Saisonprognose #2: Halle, Essen, Aue, Dortmund II
Ab dem 4. August geht die 3. Liga in ihre 16. Saison. Wer wird oben mitspielen, wer muss den Abstieg befürchten? Wer überrascht und wer enttäuscht? In fünf Teilen unterzieht liga3-online.de alle Teams dem großen Check. Im zweiten Teil schauen wir auf vier Teams, die in der vergangenen Saison im hinteren Mittelfeld ins Ziel gekommen sind.
Sportliche Lage: Mit 24 Punkten und nur vier Niederlagen aus 16 Spielen hielt Sreto Ristic mit einem lange taumelnden Halleschen FC die Klasse, das befürchtete Herzschlagfinale gegen Essen blieb dank günstiger Entwicklungen aus. Und doch ist spätestens in jener Saison, in der die Saalestädter nur 41 Punkte und damit so wenige wie nie seit Beginn der Drittliga-Ära im Jahr 2012 holten, klar geworden: Der HFC muss seinen schleichenden Rückschritt stoppen. Ansonsten ist der Abschied aus der 3. Liga nur eine Frage der Zeit – und das Feld der Konkurrenten wird demnächst sicherlich nicht schwächer.
Transfers: Tom Zimmerschied geht ligaintern den nächsten Schritt und hat sich Dynamo Dresden angeschlossen. Aljaz Casar, der zweite Shootingstar, könnte noch folgen – mehrere Zweitligisten sind interessiert. Neu dazugekommen ist Qualität in der Offensive: Dominic Baumann, der in Zwickau aus einer dort sehr limitierten Angriffsbewegung heraus stolze 25 Tore in zwei Jahren erzielte, Tom Baumgart aus Aue und Besar Halimi, der aus Zypern zurückkehrt nach Deutschland, wo er für den FSV Frankfurt und Sandhausen schon in der 2. Bundesliga aktiv war. Während er mit seinem Ballgefühl überzeugt, könnte Enrique Lofolomo (Gladbach II) die Position vor der Abwehr mit seiner Zweikampfstärke ausfüllen.
Vorbereitung: Gegen die Amateurklubs FSV Bennstedt (15:0) und VfB Sangerhausen (5:1) hatten die Saalestädter zunächst keine Probleme, ehe sie gegen Viertligist Lok Leipzig nicht über ein 0:0 hinauskamen. Während der schottische Rekordmeister Glasgow Rangers (0:2) eine Nummer zu groß war, gab es gegen Viktoria Berlin (1:0) und den polnischen Erstligisten Pogoń Stettin, der mit mehreren U23-Spieler angetreten ist, (3:2) zuletzt wieder zwei Siege. Die Generalprobe bestreitet der HFC am kommenden Samstag unter Ausschluss der Öffentlichkeit gegen Dynamo Dresden.
Prognose: Mal schauen, ob sich der Ristic-Effekt noch ins neue Jahr übertragen lässt. Die Voraussetzungen stehen durchaus gut. Zumal – anders als im Vorjahr – alle Kaderpositionen doppelt besetzt sind. Völlig gebannt ist die Abstiegsgefahr aber vorerst nicht. Platz 12 bis 16.
Sportliche Lage: Mit Euphorie ging RWE ins Premierenjahr, übrig ist davon ziemlich wenig. Ein Stolperstart, das zwischenzeitliche Konsolidieren und eine wiederum sehr zähe, unbefriedigende Rückrunde prägten die Saison 2022/23. Viele Negativschlagzeilen häuften sich, Trainer Christoph Dabrowski geriet ins Visier der Fans, die Klubführung verteidigte ihn und fasste den Entschluss, Dabrowski auch in der neuen Saison zu vertrauen. Ein dickes Fell wird nötig sein – zumal auch die finanziellen Rahmenbedingungen nicht mehr so große Sprünge erlauben. Ein sattes Millionen-Minus präsentierte Geschäftsführer Marcus Uhlig zuletzt auf der Jahreshauptversammlung, unter anderem waren die Personalkosten überzogen worden. Rot-Weiss muss künftig viel effizienter werden, sonst droht neues Ungemach.
Transfers: 14 Spieler haben RWE verlassen, schmerzhaft war aber lediglich der Abschied von Top-Torjäger Simon Engelmann. Auf der anderen Seite ist spürbar, dass Essen keine großen Schritte gehen kann: Verpflichtungen wie die von Vinko Sapina (SC Verl) und die Leihe von Marvin Obuz (1. FC Köln) sind bislang die vielversprechendsten Namen, dazu kamen interessante Regionalliga-Talente (Ekin Celebi, Aaron Manu, Eric Voufack). Die feste Verpflichtung von Felix Götze ließ sich RWE eine kleine Ablösesumme kosten. Doch ob der ehemalige Augsburger künftig voll einschlägt, hängt aber auch davon ab, ob sein zuletzt sehr verletzungsanfälliger Körper mitspielt. Kommen sollen noch ein bis zwei Offensivspieler. Laut der "Bild" steht RWE vor der Verpflichtung von Nürnbergs Leonardo Vonic.
Vorbereitung: Gegen den VfB Bottrop (8:0), ETB SW Essen (5:2), FC Gütersloh (3:1) und Teutonia Ottensen (2:1) feierte RWE allesamt Pflichtsiege, ehe der erste Härtetest gegen Zweitligst Eintracht Braunschweig am Samstag verloren ging (0:1). Am Mittwoch folgt gegen Oberliga-Aufsteiger Adler Union Frintrop ein weiteres Testspiel gegen einen unterklassigen Klub, ehe der SC Verl am Samstag zur Generalprobe bittet.
