Saisonvorschau Arminia Bielefeld: Der gezwungene Topfavorit

Bevor die 3. Liga am Samstag, den 26. Juli in die neue Saison startet, blickt liga3-online.de auf die 20 Drittligisten und schätzt die Chancen der Teams ein. In der heutigen Ausgabe werfen wir einen Blick auf den DSC Arminia Bielefeld. Der letztjährige Zweitligist musste nach dem wohl bittersten Abstieg der gesamten Vereinsgeschichte eine völlig neue Mannschaft zusammenstellen, die ihr Gesicht und ihre Mentalität deutlich verändert hat. Während die Euphorie der Aufstiegssaison mit der Entlassung von Kult-Trainer Stefan Krämer endete, schien Norbert Meier das Ruder der Ostwestfalen im Saisonendspurt nochmal herumreißen zu können. Doch die 122. Minute der Verlängerung des Relegationsrückspiels schickte den Traditionsklub zurück in die 3. Liga. Nach einem gehörigen Kraftakt zum Erhalt der Lizenz für die Spielklasse, wollen die Fans und Verantwortlichen in der kommenden Saison wieder oben in der Tabelle angreifen.
Testspiele
Für die kommende Saison versuchen sich die Ostwestfalen nun gestärkt aufzustellen und vor taktisch zu verbessern. Die Eindrücke der bisherigen Testspiele sprechen dabei durchaus eine positive Sprache. Trotz der vielen Neuzugänge ist das Team schon gut eingespielt und hat sogar Bundesliga-Aufsteiger Paderborn mit 2:0 besiegen können. In den weiteren Tests gelangen Siege gegen Mannschaften wie Wattenscheid (1:0), Fichte Bielefeld (7:0), Stadtauswahlen (4:1) und weitere unterklassige Teams. Die einzige Niederlage setzte es beim Regionalligisten Wacker Nordhausen mit 2:3. Trainer Norbert Meier führte dies auf die kurz vor der Partie angesetzten Konditionseinheit der Mannschaft zurück. Auffälligster Spieler war in jedem Fall Rückkehrer Pascal Testroet, der in beinahe jedem Test unter den Torschützen zu finden war.
Neuzugänge
In den Kaderplanungen haben die Arminen sicherlich die mit Abstand namhaftesten Neuzugänge präsentieren können. Da Toptorjäger Fabian Klos auch in der 3. Liga stürmen möchte, setzen die Arminen voll auf den Wiederaufstieg. Ansonsten wären die Transfers von Alexander Schwolow, Daniel Brinkmann, Julian Börner, Peer Kluge, Christopher Hemlein, Sebastian Schuppan und Florian Dick kaum zu erklären. Kluge und Dick sind beide extrem erfahren sowohl in der ersten als auch der zweiten Liga. Auch Schuppan ist ein gestandener Zweitligaakteur, der für Dynamo Dresden bereits viele Spiele absolvierte. Mit Christopher Hemlein und Pascal Testroet – der an den VfL Osnabrück verliehen war – hat man außerdem zwei außerordentliche starke Außenspieler für den Kader gewinnen können. Um den Konkurrenzkampf in der Mannschaft und damit die Qualität zu erhalten, stehen in allen Mannschaftsteilen auch gleich mehrere Spieler an, die in die Startelf drängen.
Voraussichtliche Startelf
Sturm: Klos
Mittelfeld: Hemlein, Müller, Schütz, Kluge, Testroet
Abwehr: Schuppan, Börner, Burmeister, Dick
Tor: Schwolow
Wichtigster Spieler
Aufgrund der enormen Qualität im Kader lässt sich sicherlich nicht ein einzelner Spieler als wichtigste Stütze festmachen. Vielmehr besteht das Gerüst der Mannschaft aus rund fünf Spielern, die bei Norbert Meier wohl gesetzt sein dürften. Dazu zählen Rechtsverteidiger Florian Dick, die beiden defensiven Mittelfeldspieler Schütz und Kluge sowie Toptorjäger Fabian Klos. Momentan nicht dabei ist Kapitän Manuel Hornig, der aber in der Mannschaftsplanung auch nicht zu vergessen ist und bei seiner Rückkehr sicher auch seinen Stammplatz in der Innenverteidigung fordern wird. In jedem Fall ist der DSC auf nahezu allen Positionen gleich oder besser besetzt, als in der letzten Saison der 2. Bundesliga.
