Saisonprognose #2: Meppen, Duisburg, FCK, Türkgücü
Na endlich: Der Saisonauftakt rückt näher, wir bewegen uns allmählich in Richtung Normalität und dürfen auf ordentliche Zuschauerkulissen in den Stadien hoffen. Das steigert die Vorfreude auf das Drittliga-Jahr 2021/22. Wer wird oben mitspielen, wer muss den Abstieg fürchten, wer überrascht und wer droht zu enttäuschen? Im zweiten Teil geht es um diejenigen, die Klassenerhalt so gerade erreicht haben. Mancher von ihnen läutet nun einen Angriff auf ganz andere Tabellenregionen ein.
Sportliche Lage: Einmal in die Hölle und wieder zurück: Erst war der SV Meppen sportlich in der Regionalliga abgestiegen, dann ermöglichte der Rückzug des KFC Uerdingen das Comeback. Weil sich der SVM im gleichen Zeitraum sogar noch für den DFB-Pokal qualifizierte, war die miserable Saison plötzlich gerettet, das Jahr 2020/21 mit all seinen diskutablen Personalentscheidungen geht als mahnendes Beispiel ein. Nun heißt es: Zeit, vieles besser zu machen!
Transfers: "Königstransfer" David Blacha (30) vom VfL Osnabrück soll dem SVM-Spiel im Mittelfeld mehr Struktur verleihen, der erfahrene Linksverteidiger Max Dombrowka (29, Unterhaching) dürfte Hassan Amins Abgang kompensieren. Im Vergleich zum Vorjahr gingen keine absoluten Leistungsträger – es hatten sich allerdings auch nicht viele derart in den Vordergrund gespielt. Sechsmal schlug Meppen in der Regionalliga zu, interessantester Spieler darunter ist Serhat Koruk (25), der für Regionalliga-West-Absteiger Bergisch Gladbach bemerkenswerte 20 Tore erzielte. Auch Beyhan Ametov (Wuppertal), Morgan Faßbender (Chemie Leipzig), Tobias Dombrowa (Babelsberg), Jonas Fedl (Mainz II) und Ole Käuper (Bremen II) kamen aus der 4. Liga.
Vorbereitung: Einem lockeren Warmschießen gegen lokale Gegner folgte im 2:0-Sieg über Viertligist Lotte ein erster halbwegs aussagekräftiger Test, dem sich eine 1:5-Niederlage gegen Zweitligist SC Paderborn anschloss. Die Generalproben finden gegen Fortuna Köln (Freitag) und den niederländischen Zweitligisten Almere City (Samstag) statt.
Prognose: Ein abstiegsreifer Kader wurde leicht überarbeitet, vorrangig mit günstigen Hoffnungsträgern aus der vierten Liga. Große Sprünge sind damit nicht drin, der SVM muss einmal mehr aufpassen: Platz 14 bis 18 scheint realistisch.
Sportliche Lage: Das war ein merkwürdiges Jahr an der Wedau, geprägt erst von Abstiegssorgen, dann dem sportlichen Aufschwung, zum Saisonende ging dann wieder die Luft aus und beinahe wäre es brenzlig geworden. Trainer Pavel Dotchev hat seine Qualität in der 3. Liga etliche Male nachgewiesen und will nun auch aus dem MSV Duisburg wieder einen konkurrenzfähigen Klub machen – sonst hätte der ambitionierte Bulgare diesen Posten wohl gar nicht erst angenommen. Platz 15, das ist klar, muss ein Ausrutscher bleiben – zumal diese Spielklasse für den nicht auf Rosen gebetteten Verein auf Dauer alles andere als rentabel ist.