Prognose: Im Vorjahr wurde der Klassenerhalt zu einer ganz knappen Sache. Indizien, warum das jetzt ganz anders laufen soll, gibt es bislang keine. Platz 13 bis 16.
Sportliche Lage: Pavel Dotchev will es nochmal wissen, und nach der erfolgreichen, aber doch irgendwie glanzlosen Rettungsmission im Vorjahr Erzgebirge Aue in eine gesunde Zukunft führen. Kann das beim langjährigen Zweitligisten gelingen, und wohin entwickeln sich die Erwartungen? Mehr als Mittelfeld zu verlangen, wirkt nach der Vorsaison vermessen. Der Kader hatte anfangs gewaltige Startprobleme, eine schnell erkannte Fehlbesetzung auf der Trainerposition tat ihr Übriges. Doch auch auf die lange Distanz genügte dieser FCE den eigenen Ansprüchen nicht. Um die Zuschauer zu halten, immerhin 7.700 kamen trotz der ziemlich tristen Spielzeit im Schnitt, muss im Schacht künftig eine neue Leidenschaft vermittelt werden.
Transfers: Nach sieben Jahren hat Dimitrij Nazarov das Erzgebirge verlassen, orientiert sich in Richtung seiner Heimat und wechselte nach Offenbach. Weitere Kreativköpfe wie Sam Schreck (Bielefeld) und Antonio Jonjic (Wehen Wiesbaden) gilt es zu ersetzen, die weiteren Abgänge betrafen eher keine Unterschiedsspieler. Bei neuen Spielern bediente sich Aue auffällig oft in der Regionalliga (Joshua Schwirten, Steffen Meuer, Sean Seitz, Louis Lord, Niko Vukancic). Top-Transfer ist Marcel Bär, der von 1860 München kommt – immerhin Schützenkönig der Saison 2021/22. Der ballsichere Mirnes Pepic (SV Meppen) soll die entstandenen Lücken im Mittelfeld kompensieren.
Vorbereitung: Nach zwei Kantersiegen gegen den BC Erlbach (10:1) und Fortschritt Lunzenau (20:0) gab es gegen Lok Leipzig (0:1) einen ersten Dämpfer. Mit einem 2:1 gegen den polnischen Erstligisten Slask Wroclaw zeigten die Veilchen aber eine Reaktion, auch die Viertligisten Carl Zeiss Jena (2:1) und Chemie Leipzig (1:0) wurden besiegt. Zum Abschluss der Vorbereitung warten gleich zwei Härtetests: Erst geht es gegen den 1. FC Köln (Samstag), denn wartet Fortuna Düsseldorf (Sonntag).
Prognose: Qualitativ hat der Kader eher nicht zugelegt, dafür probieren sich einige neue Talente bei den Veilchen. Die Hoffnung, sich wieder nach oben zu orientieren, bleibt erstmal vage. Platz 11 bis 13.
Sportliche Lage: Lange Zeit war die vergangene Saison eine mit Seuchencharakter, entsprechend groß war bis zum Frühjahr die Abstiegsgefahr. Trainer Christian Preußer musste gehen, Jan Zimmermann schaffte es mit den hohen Siegen über Zwickau und Duisburg, ein "Aha-Erlebnis" bei seinen etwas unzuverlässigen Talenten zu erzeugen. Platz 13 war dann akzeptabel, eine Saison mit souveränerem Charakter darf es dann aber doch sein. Helfen wird sicherlich, dass die wichtigsten Sanierungsmaßnahmen im Stadion Rote Erde abgeschlossen sind und der BVB künftig nicht mehr nach Wuppertal oder Oberhausen ausweichen muss.
Transfers: Ohne jährliche Fluktuation funktioniert eine U23 nicht, und so verabschiedeten die Schwarz-Gelben einige Spieler wie Can Özkan (Bielefeld) und Niklas Dams (Wuppertal). Justin Njinmah geht als Toptorjäger zurück zu Werder Bremen, seine Leihe ist ausgelaufen, die Kaufoption war dem BVB zu teuer. Neuer Routinier im Kader ist Ex-Zwickauer Patrick Göbel, die eigenen Talente verstärken werden zudem Paul Besong (Aue), Franz Roggow (St. Pauli), Ayman Azhil (Leverkusen) und der Karlsruher Felix Irorere. Mit dem Transfer von Duisburgs Julian Hettwer sorgte der BVB für Aufsehen, zumal angeblich 500.000 Euro geflossen sein sollen.
Vorbereitung: Die Amateurklubs Lüner SV (4:0) und ASC 09 Dortmund (2:1) wurden ohne größere Probleme geschlagen, auch gegen die U23 des FSV Mainz 05 ging der BVB als Sieger vom Platz (2:0). Einem 0:0 beim belgischen Zweitligisten SK Lommel folgt am Samstag die Generalprobe gegen die Go Ahead Eagles Deventer aus der Eredivisie.
Prognose: Viel Potenzial, aber genauso viele Unsicherheiten: Anders als der SC Freiburg II sind die Dortmunder eine absolute Wundertüte. Eine Bestätigung des Vorjahres scheint realistisch – für mehr muss der BVB erst sportlich konstante Überzeugungsarbeit leisten. Platz 11 bis 14.