Roland Vrabec im Interview: "Wir müssen realistisch bleiben"
Im Interview mit liga3-online.de verrät Roland Vrabec, Trainer des FSV Frankfurt, was er von Patrick Ochs erwartet, spricht über schwankende Leistungen in den Testspielen und gibt Einblick in die Kaderplanung.
[box type="info"]Hintergrund: Roland Vrabec wurde am 15. Juni als neuer Chefcoach des FSV Frankfurt vorgestellt, zuvor war der 42-Jährige, der gebürtig aus Frankfurt stammt, beim FC Luzern sowie beim FC St. Pauli tätig. [/box]
liga3-online.de: Hallo Herr Vrabec. Als Sie Mitte Juni unterschrieben haben, standen lediglich sieben Spieler unter Vertrag. Was hat Sie dazu bewogen, dennoch Trainer beim FSV Frankfurt zu werden?
Roland Vrabec: Auch wenn nur sieben Spieler unter Vertrag standen, gab es ja schon im Vorfeld Gespräche mit diversen Akteuren. Roland Benschneider (Sportdirektor, Anm. d. Red.) hat unheimlich schnell in der kurzen Zeit Kontakte zu Spielern und Beratern hergestellt, sodass wir schon vor meiner Unterschrift einige mündliche Zusagen hatten. Somit war es kein großes Risiko, beim FSV Frankfurt zu unterschreiben. Die Weichen waren schon früh gestellt, wir mussten die Verpflichtungen dann „nur“ noch fixieren.
Sie haben für zwei Jahre unterschrieben. Wie möchten Sie den FSV in diesem Zeitraum entwickeln?
Ich glaube, in dieser Saison wird es erstmal wichtig sein, in der 3. Liga anzukommen, sich zu etablieren und eine gute Rolle zu spielen. Wir haben nicht das Ziel, wieder aufzusteigen – diesen Druck legen wir uns nicht auf. Dieses Jahr soll dazu dienen, sich eine Basis zu schaffen. Dann kann man vielleicht im nächsten Jahr mit dem einen oder anderen Neuzugang an eine Rückkehr in die 2. Bundesliga denken.
Nach Ihrer Vorstellung ging es Schlag auf Schlag. Innerhalb weniger Tage wurden gleich mehrere Spieler verpflichtet, insgesamt sind es nun 18 Neuzugänge. Blieb in den letzten Wochen überhaupt Zeit, mal durchzuatmen?
Ganz wenig, um ehrlich zu sein. Wir hatten kaum freie Tage in diesen fünfeinhalb Wochen. Wir mussten auf mehreren Ebenen arbeiten: Zum einen mussten wir neue Spieler verpflichten und zum anderen war es wichtig, im Training schnell und gut zu arbeiten, um den Spielern unsere Ideen zu vermitteln. Das dritte Problem war, dass die Spieler auf unterschiedlichen physischen Levels zu uns gekommen sind. Daher war es ganz wichtig, die Jungs schnell auf einen Fitnesstand zu bekommen. Somit war es schwer, bei all den Baustellen mal auf freie Tage zu kommen. Das wird aber hoffentlich im Wettbewerb der Fall werden …
Wie ist es Ihnen gelungen, bundesligaerfahrene Spieler wie Patrick Ochs, Sebastian Schachten und Adil Chihi von einem Wechsel ins Frankfurter Volksbank Stadion zu überzeugen?
Das waren unterschiedliche Herangehensweisen. Sebastian Schachten kenne ich noch aus meiner Zeit bei St. Pauli bzw. beim FC Luzern. Weil er mir signalisiert hat, wieder nach Deutschland gehen zu wollen, war er auch bereit, in die 3. Liga zu wechseln.
Adil Chihi war in den letzten drei Jahren viel im Ausland unterwegs und wollte ebenfalls wieder zurück nach Deutschland.
