Saisonfazit SCP: Versöhnliches Ende nach Katastrophenstart
Lange Zeit befand sich der SC Preußen Münster in den tieferen Tabellenregionen der 3. Liga. Umso überraschender erscheint es da, dass am Ende der Saison doch noch ein beachtlicher sechster Tabellenplatz heraussprang. Dabei fehlten letztendlich sogar gerade einmal zwei Zähler auf den ungeliebten Rivalen aus Osnabrück und drei auf den Tabellenvierten SV Wehen Wiesbaden. Mit 55 Treffern (Tordifferenz: +5) dürfen sich die Adlerträger aber immerhin als offensivstärkste Mannschaft aller Nicht-Aufsteiger feiern lassen. Im Folgenden schaut sich liga3-online.de die Saison des SC Preußen Münster genauer an.
Das lief gut
Die Offensive
Unter den schweren Bedingungen zu Beginn der Saison die insgesamt also viertbeste Offensive der Liga zu stellen, ist aller Ehren wert. Besonders, wenn man bedenkt, dass keiner der 23 Akteure, die in dieser Spielzeit das Dress des SCP trugen, mehr als neun Tore auf sein Konto verbuchen konnte. Stattdessen überzeugte hier das Kollektiv: 15 verschiedene Torschützen sind ein starker Wert und beweisen, was für Möglichkeiten die beiden Coaches Dotchev und Loose in der Offensive hatten.
Der Wille
Zugegeben, es dauerte lange, bis die Anhänger des SC Preußen Münster erkannten, dass die Spieler den Abstieg in die Viertklassigkeit auf jeden Fall verhindern wollten. Aber als es Mitte der Rückrunde noch einmal brenzlig wurde mit dem Klassenerhalt, bewies das Team Moral, zeigte nicht nur Leidenschaft, sondern oft auch Kampfbereitschaft. Dass dabei dann auch häufiger das Spielerische auf der Strecke blieb, ist wieder ein ganz anderes Thema…
Der Trainerwechsel
Ralf Loose wird wohl nie zum beliebtesten Trainer in der Vereinsgeschichte des SC Preußen Münster gewählt. Dennoch: Der 51-Jährige hat das Team nach dem katastrophalen Saisonstart wieder in die richtige Bahn gelenkt. Der SCP war das viertstärkste Rückrundenteam, kassierte in den 17 Spielen in 2014 akzeptable 19 Gegentreffer und feierte mehrere wichtige Siege gegen zwischenzeitlich direkte Konkurrenten um den Klassenerhalt. Mit dem Einzug ins Endspiel des Westfalenpokals schaffte Münster auch die Qualifikation für den DFB-Pokal. Ob das alles ohne Ralf Loose erreicht worden wäre, darf zumindest bezweifelt werden.
Das lief nicht gut
Der Saisonstart
Ohne Frage hat sich der SC Preußen Münster aber trotz der ordentlichen Resultate zum Schluss nie vollständig vom schwachen Saisonstart erholt. Der selbsternannte Aufstiegsaspirant sammelte an den ersten elf Spieltagen gerade einmal neun mickrige Zähler, kassierte 20 Gegentreffer und verließ fünfmal als Verlierer den Platz. Die Folge war eine vollkommen verunsicherte Mannschaft, die sich das Leben mit einfachsten Ballverlusten und null Ideen im Spielaufbau immer wieder sehr schwer machte.
Die Defensive
Grund für die teilweise erschreckenden Auftritte in der ersten Saisonhälfte waren besonders die Defensivleistungen. Die im Vorjahr noch für ihre Abwehrstärke gefeierten Preußen ließen sich mit einfachsten Mitteln wie einem Heber oder einem Doppelpass übertölpeln. Auch Keeper Daniel Masuch konnte nicht an seine Leistungen aus der Vorsaison anknüpfen und verschuldete wie beim 3:3 gegen Erfurt sogar Treffer ganz entscheidend mit.
Die Disziplin
Die Kicker an der Hammer Straße fielen in dieser Saison immer wieder mit Disziplinlosigkeiten auf. Kevin Schöneberg und Michael Holt wurden nach dem 1:1 im Hinspiel gegen den VfL Osnabrück in die U23 suspendiert, später strich Loose auch die gestandenen Profis Dominik Schmidt und Mehmet Kara für ein Spiel aus dem Kader. Aber auch auf dem Platz verhielten sich die Adlerträger nicht selten am Rande der Unsportlichkeit. Fünf glatt Rote Karten sowie zwei Gelb-Rote Karten berechtigen ganz sicher nicht zu irgendwelchen Fair-Play-Trophäen.
Bester Spieler: Dennis Grote
Dennis Grote Dennis Grote war nicht nur mit Abstand bester Preußen-Spieler der Saison, sondern gehörte auch abseits der Hammer Straße zu den Akteuren der diesjährigen Drittliga-Spielzeit. Neun Treffer und 16 Assists sind ein herausragender Wert. Mit diesen 25 Scorerpunkten war er für ganze 19 Zähler seines Teams direkt verantwortlich. Mit seinen schnellen Dribblings und seinen gefährlich hereingespielten Flanken sorgte er immer wieder für viel Gefahr im gegnerischen Strafraum. In der kommenden Saison werden die Fans des SC Preußen allerdings auf ihren Liebling verzichten müssen und ihn sicherlich auch schmerzlich vermissen. Grote schließt sich im Sommer bekanntlich dem MSV Duisburg an.
