Regionalliga-Shutdown: Vier von fünf Staffeln pausieren

Zwar sind Zuschauer untersagt, doch wenigstens darf die 3. Liga als klar definierte Profiklasse auch während des Corona-Shutdowns im November spielen. In den Regionalligen sieht das anders aus, was das ganze Auf- und Abstiegssystem noch unter Zeitdruck setzen könnte – schließlich müssen die Drittliga-Aufsteiger im Frühsommer ermittelt sein. Wie ist die Situation in den fünf Staffeln? Wir geben einen Überblick.

Nord: Zweier-Staffel ohne Termindruck

Der Norddeutsche Fußball-Verband machte nach den vor einer Woche verkündeten Maßnahmen der Bundesregierung kurzen Prozess, ab sofort pausiert die Regionalliga Nord bis mindestens Ende des Monats. Schon am vergangenen Wochenende, an dem noch gespielt werden durfte, waren zahlreiche Partien abgesetzt worden.

Für den Fall eines Saisonabbruchs scheint die Nord-Staffel am besten gerüstet, hat sie doch ihre 22 Mannschaften in zwei elf Klubs starke Divisionen unterteilt, aus denen sich die jeweils fünf besten für eine Aufstiegsrunde qualifizieren. Die Hin- und Rückrunde bestehen damit in der Kernsaison nur noch aus je zehn Spielen – im Notfall kann allein die Hinrunde, die gegenwärtig zum Großteil absolviert ist, als entscheidendes Kriterium angewandt werden. Zuletzt war der 11. Spieltag angesetzt – die meisten Klubs haben neun Partien absolviert.

Derzeit liegt in der Nord-Gruppe Weiche Flensburg mit acht Punkten Vorsprung an der Spitze. Auch Norderstedt, Drochtersen/Assel, St. Pauli II, HSV II sowie die Aufsteiger Ottensen und Phönix Lübeck sind gut im Rennen. In der Süd-Gruppe mischen der TSV Havelse, Werder Bremen II, Rehden und der VfB Oldenburg vorne mit. Einen überraschenden Fehlstart hat der VfL Wolfsburg II, Topfavorit der vergangenen Jahre, hingelegt. Fraglich ist bei vielen der aufgezählten Klubs, ob sie sich – gerade inmitten der Pandemielage – im Erfolgsfall überhaupt für eine Drittliga-Zulassung bewerben wollen oder die infrastrukturellen Hürden zu hoch sind. Zudem muss der Sieger der Aufstiegsrunde noch in eine Relegation gegen den Besten der Regionalliga Bayern. Kleiner kann das Nadelöhr Richtung 3. Liga kaum sein.

Nordost: Spielpause trotz Härtefällen

Auch der Nordostdeutsche Fußball-Verband kündigte Ende der vergangenen Woche an, den Spielbetrieb vorläufig einzustellen. Hier gibt es bereits mehr Härtefälle als in der Nord-Staffel, arbeiten doch einige Vereine unter Profi-Bedingungen – so etwa die ehemaligen Drittligisten Energie Cottbus, Carl Zeiss Jena und der Chemnitzer FC.

Bislang lief der Spielbetrieb überwiegend flüssig, auch am Wochenende wurde in den meisten Stadien noch gespielt. 13 Spieltage sind nun absolviert, insgesamt nehmen 20 Teams an der diesjährigen Meisterschaftsrunde teil – bis zu zumindest einer absolvierten Hinrunde, die gewertet werden könnte, müssten also noch sechs Spieltage sowie einige Nachholpartien absolviert werden. Allerdings hätte die Nordost-Staffel im November ohnehin nur an drei Wochenenden gekickt. Diese Partien etwa in der Rückrunde mittels Englischer Wochen nachzuholen, erscheint verkraftbar – viel länger darf der Spielstopp unterhalb der drei Profiligen aber nicht andauern, sonst wird die Zeit knapp.

Tabellarisch ist die Lage zurzeit eindeutig: Viktoria Berlin marschiert eindrucksvoll und für viele überraschend mit elf Siegen aus elf Spielen vorneweg. Erst mehrere Corona-Infektionen innerhalb der Mannschaft stoppten den Hauptstadtklub, der daher schon am vergangenen Wochenende pausierte. Mit großem Abstand folgen Altglienicke (acht Punkte Rückstand), Chemie Leipzig (9) und Absteiger Jena (11). Die weiteren Topfavoriten Chemnitz und Cottbus rangieren nach einem enttäuschenden Start im Mittelfeld. Gut zu wissen: In der Nordost-Staffel steigt der Meister in diesem Jahr direkt auf.

West: Spielbetrieb läuft weiter

Etwas mehr Zeit ließ sich die Regionalliga West, die am Montagnachmittag durch den Westdeutschen Fußballverband (WDFV) zum Entschluss kam: Es wird auch im November weitergespielt. Als Begründung wurde angeführt, dass auch in dieser Spielklasse Menschen ihren Lebensunterhalt überwiegend durch Fußball bestreiten. Kurzum: Der Liga wird mindestens teilweise ein Profistatus eingeräumt. Allerdings sind Zuschauer bis auf weiteres nicht erlaubt. Dadurch fehlt den Klubs ein Großteil ihrer Saisoneinnahmen. Einige Vereine versuchen, den Schaden mit kostenpflichtigen Livestream-Angeboten zu minimieren. Corona-Tests vor den Spielen sind nicht geplant.

