Rot-Weiß Erfurt: Trainerwechsel ohne Effekt verpufft
Den Blick auf die Tabelle werden alle Erfurter auch in den kommenden Tagen vermeiden. Zu bitter ist das, was es dort zu sehen gäbe: Erfurt ist Letzter, patzt in der Defensive und stellt die harmloseste Offensive. Daran hat auch David Bergner, der Anfang Oktober Stefan Krämer als Trainer abgelöst hatte, noch nichts ändern können. Das Gegenteil ist der Fall.
Verheerende Bilanz
Als sich Rot-Weiß Erfurt vor gut fünf Wochen dazu entschloss, Stefan Krämer von seinen Aufgaben als Chefcoach zu entbinden, tat man das schweren Herzens. Krämer hatte in den knapp 22 Monaten seiner Amtszeit einige Hürden übersprungen und zumindest bis zum Start in diese Saison den wohl schwierigsten Spagat für einen Treffer geschafft. Er hatte trotz des engen Erfurter Budgets eine Mannschaft auf- und eingestellt, die den Ansprüchen meist gewachsen war – auch wenn bisweilen fußballerische Mängel deutlich wurden. Man nahm es ihm nicht übel, denn Krämer schaffte es, mit RWE zweimal die Klasse gehalten.
Nur in dieser Saison lief es so gar nicht, weshalb man Krämer durch David Bergner ersetzte. Ein Effekt hat sich durch diesen Trainerwechsel nicht eingestellt, in fünf Pflichtspielen stand Bergner an der Linie, es gab nur einen einzigen Punkt. Macht 0,2 Punkte pro Spiel, eine verheerende Bilanz. Da war die von Krämer deutlich besser. Mit ihm holte Erfurt allerdings auch nur 0,8 Punkte pro Ligaspiel. Wie man so den Klassenerhalt schaffen soll, scheint so richtig niemand zu wissen.
Wenn Nuancen über Spiele entscheiden
Auch Bergner vermittelt nicht unbedingt den Eindruck, ein Patentrezept gegen die Erfolglosigkeit zu haben. Nach der 2:3-Niederlage gegen die Sportfreunde Lotte machte Bergner verständlicherweise einen niedergeschlagenen Eindruck. Etwas gequält gratulierte er seinem Lotter Kollegen Andreas Golombek zum geglückten Einstand und fügte hinzu, den hätte er sich auch gewünscht. Eine verständliche Reaktion, wenn auch wenig hilfreich in der aktuellen Situation. Nur was ist das schon, solange der Erfolg ausbleibt, obwohl die Mannschaft über weite Strecken eines Spiels mithalten kann? Wenn nur, dafür aber immer wieder Nuancen, sprich: fehlende Abschlussstärke und individuelle Aussetzer, einem Punktgewinn im Wege stehen?
Sind das schon Durchhalteparolen?
"Lotte hat uns vorgemacht, wie man in den entscheidenden Situationen die Nerven behält", analysierte Bergner. Man kann es als zarten Hinweis deuten, dass sein Team der Belastung nicht gewachsen ist. Große Verstärkungen waren vor der Saison nicht drin, stattdessen kamen vor allem junge oder woanders aussortierte Akteure. Aber sollte eine Mannschaft mit Eckpfeilern wie Philipp Klewin, Jens Möckel, Christoph Menz oder Carsten Kammlott nicht trotzdem zu besseren Leistungen fähig sein?
Offensichtlich ist es sie es nicht. Für die Personalpolitik kann Bergner nichts, er muss mit den Spielern auskommen, die schon da sind. Wenn Bergner aber sagt, er müsse seiner Mannschaft zugute halten, dass "sie neunzig Minuten an sich geglaubt hat", dann lässt das tief blicken. Man könnte es auch als Durchhalteparolen bezeichnen. Kein gutes Zeichen im Abstiegskampf, dabei sollte doch unter dem neuen Trainer alles anders und vor allem besser werden.
Krämer-Rückkehr ein Thema?
Derweil scheint eine Rückkehr von Stefan Krämer nicht ausgeschlossen zu sein – schließlich läuft sein Vertrag noch bis 2018. "Wenn die Mitglieder jetzt eine Petition machen und sich mehrere tausend Fans dafür aussprechen, dann wird sich niemand verschließen", äußerte sich Vizepräsident Frank Nowag gegenüber der "MDR". Direkt nach der Beurlaubung des 50-Jährigen hatten sich rund 1.200 Fans im Rahmen einer Online-Petition für eine Rückkehr von Stefan Krämer ausgesprochen. Doch ist dieses Szenario wirklich realistisch? "Das gab es doch noch nie", weicht Krämer aus. Allerdings war RWE zuletzt immer für eine Überraschung gut.