Enttäuschung: Amaury Bischoff
Ausgestattet mit dem Prädikat "Erst- bis Zweitliganiveau" ging Amaury Bischoff als unangefochtener Stammspieler in diese Saison. Im Vorjahr hatte der u.a. beim FC Arsenal ausgebildete Spielmacher großen Anteil am Fast-Aufstieg. Doch in 2013/2014 war davon nichts mehr zu sehen. Bischoff fiel zwar auf – aber das nicht positiv. Viele Ballverluste und Fehlpässe, keine Ideen und mangelnde Torgefahr zwangen Ralf Loose dazu, seine Nummer 10 auf die Bank zu setzen. Darunter litt Bischoff wohl ziemlich. Mit drei glatt Roten Karten innerhalb von einer Saison dürfte er sich unfreiwillig auch in den Geschichtsbüchern der 3. Liga verewigt haben…
Saisonhighlight
Das Highlight einer zum Ende hin doch noch einigermaßen ordentlichen Saison war ohne Frage das Rückspiel gegen den FC Heidenheim. Gegen den bis dato 16 Spiele in Folge niederlagenlosen Tabellenführer machte der SC Preußen sein bestes Saisonspiel. Verdient und sogar souverän setzten sich die Adlerträger mit 2:0 gegen den FCH durch, die ihrerseits damit sogar noch gut bedient waren.
Negatives Saisonhighlight
Das 1:3 gegen die Zweitvertretung des VfB Stuttgart am 7. Spieltag machte auch dem letzten Preußen-Anhänger klar, dass man vom Aufstieg keine Sekunde länger träumen brauchte. Der SCP bestritt eines der schlechtesten Spiele der jüngsten Vergangenheit. Die nicht mehr zu verhindernde Folge dieser Klatsche war die Entlassung des wenige Monate zuvor noch gefeierten Trainers Pavel Dotchev.
Bewertung der getätigten Transfers
Carsten Gockel und seine Kollegen im Vorstand dürften mit ihren Transfers in der Sommerpause nicht allzu zufrieden sein. Bis auf wenige Ausnahmen floppten viele Einkäufe. Cedric Wilmes, Zlatko Muhovic, Michael Holt und Gaetano Manno wurden sogar noch im Winter wieder abgegeben, Malte Grashoff kam auf keine einzige Minute Spielzeit. Einzig Außenverteidiger Julian Riedel, die beiden Offensivkräfte Marcus Piossek und Rogier Krohne und die Leihgabe Soufian Benyamina (inzwischen Wehen Wiesbaden) hinterließen positive Eindrücke und etablierten sich sogar als Stammpersonal in der ersten Elf.
Bewertung der Trainer
Wie oben erwähnt, war der Trainerwechsel von Pavel Dotchev zu Ralf Loose wohl der Schlüssel zu einer doch noch ordentlichen Saison. Dotchev muss sich die Vorwürfe gefallen lassen, das zerstrittene Team nicht wieder zu einer Einheit formiert zu haben. Ganz im Gegenteil: Durch sein Festhalten an manchen Kräften wie Kara und Bischoff dürfte er vieles noch schlimmer gemacht haben. Mit Loose folgte dann aber die Wende. Der 51-Jährige setzte nicht auf Namen, sondern auf Spieler, die sich dem Abstiegskampf stellten – und hatte damit Erfolg.
Fazit
Alles in allem werden Verein und Fans diese Spielzeit gerne schnell wieder vergessen. Der Saisonstart hinterließ viele Narben. Der SCP spielte lange Zeit weit hinter seinen eigenen Ansprüchen. Erst dank einer ordentlichen zweiten Saisonhälfte und den nicht wenigen Ausrutschern der Konkurrenz steht am Ende ein beachtlicher sechster Platz zu Buche. Weil zudem der Einzug in der DFB-Pokal perfekt gemacht werden konnte, wurden die größten Horroszenarien doch noch verhindert.
Ausblick
Dass der SC Preußen Münster das Potential für die 2. Bundesliga besitzt, ist unbestritten. Soweit sollte an der Hammer Straße aber für mindestens ein Jahr nicht mehr gedacht werden. Neben den sportlichen Misserfolgen zum Saisonstart muss auch der Ärger mit dem nach 42 Tagen wieder entlassenen sportlichen Leiter Detlev Dammeier aufgearbeitet werden. Die Preußen brauchen Ruhe und vor allem auch einen deutlich breiteren und jüngeren Kader. Matthew Taylor und Dennis Grote zu ersetzen, wird eine echte Herkuesaufgabe für Gockel, Loose & Co. Ein einstelliger Tabellenplatz bzw. das Fernbleiben von den Abstiegsrängen sollte aber so oder so in der nächsten Saison nicht nur möglich sein, sondern darf auch durchaus als Ziel ausgegeben werden.
FOTO: Sven Wundrig