Rückrunden-Prognose mit Ismail Atalan #1: Die Kellerteams
Es ist soweit: In wenigen Tagen startet die 3. Liga in die Rest-Rückrunde. 18 Spieltage liegen vor uns, in denen über Auf- und Abstieg entschieden wird. Bevor der Ball rollt, schätzen wir wie gewohnt die Stärken der Klubs ein. Als Experten haben wir Trainer Ismail Atalan gewinnen können – er kennt die 3. Liga durch sein Engagement bei den Sportfreunden aus Lotte noch bestens. Zum Auftakt schauen wir auf die Kellerteams.
Ausgangslage: Fast schon ungewöhnlich ruhig ist es auf dem Dorf. Am Lotter Autobahnkreuz deutet sich derzeit keine Spielerrevolte an und auch keine Trainerentlassung. Stattdessen bereitet Nils Drube seine Mannen auf eine Rückrunde vor, in der es für die SFL ausschließlich um den Klassenerhalt gehen wird. Etwas überraschend kam der plötzliche Abgang von Stammspieler Nico Neidhart, der künftig beim niederländischen Ehrendivisionär FC Emmen aufläuft. Ihn wird der von Erzgebirge Aue ausgeliehene Sascha Härtel ersetzen, der mit seinen 19 Jahren und nur marginaler Profierfahrung aber eher perspektivisch zur Alternative werden dürfte.
Atalan: "Das waren turbulente Monate für meinen Ex-Klub. Nach den ersten fünf Spielen haben sie zum Glück den Turnaround geschafft und sich nur noch auf Fußball konzentriert, was vorher nicht der Fall war. Es war nicht schön, als so viel über Lotte geredet und gelacht wurde. Unter Nils Drube haben sie sich dann beachtlich gefangen, erst vor der Winterpause haben sie ein wenig den Faden verloren. Doch allein ihre Viererkette hat die Qualität, Lotte in der 3. Liga zu halten. Ich drücke ihnen natürlich die Daumen."
Die Prognose von liga3-online.de: Platz 14-17
Ausgangslage: Die Aufstiegseuphorie konnte beim FC Energie kaum konserviert werden, zu groß sind die personellen Probleme. "Es gibt Momente, da würden wir gerne die Tastatur gegen die Wand werfen", so kommentierte der Verein den langfristigen Ausfall von Maximilian Zimmer, der kürzlich einen Kreuzbandriss erlitt und Cottbus lange fehlen wird. Am Montag folgte mit dem überraschenden Abgang von Kapitän Marc Stein der nächste Paukenschlag. Weil sowohl die wechselhafte Offensive als auch die immer mal wieder gefährlich leichtsinnige Abwehr in der Hinrunde gute und schlechte Leistungen an den Tag legten, bleibt ein ordentliches Risiko bei der Mission Klassenerhalt. Um zu schauen, wie es sich nicht entwickeln sollte, muss in der Lausitz nur auf die folgenreiche Saison 2015/16 geblickt werden.
Atalan: "Energie Cottbus gehört zu den Klubs, die bis zur letzten Minute um den Abstieg spielen. Dort sind aktuell nicht die Mittel gegeben, um größere Ziele anzuvisieren. Die Anzahl an Verletzten ist riesengroß, da wird es der jetzige Kader sehr schwer haben. Eigentlich müsste die Vereinsführung nun mit Neuzugängen reagieren – Claus-Dieter Wollitz kann als Trainer kaum noch mehr aus dem Vorhandenen herausholen. So gut die Truppe funktioniert: Mannschaftliche Geschlossenheit kann fehlende Qualität nicht ewig wettmachen."
Die Prognose von liga3-online.de: Platz 15-18
Ausgangslage: Zwei, drei Spiele machen keinen Absteiger. Das hat Fortuna Köln im Dezember unbedingt beweisen wollen, als mit dem ersehnten ersten Sieg unter Tomasz Kaczmarek in Münster die Achterbahnfahrt der Hinrunde doch halbwegs versöhnlich beendet wurde. "Die Stimmung ist nun fokussiert und nicht mehr depressiv", sagt der Trainer selbst. Die drittschwächste Abwehr der Liga wurde in der Winterpause fast schon folgerichtig verstärkt, vom 1. FC Magdeburg wurde Joel Abu Hanna bis Saisonende ausgeliehen. Der ist erst 20 Jahre alt, sein Talentstatus ist unbestritten. Zudem wird noch ein Stürmer gesucht.