Stärken
Ein ganz großes Plus der Blauen stellt sich in der Vorbereitung klar heraus. Die Abhängigkeit von Fabian Klos scheint nicht mehr so gravierend zu sein. War in der letzten Saison ein Spiel ohne den Toptorjäger kaum möglich, so hat man nun wesentlich mehr Optionen in der Offensive. Pascal Testroet schoss in der Vorbereitung Tore am Fließband und mit Hemlein und Müller hat man enorme Mittelfeldqualität hinter den Spitzen. Selbst die beiden Außenverteidiger Dick und Schuppan haben in der Vorbereitung oder den vergangene Jahren ihre Gefahr in der Offensive bewiesen. Es dürfte somit für die Gegner kaum auszurechnen sein, auf wen sich die Verteidiger der Gegner einstellen soll.
Schwächen
Dies ist aber auch gleich eine der größten Gefahren für die neue Saison. Mag es unter Stefan Krämer vielleicht an Qualität in der Mannschaft gemangelt haben, so hatte er die Spieler zu einer verschworenen Einheit geformt. Kaum ein Team im deutschen Profifußball hatte so ein starkes Gemeinschaftsgefühl wie die Arminen. Nur so war der Aufstieg aus der 3. Liga überhaupt möglich geworden. Durch die vielen namhaften Neuzugänge könnte dieses Gefüge nun etwas brechen, da die "Stars" der Mannschaft sich über die unerfahrenen und jungen Spieler stellen könnten. Die Mentalität ist aber nun mal eine der Haupttugenden in der 3. Liga und ohne diese ist ein erfolgreicher Fußball wohl auch nicht möglich.
Trainer
Mit Norbert Meier hat man aber einen derart erfahrenen Trainer an der Seitenlinie, dass er diese Probleme wohl aussortieren kann. Seine Handschrift zeigte sich nicht nur in den letzten Spielen der abgelaufenen Saison, sondern auch in der Vorbereitung auf die neue. Das Augenmerk liegt klar auf der Physis und den einfachsten Techniken, die den Spielern oftmals abgegangen waren. Bei seinem Antritt in Bielefeld sprach er davon, dass man erstmal die Ballannahme lernen müsse, bevor man an Taktik denken darf. Auch in Sachen Transfers zeigt sich die Erfahrung des Ex-Düsseldorfers. Er setzt auf Qualität und Erfahrung anstatt auf den reinen Zusammenerhalt des Aufstiegsteams. Trotz der Beliebtheit von Vorgänger Stefan Krämer scheinen die Arminen die Arbeitsweise des neuen Trainers langsam zu erkennen und zu akzeptieren.
Prognose
Bei all den Entwicklungen in der Liga und bei der eigenen Mannschaft kommen die Bielefelder nun nicht mehr um den Titel des "Aufstiegsfavoriten" herum. Auch wenn man davon bei den Verantwortlichen nichts wissen will, so ist man als Absteiger immer ein Anwärter auf den Wiederaufstieg. Die personellen Veränderungen in derartiger Qualität und die Erfahrung des Trainergespanns sorgen für eine neu "Jetzt-erst-recht"-Euphorie rund um Bielefeld. Dank der großen Investitionen von Sponsor Gerry Weber hat man nun auf dem Papier die stärkste Mannschaft der Liga. Allerdings sorgt dies für einen immensen Druck auf das Team. Ob es diesem standhalten kann, wird sich erst zeigen. Dennoch ist es gut möglich, dass Arminia Bielefeld im Mai den Weg zurück ins Fußball-Unterhaus antreten wird.
FOTO: Paul Huxohl