Vollmann im Interview: "Es wird Überraschungen geben!"

Mit dem SC Preußen Münster, KFC Uerdingen, Fortuna Köln, Eintracht Braunschweig, Hansa Rostock, SV Wehen Wiesbaden sowie zuletzt VfR Aalen trainierte Fußballlehrer Peter Vollmann mehr als ein Drittel aller derzeitigen Drittligisten. Im Interview mit liga3-online.de spricht der Rekordtrainer über die "stärkste 3.Liga aller Zeiten", potenzielle Auf-und Abstiegskandidaten und die Entwicklungen bei seinem ehemaligen Arbeitgeber von der Ostalb.

[box type="info" size="large"]"Würde den KFC nicht direkt oben ansiedeln"[/box]

liga3-online.de: Wohl kaum ein Fußballlehrer kennt die Vereine der 3. Liga so gut wie Sie. Mehr als ein Drittel der aktuell vertretenen Mannschaften stand schon einmal unter Ihrem Kommando. Viele sprechen ja angesichts der namhaften Auf-und Absteiger von der „stärksten 3.Liga aller Zeiten“. Würden Sie das so auch unterschreiben?

Peter Vollmann: Ich denke schon, dass gerade im Hinblick auf die Namen und die Spielstärke diese 3. Liga gegenüber den Jahren zuvor die attraktivste ist. Mit Eintracht Braunschweig und dem 1. FC Kaiserslautern stoßen zwei attraktive und sehr traditionsreiche Vereine, die auch schon lange in der zweiten und teilweise sogar ersten Liga unterwegs waren, in die 3.Liga. Gleiches gilt beispielsweise auch für Cottbus oder Uerdingen, die ja auch schon Erst-und Zweitligafußball gespielt haben.

Was glauben Sie, wer dieses Jahr am Ende das Rennen um die Aufstiegsplätze macht?

Ich bin im Moment noch sehr vorsichtig mit meiner Einschätzung, weil man ja bislang noch keine Wettkampfergebnisse und -daten hat, woran man bestimmte Prognosen festmachen kann. Auch bei Namen wie Braunschweig oder Kaiserslautern bin ich da lieber zurückhaltend. Man denke nur einmal an die letzte Saison, wie die Teams da im Vorfeld von mir und auch meinen Kollegen eingestuft wurden. Letztendlich ist mit Chemnitz eine der Mannschaften abgestiegen, die eigentlich jeder oben gesehen hat. Deswegen will ich mich im Voraus nicht nur auf die klanghaften Namen verlassen, sondern erst einmal die ersten Spiele und Ergebnisse für etwaige Tendenzen abwarten.

Für welche Vereine wird es hingegen Ihrer Meinung nach eng am Ende?

Auch bei potenziellen Kandidaten, die unten anzusiedeln sind, möchte ich mich im Vorfeld noch nicht zu weit aus dem Fenster lehnen und zunächst einmal die ersten Spiele und Ergebnisse abwarten. Was jedoch sowohl die Aufstiegs- als auch die Abstiegskandidaten angeht, bin ich mir sicher: Es wird Überraschungen geben!

Stichwort Überraschungen: Sie waren selbst zwischen 1999 und 2000 Trainer in Uerdingen und haben sicherlich die Entwicklungen und prominenten Neuverpflichtungen mitverfolgt. Trauen Sie dem KFC direkt den Kampf um die Aufstiegsplätze zu?

Der KFC ist exakt solch ein Fall, wo man in erster Linie die Namen sieht und wo man aufgrund der Akteure zu dem Schluss kommen kann, dass sie mit ihren prominenten Neuzugängen direkt ins Aufstiegsrennen eingreifen werden. Aber auch diesbezüglich bin ich sehr vorsichtig, weil ich der Meinung bin, dass Namen allein nicht den Erfolg bringen. Die Mannschaft ist nach dem Aufstieg in vielen Bereichen neu zusammengestellt worden. Es sind viele klanghafte Namen dabei, die aber auch erst einmal beweisen müssen, dass sie das Zeug für die 3.Liga haben. Deswegen würde ich Uerdingen nicht automatisch oben ansiedeln, auch wenn alle Spieler des Kaders natürlich einen riesigen Anspruch haben. Die Mannschaft muss erst einmal zu einer Einheit werden und ich drücke die Daumen, dass mein Kollege Stefan Krämer das schnellstmöglich schafft.

Sehen Sie neben dem KFC noch andere Teams, die in diesem Jahr für eine Überraschung sorgen könnten?

Es gibt gefühlt jedes Jahr ein, zwei Mannschaften, die man im Vorfeld als Aufstiegsaspiranten auf dem Zettel hat und die sich am Ende plötzlich weit unten in der Tabelle wiederfinden und umgekehrt. Ich denke, dass der FC Energie Cottbus, der sich ohne Probleme in der Regionalliga Nordost und letztlich auch souverän in den Relegationsspielen durchgesetzt hat, vielleicht für eine Überraschung sorgen könnte. Aber ich finde auch, dass die Zurückhaltung bei der öffentlichen Zielformulierung vieler Klubs – mit Ausnahme von Hansa Rostock, wo man sehr mutig das Saisonziel Aufstieg ausgegeben hat – noch einmal die Qualität dieser Liga unterstreicht.