Atalan: "Von außen betrachtet waren die Ergebnisse von Köln, sagen wir, sehr schwer zu verstehen. Aber die Situation ist auch schwer zu bewerten, wenn ein über sieben Jahre so erfolgreicher Trainer wie Uwe Koschinat plötzlich den Klub verlässt. Für seinen Nachfolger waren die deutlichen Niederlagen das Schlimmste, was ihm zum Start passieren konnte. Damit umzugehen, muss eine enorme Herausforderung gewesen sein, und in Münster könnten sie die Wende endlich geschafft haben. Von der Kader-Stärke her darf Fortuna Köln meiner Meinung nach nicht absteigen."
Die Prognose von liga3-online.de: Platz 12-15
Ausgangslage: Dass die Saison hart werden würde, war dem SVM lange im Voraus klar. Dass die Hinrunde phasenweise zu einer derart vertrackten Belastungsprobe auswachsen würde, aber nicht. Mitte November betrug der Abstand auf Platz 16 plötzlich fünf Punkte, dazu kamen immer wieder moralische Nackenschläge wie vergebliche Aufholjagden und insbesondere späte Punktverluste. Doch wieder einmal zeigte sich: Meppen, zusammengewachsen durch den Aufstieg 2017, zerbricht auch an so einer Herausforderung nicht. Christian Neidhart ist noch immer Trainer, und warum das so ist, hat er im Dezember unter Beweis gestellt. Das gute Händchen beim Transfer von Nick Proschwitz (sechs Tore in neun Spielen) trug seinen Teil zum Erfolg bei.
Atalan: "Der SV Meppen ist ein Beispiel für eine Mannschaft, die man niemals abschrieben sollte. Eigentlich kann ein Verein wie der SVM ein solches Verletzungspech, wie es im Herbst der Fall war, nicht kompensieren – dazu kam die Negativspirale, der Rückstand auf die Nichtabstiegsplätze. Doch der nimmermüde Teamgeist hat sie zur Aufholjagd geführt, das Zusammenspiel zwischen Trainerteam, Fans und Spielern passt. Und deshalb werden sie am Ende über dem Strich stehen."
Die Prognose von liga3-online.de: Platz 13-15
Ausgangslage: Obwohl Großaspach nur jedes vierte Spiel verloren hat, obwohl die Abwehr mit 20 Gegentreffern zu den stärksten der 3. Liga zählt, würden sie nach aktuellem Stand am Saisonende in die Regionalliga absteigen. So kennen wir unsere Spielklasse aber, das Schicksal der SGS wäre kein Einzelfall. Damit es für den Dorfklub gar nicht erst zum Worst Case kommt, wurde im Winter mehrfach nachgebessert, mit Dominik Martinovic und Kai Brünker kamen unter anderem zwei junge Stürmer, die das Offensivmanko beheben sollen. Dennoch wird es Großaspach nach unserer Einschätzung sehr schwer haben.
Atalan: "Sie haben nur fünf Mal verloren, sind aber auf einem Abstiegsrang. Das zeigt mir, dass die Einführung der Drei-Punkte-Regel für den Fußball so wichtig war: Es reicht nicht mehr, nur mit Unentschieden aus den Spielen zu gehen; man muss gewinnen. Zum Verein: Mit Florian Schnorrenberg hat Großaspach sich einen guten Trainer geholt – aber in der Offensive werden sie besser, kreativer werden müssen. 16 Tore sind arg wenig. Es geht wohl bis zum Ende um den Abstieg, schätze ich."