Transfers: An Erfahrung mangelt es den Zebras künftig definitiv nicht. Marvin Bakalorz (31) kommt mit großer Erst- und Zweitliga-Erfahrung, Weltenbummler Rolf Feltscher (30) war zwischen 2014 und 2016 bereits für den MSV aktiv. Sie gesellen sich zu den 34-jährigen Moritz Stoppelkamp und Aziz Bouhaddouz, die den Duisburgern ebenso wie Stammkeeper Leo Weinkauf (ein weiteres Jahr von Hannover ausgeliehen) treu bleiben. Unter den zehn Neuen bringen auch Kolja Pusch, Marvin Ajani und Leroy Kwadwo Profil mit. Hinzukommen hoffungsvolle Talente wie Alaa Bakir (BVB II), Niclas Stierlin (Unterhaching) und Chinedu Ekene (Hoffenheim II). Die 17 (!) abgegebenen Spieler, darunter der langjährige Duisburger Ahmet Engin, untermalen den großen Umbruch, doch bis auf Stürmer Vincent Vermeij (Freiburg II) und Linksverteidiger Arne Sicker (SV Sandhausen) hatte der Klub die Zügel selbst in der Hand, wollte sich verändern. Gesucht wird noch ein Abwehrchef.
Vorbereitung: Den 1. FC Köln (1:1), dazu demnächst noch Dortmund und Bochum im Rahmen eines Blitzturniers: An schlagkräftigen Gegnern mangelt es dem MSV vor dem Saisonstart nicht. Gegen den belgischen Erstligisten Beerschot gelang dazu ein 1:0-Sieg, nur der Auftakt gegen Oberligist Schonnebeck (2:4) ging daneben. Am Dienstag wartet Preußen Münster.
Prognose: Es muss und wird bergauf gehen. Aber auch die Tatsache, dass nur ein Drittliga-Trainer die Duisburger als Aufstiegsfavorit auf dem Zettel hat, zeigt: Wunderdinge sind noch nicht zu erwarten. Platz 6 bis 9 wäre eine gute Basis, um den Aufstieg 2023 anzupeilen. Mit Glück gelingt noch mehr.
Sportliche Lage: Es gibt Vereine, die gerne öfter im Blickpunkt stehen, mehr Schlagzeilen über sich lesen würden – und es gibt solche, die am liebsten einfach nur zur Ruhe kommen wollen. Wozu der 1. FC Kaiserslautern gehört, muss nicht näher erläutert werden. Mit den wenigsten Saisonsiegen (8) und etlichen Höhen und Tiefen mühte sich der FCK ins nun bereits vierte Drittliga-Jahr, nie sprang eine bessere Platzierung als Rang 9 heraus, die Tendenz ging sogar stetig bergab. Nun sind die Vorzeichen unter Trainer Marco Antwerpen mindestens ordentlich, unter den Fans keimte nach starken Transfers und einer guten Vorbereitung zuletzt Euphorie auf. Doch es gilt, Demut zu bewahren und die 3. Liga – so wie es im Endspurt der Fall war – endlich anzunehmen. Vom Aufstieg spricht öffentlich keiner – und dabei wird es wohl auch bleiben.
Transfers: Mit der Verpflichtung des 35-jährigen Mike Wunderlich von Viktoria Köln sorgte Lautern für Aufsehen – der Ausnahmespieler, der einst aufgrund einer Burnout-Erkrankung auf eine ambitioniertere Karriere verzichtete, will es noch einmal wissen. Antwerpen kennt ihn aus seiner Zeit in Köln, genauso wie René Klingenburg (27), der unter ihm in Münster seine mit Abstand beste Saison spielte. Sie könnten als sich ergänzendes Duo im zentralen Mittelfeld auflaufen. Bejubelt wurden die feste Verpflichtung von Betze-Eigengewächs Jean Zimmer (27) sowie die erneuten Leihen von Felix Götze (22) aus Augsburg und St. Paulis Marvin Senger. Auch der im Endspurt starke Stürmer Daniel Hanslik (24) bleibt an Bord, Muhammet Kiprit aus Uerdingen (21) soll die lange lahmende Offensive noch gefährlicher machen – zumal Top-Torjäger Marvin Pourié trotz seiner neun Tore in der Vorsaison keinen neuen Vertrag erhalten hat. Für Antwerpen stimmte das Gesamtpaket beim 30-Jährigen, der mehrfach angeeckt war, nicht. Der Abgang von Tim Rieder (Türkgücü) sollte kompensiert werden können, auch der wechselwillige Hikmet CiftCi dürfte zu ersetzen sein.