 

[box type="info" size="large"]"Wird keinen neuen Insolvenzfall geben"[/box]

Wie sehen Sie die Entwicklungen bei ihrem letzten Arbeitgeber VfR Aalen? Was trauen Sie Ihrem Nachfolger Giannikis zu und wieviel Potenzial sehen Sie in der Truppe? Immerhin haben mit Robert Müller, Daniel Stanese und allen voran Nico Preißinger gleich mehrere Stützen den Verein verlassen…

Nach meinem Weggang hat es noch einmal einen Umbruch in der Mannschaft gegeben. Ich glaube, dass die bisherigen Schwächen erkannt worden sind und mein Kollege mit dem Vorstand zusammen die Dinge richtig angegangen ist. Ich finde auch, dass sie sich gut verstärkt und eine gute Mischung im Team haben, sodass man – und ich weiß ja so ein wenig, was um den Verein herum gemunkelt wird – auch durchaus gerechtfertigt davon sprechen darf, in der kommenden Spielzeit weiter oben mitzuspielen.

Zuletzt hatte VfR-Präsidiumsmitglied Hermann Olschewski angekündigt, man wolle spätestens 2021 zum Vereinsjubiläum wieder zweiklassig spielen. Ein realistisches Vorhaben Ihrer Meinung nach?

Ich habe persönlich immer die Erfahrung gemacht, dass man nie über eine Saison hinaus planen sollte. Angenommen zum Beispiel, eine Saison läuft richtig gut, so werden die Leistungsträger plötzlich attraktiv für andere Klubs und dann kann sich das Blatt sehr schnell wenden. Ich denke, dass sich der VfR für diese Saison sehr gut aufgestellt hat. Über eine Saison hinaus zu planen, halte ich allerdings für sehr schwierig, wobei ich es auch gleichzeitig gut finde, ein langfristiges Ziel auszugeben. Ganz vorsichtig gesagt möchte ich aber zu bedenken geben: Den Aufstieg? Den wollen jedes Jahr noch bestimmt zwölf weitere Mannschaften auch.

Erst kürzlich hatte Unterhachings langjähriger Präsident Engelbert Kupka die 3. Liga als „Insolvenzliga“ bezeichnet. Sie selbst mussten mit Aalen in der Saison 16/17 das Ausmaß einer solchen Insolvenz am eigenen Leib erfahren. Glauben Sie, dass es auch 2018/19 einen neuen Fall Aalen, Erfurt oder auch Chemnitz geben könnte?

Ich glaube, dass die Klubs insgesamt vorsichtiger geworden sind. Man hört ja auch die klaren Ansagen vieler Vereine nach dem Motto "Wir geben nur noch das aus, was wir auch wirklich zur Verfügung haben". Mein Eindruck ist, dass sich die Mannschaften strenger an die Etats halten, sodass Fälle wie Erfurt, Chemnitz oder auch der VfR in der Form nicht mehr auftreten werden.

Grundsätzlich sehe ich es so, dass sich die 3. Liga vom wirtschaftlichen Potenzial her zu einer Zweiklassengesellschaft entwickelt hat, in der circa zehn Vereine mit einem relativ geringen Spieleretat auskommen müssen, die anderen zehn hingegen finanziell sehr gut aufgestellt sind. Zu den weniger gut situierten zähle ich zum Beispiel auch Unterhaching, weshalb ich die Aussage von Herrn Kupka nachvollziehen kann. Im Großen und Ganzen denke ich aber schon, dass die Vereine disziplinierter geworden sind, nachhaltiger wirtschaften und es deshalb keinen erneuten Insolvenzfall geben wird.

[box type="info" size="large"]"Würde gerne wieder in der 3.Liga arbeiten"[/box]

Vielen Fans stoßen die zu Zwecken der Vermarktung neu eingeführten Montagabendspiele sauer auf. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung?

Für mich persönlich kam dieser Prozess der Aufteilung der Spieltage, um letztlich auch eine erhöhte Medienpräsenz zu haben, wenig überraschend. Das ist eine Entwicklung, die sich natürlich aus den oberen Ligen auf die 3. Liga mittlerweile auswirkt. Die Fans kann ich absolut verstehen. Es geht aber auf der anderen Seite auch immer um eine gewisse Wirtschaftlichkeit. Für die Liga ist es gut, je präsenter sie in den Medien ist und es findet so auch eine gewisse Aufwertung statt. Ich hoffe einfach, dass bei der Ansetzung der Montagsspiele zumindest eine gewisse örtliche Nähe berücksichtigt wird, die man vor allem den Auswärtsfans zumuten kann. Es ist in diesem Fall allerdings auch wie so oft in der Wirtschaft: Die ökonomischen Interessen setzen sich auf Dauer durch.

Nach Ihrem Aus beim VfR Aalen haben Sie stets betont, gerne noch einmal Trainer in der 3. Liga zu werden. Nun hat es diese Saison leider nicht geklappt. Besteht der Wunsch nach wie vor?

Ich habe bewusst nach meinem Ausscheiden betont, dass ich vorerst eine kleine Pause brauche. Generell und auf Dauer gesehen ist es aber natürlich mein Ziel und mein Wunsch, wieder in der 3.Liga zu arbeiten. Ich werde mir die Spiele nun erst einmal als Experte bei Telekom Sport ansehen, halte mich aber jederzeit bereit und würde mich freuen, falls ein Verein irgendwann auf mich zukommt. Meinen geschätzten Kollegen, die aktuell ihre Mannschaften leiten, wünsche ich nun aber erst einmal alles Gute für die Saison und freue mich auf eine spannende Spielzeit 2018/19!

   

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