Die Prognose von liga3-online.de: Platz 16-19
Ausgangslage: Wie kann das Gewicht eines Spielers nur so interessant sein, es wochenlang auszudiskutieren? Kevin Pannewitz ist Geschichte, die Schlagzeilen im Boulevard sind geschrieben und das Thema damit hoffentlich durch. Sportlich hat Jena seit der Kwasniok-Übernahme positive Ansätze gezeigt, mit dem jungen Jannis Kübler auch bereits einen Neuen vorgestellt. Die Bäume wachsen aber auch im Paradies nicht in den Himmel. Es gibt ein Hängen und Würgen bis zum letzten Spieltag.
Atalan: "Die Spiele unter Lukas Kwasniok habe ich bislang leider noch nicht gesehen, dazu kann ich mich nicht äußern. Generell hat Jena seine Stärken in der Mannschaft, aber auch dort muss jetzt wieder um den Fußball gesprochen werden. Es wurde zu viel öffentlich über Kevin Pannewitz diskutiert, da hätte mehr intern bleiben können. Konzentriert sich der Klub auf das Sportliche, ist der Klassenerhalt absolut möglich."
Die Prognose von liga3-online.de: Platz 14-17
Ausgangslage: Eigentlich hatte der VfR Aalen sich wie in jedem Jahr eine Mannschaft zusammengestellt, die der guten Mischung der vergangenen Spielzeiten auf dem Papier entsprach und entsprechend unangenehm hätte auftreten sollen. Der Wille war meist auch nicht abzusprechen, doch wer seit Ende September kein Punktspiel mehr gewonnen hat…Trainer Giannikis muss nun bereits eine ordentliche Aufholjagd einleiten, denn die Konkurrenz wird nicht schlafen. 27 Zähler, das entspricht 1,5 Punkten pro Spiel, sind wohl notwendig, um die Klasse zu halten. Eine sehr anspruchsvolle Aufgabe.
Atalan: "Es spricht absolut für den Verein, dass er Argirios Giannikis trotz der unglücklichen Hinrunde weiterhin das Vertrauen schenkt, an ihm festhält. Meiner Einschätzung nach ist auch der VfR Aalen zu stark für den Abstiegskampf, ich hätte sie im Sommer zwischen Platz 8 und Platz 12 eingeschätzt. Etwas gewundert hat mich der Abgang von Marcel Bär, es ist der beste Torjäger. Und dann geht er sogar zu einem direkten Konkurrenten? Das ist erstaunlich. Aber der Verein wird wissen, was für ihn die beste Lösung ist."
Die Prognose von liga3-online.de: Platz 16-20
Ausgangslage: Die Textdichte zur Eintracht war auch auf unserer Seite in den vergangenen Monaten enorm – das ist leider nicht immer ein gutes Zeichen. Nun soll an dieser Stelle die Braunschweiger Krise nicht nochmals auseinanderklamüsert werden. Der BTSV hat seine Schwachstellen angegangen, acht neue Spieler geholt und dabei insbesondere auf Erfahrung und Stallgeruch gesetzt. Es ist zweifelsohne das, was Pokerspieler als "all in" bezeichnen. Doch mit jeder anderen Strategie hätten die Löwen den Karren wohl krachend an die Wand gefahren. So gibt es begründete Hoffnung – zumindest für die ersten Wochen, in denen sofort geliefert werden muss, um satte acht Punkte und viele Tore Rückstand noch aufzuholen.
Atalan: "Die Entwicklung von Braunschweig ist ziemlich hart. Vielleicht war es der Knackpunkt, zu Saisonbeginn immer wieder gesagt zu haben: 'Wir können es doch eigentlich besser'. Da hätte man sich mehr auf den Ist-Zustand konzentrieren sollen. Nun war es absolut nötig, an dem Team so gravierende Veränderungen vorzunehmen. Wer nur 14 Punkte holt, der hat dafür keine Ausreden, und ich halte es für absolut richtig, zu versuchen, mit allen Mitteln in der 3. Liga zu bleiben. Doch der Abstand ist groß, es wird bereits auf die ersten drei Spiele ankommen. Wenn sie da gut punkten, können sie daraus den Lauf kreieren, um den Klassenerhalt zu schaffen. Klappt das nicht auf Anhieb, dann wird es für die Eintracht richtig schwer."
Die Prognose von liga3-online.de: Platz 16-20