Patrick Ochs ist hier aus der Region. Bei ihm hat es eine wichtige Rolle gespielt, dass er wieder in seiner Heimat spielen kann.
Bei allen drei Genannten hat aber sicher auch der Name FSV Frankfurt und die Historie aus den letzten acht Jahren 2. Bundesliga geholfen, die Verpflichtungen durchzuführen.
Patrick Ochs wurde vor einigen Tagen zum Kapitän ernannt. Was erwarten Sie von ihm?
Grundsätzlich erwarte ich, dass er seine Erfahrung einbringt, ein gutes Gespür für die Mannschaft hat und immer mal wieder in die verschiedenen sozialen Gruppen rein hört, die es allein von der Altersstruktur schon gibt. Auch soll er eigenverantwortlich Dinge in der Kabine und in der Mannschaft angehen. Daher war er mit seiner Erfahrung für das Amt des Kapitäns prädestiniert.
In den Testspielen waren schwankende Leistungen zu beobachten. Braucht die neue Mannschaft noch etwas Zeit, um sich zu finden?
Auch das war schon vorher klar, da wir unterschiedliche Niveaus in der Physis hatten. Daher war es auch logisch, dass wir unsere Vorbereitung anders gestalten mussten, als Mannschaften, die ihren Kader schon größtenteils zur Verfügung hatten. Im Endeffekt ist es so, dass unsere Vorbereitung bis in den dritten oder vierten Spieltag hineingehen wird. Die Jungs sind noch nicht bei 100 Prozent, sodass ich nicht überrascht war, dass das Testspiel gegen Schalke II nur 1:1 ausging. Die Schwankungen sind aber nicht überraschend – im Gegenteil: wir müssen sie in Kauf nehmen.
Also wäre es kein Problem, wenn der Saisonstart eher durchwachsen verlaufen würde?
Ich würde nicht sagen, dass das kein Problem wäre. Wir wollen in jedem Spiel gewinnen – das ist das Ziel jeder Mannschaft. Wir wollen uns so gut verkaufen wie möglich und unseren Fußball durchziehen, egal ob auswärts in Kiel oder zuhause im Frankfurter Volksbank Stadion gegen Erfurt. Aber man muss realistisch bleiben. Nach dem Umbruch in der Sommerpause und unserer Vorgeschichte wäre es vermessen, nach einer Niederlage in Kiel oder Chemnitz gleich von einem schlechten oder mäßigen Start zu sprechen. Gerade mit Kiel und Chemnitz treffen wir gleich auf Mannschaften, die aus meiner Sicht zum Favoritenkreis der Liga gehören. Wenn wir da ordentlich spielen und trotzdem verlieren, muss man das in Kauf nehmen und realistisch sein, dass wir noch Zeit benötigen. Nur weil wir noch nicht bei 100 Prozent sind, schenken wir aber natürlich keine Spiele ab! Wir erhoffen uns von jedem Spiel, dass wir dort punkten können.
Geht die Personalie Yannick Stark noch bis zum Liga-Start am Samstag über die Bühne?
Schwer zu sagen. Wir als Verein und Yannick Stark sind uns schon relativ klar, jetzt muss Yannick Stark mit Darmstadt 98 die Modalitäten klären. Inwieweit sich das ziehen wird, wird man sehen. Klar ist auch, und das sage ich in aller Deutlichkeit, dass wir nicht bis zum 31. August auf Yannick Stark warten. Wir haben auch Alternativen auf dem Zettel und wenn das Prozedere zulange dauert, müssen wir reagieren.
Sind denn neben Yannick Stark noch weitere Transfers geplant?
Wir haben für uns noch eine Baustelle entdeckt. Daher schauen wir uns noch nach einer anderen Position um.
Können Sie diese benennen?
In der Spitze und im Offensivbereich würde uns ein Neuzugang, der die Position als Zehner und Stürmer bekleiden kann, gut tun. Hier müssen aber die finanziellen Parameter geprüft werden.