Vorbereitung: Die bisherigen Testspiele der Pfälzer können sich sehen lassen: Nachdem Jahn Zeiskam (8:0) und der FV Dudenhofen (5:2) souverän geschlagen wurden, gab es gegen Zweitligist SV Sandhausen ein deutliches 4:0. Die wichtigste Erkenntnis daraus: Vor allem spielerisch konnte der FCK überzeugen, die Zeiten von Rumpelfußball scheinen vorbei. Auf ein 1:1 gegen Unterhaching folgte anschließend ein Abbruch der Partie gegen den FC Obermais – Grund war ein Gewitter. Die Generalprobe bestreitet Kaiserslautern am Samstag gegen die U23 des VfB Stuttgart.
Prognose: Ein Drittel der Trainer, die sich festlegen wollten, zählt Lautern zum Favoritenkreis. Das kommt nicht von ungefähr, denn auch wenn dem FCK Demut und Bescheidenheit gelehrt wurden, sind Etat und Infrastruktur alles andere als Drittliga-Mittelfeld. Entsprechend wird der FCK die Blicke nach oben richten, der Aufstieg scheint in dieser Saison möglich. Platz 2 bis 6 ist drin.
Sportliche Lage: Alles ist ein bisschen undurchsichtig beim Münchner Verein, dessen Investor Hasan Kivran im Winter plötzlich vor dem Absprung stand, sich dann umentschied und nun wieder kräftig investiert. Ob das Projekt von Dauer ist? Weiterhin lässt sich aus der Ferne darüber kaum eine Prognose treffen. Klar ist: Die Personalpolitik war zuletzt geprägt von ungeheurem Ehrgeiz, Ex-Profi Petr Ruman nimmt nun auf dem heißen Trainerstuhl Platz, für ihn ist Türkgücü die erste Station als Chefcoach. Ihm wird klar sein: Nach Platz 13 im Vorjahr und einer schwachen Rückrunde hängen die Trauben im Süden wieder hoch. Ein Angriff auf die vorderen Plätze muss mit dieser Mannschaft möglich sein.
Transfers: Stolze 32 Spielerbewegungen (16 Zu- und 16 Abgänge) notiert der aufmerksame Beobachter, die Fluktuation beim Vorjahres-Aufsteiger war gigantisch. Darum heben wir kurz die wichtigsten Ereignisse hervor, zu denen etwa die kürzliche Verpflichtung des 35-jährigen Innenverteidigers Mervim Mavraj (158 Bundesliga-Spiele) von Erstliga-Aufsteiger Greuther Fürth zählt. Auch die übrigen Neuzugänge kennen fast alle die 3. Liga, teils auch höhere Spielklassen, so etwa Albion Vrenezi (27/Regensburg), Paterson Chato (24/Wiesbaden), Tim Rieder (27/Kaiserslautern), Philip Türpitz (29/Rostock) und der Schotte Andy Irving (21/Heart of Midlothian). Dazu gelang nach teils merkwürdigen Wechselpossen, in Stürmer Petar Sliskovic und Mittelfeldspieler Sercan Sararer zwei Unterschiedsspieler zu halten – Sararer sogar per Verlängerung. Fehlen wird Kilian Fischer (21/Rechtsverteidiger), der künftig für Nürnberg aufläuft.
Vorbereitung: Türkgücü absolvierte ein spezielles Pensum, angefangen mit dem bayrischen Landespokal, in dem sich die Münchner in drei Spielen für den DFB-Pokal qualifizierten. Zuletzt gab es noch Härtetests gegen Schachtar Donezk (1:2), den FC Ingolstadt (2:0) sowie den Karlsruher SC (0:0) – durchaus ordentliche Ergebnisse. Am Samstag wartet noch Zweitligist SSV Jahn Regensburg.
Prognose: Sollte man Türkgücü München auf der Rechnung haben? Definitiv! Auch wenn die Strukturen und das Transferverhalten verdächtig an manch gescheitertes Projekt der jüngeren Vergangenheit erinnern, so ist die Qualität im Kader nochmals deutlich gesteigert worden. Rang 4 bis 7 sollte man damit holen, auch ein Aufstiegsplatz scheint nicht völlig aus der Luft gegriffen. Türkgücü hat aber immer Spielraum nach oben als auch unten.
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