Triumph wird es wohl noch etwas dauern, der Aufstieg in Liga zwei soll es im nächsten Jahr dann aber schon sein. 

   

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