Am vergangenen Wochenende absolvierte die NRW-interne, 21 Mannschaften umfassende Liga ihren 12. Spieltag. Das Gesamtbild der Tabelle ist durch viele Corona-Zwangspausen aber ordentlich zerfleddert, bis zu fünf Spiele Unterschied liegen zwischen den einzelnen Vereinen. Unter anderem hatte Alemannia Aachen schon früh in der Saison mehrere Wochen aufgrund von Infektionsfällen im Kader pausieren müssen. Viele Klubs argumentierten, unter Profi-Bedingungen zu arbeiten, was auf Vertreter wie Rot-Weiss Essen, Preußen Münster, Aachen, Rot-Weiß Oberhausen und Fortuna Köln sicherlich zutrifft. Nun wird die Saison vorerst fortgesetzt.

Die Liga ist sportlich brisant, schließlich duelliert sich derzeit ein ambitioniertes Quintett an der Tabellenspitze: Die Liga-Favoriten Borussia Dortmund II und Essen sowie Absteiger Münster und Geheimanwärter Fortuna Köln, auch ein alter Bekannter aus der 3. Liga, sind gemeinsam mit Fortuna Düsseldorf II allesamt prima bis gut gestartet und führen die Rangliste an. Noch ist völlig offen, wer das Rennen um den direkten Aufstiegsplatz macht.

Südwest: Klagt der OFC gegen die Pause?

Als letzte Staffel hat am Mittwochvormittag auch der Südwesten eine Spielpause beschlossen. Ab dem 1. Dezember soll der Ball wieder rollen – aber nur, wenn bereits zwei Wochen zuvor ein Trainingsbetrieb möglich ist. In den letzten Tagen war zwischen den fünf betroffenen Bundesländern ein Streit darüber entstanden, inwiefern die Regionalliga als Profiliga einzustufen ist. Während die Klubs in Hessen, Baden-Württemberg und im Saarland als Profis gelten, stufte Rheinland-Pfalz die Staffel als Amateurklasse ein – und stellte sich entsprechend gegen eine Fortsetzung. Auch Bayern Alzenau, das spieltechnisch zum hessischen Verband zählt, aber in Bayern spielt, war für eine Unterbrechung. "Das ist unglaublich", kommentiert Offenbach-Präsident Joachim Wagner die Entscheidung gegenüber dem HR. "Das ist ein absolutes Armutszeugnis und ziemlich das Negativste, was entschieden werden konnte." Nicht ausgeschlossen, dass der Klub gegen die Unterbrechung klagen wird: "Wir können und wollen juristisch kämpfen, das haben wir in der Vergangenheit gezeigt", hatte Wagner bereits im Vorfeld angekündigt.

Mit 22 Teams und 42 Spieltagen steht dem Fußball-Südwesten ein Mammutprogramm bevor. Stand Ende Oktober ist gerade einmal ein Viertel der Partien absolviert – da bleibt nur zu hoffen, dass der Winter kein ungemütlicher wird, sonst müssen die Platzwarte von Alzenau bis Stadtallendorf Übermenschliches leisten. Und ja, Corona ist ja auch noch.

Der SC Freiburg II, Steinbach-Haiger, Elversberg, Homburg und Offenbach mischen in dieser Reihenfolge momentan oben mit – bis auf die starken Freiburger allesamt keine Unbekannten im Kampf um die 3. Liga. Wie in jedem Jahr darf die Regionalliga Südwest einen festen Aufsteiger bestimmen, zuletzt war das der 1. FC Saarbrücken. Viele Ex-Drittligisten wie der VfR Aalen, Stuttgart II, Mainz II und Sonnenhof Großaspach tun sich übrigens reichlich schwer und stecken gerade im hinteren Mittelfeld, teils sogar im Abstiegskampf.

Bayern: Vorzeitige Winterpause

Am Montagabend entschied sich der Bayrische Fußballverband (BFV) dafür, die vorzeitige Winterpause für alle Amateurklassen anzuordnen. Heißt: In diesem Jahr wird es auch keine Regionalliga-Spiele mehr geben. Zahlreiche Klubs hatten sich zuvor dafür ausgesprochen, sich vorzeitig in die Winterpause zu verabschieden.

Die Saison-Idee des bayrischen Fußballverstandes muss man dabei erst einmal verstehen. In der Fortsetzung der vergangenen Spielzeit, die nun "19/21" getauft wurde, wurde Türkgücü München als Meister mitsamt aller Ergebnisse aus der Tabelle eliminiert – und der Rest spielt an der Stelle weiter, an der Anfang März abgebrochen worden ist. Heißt: Pro Verein stehen im Schnitt noch etwa zehn Spiele an, dafür hat die Bayern-Staffel Zeit bis ins Frühjahr. Gespielt werden sollte also noch im November, dann steht die berühmt-berüchtigte lange bayrische Winterpause an, ehe wohl im April die finalen Partien über die Bühne gebracht und dann in einem Aufstiegsplayoff der ersten vier Plätze ein Relegations-Teilnehmer für das Aufstiegsduell mit der Nord-Staffel ermittelt werden sollen.

Spannend ist es auch. So führt derzeit ähnlich wie im Westen ein Quartett die Tabelle an: Viktoria Aschaffenburg, der 1. FC Schweinfurt, der 1. FC Nürnberg II und die SpVgg Bayreuth sind in exzellenter Position für die Playoff-Qualifikation. Nun können sie sich monatelang auf den Schlussspurt vorbereiten.

   

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