Saisonvorschau Erfurt: Nicht schon wieder Abstiegskampf

Bevor die 3. Liga am 29. Juli in die neue Saison startet, wirft liga3-online einen Blick auf das Teilnehmerfeld: 20 Drittligisten gehen mit Chancen, Risiken und Erwartungen in die neunte Auflage der eingleisigen Drittklassigkeit, wir schätzen die Möglichkeiten und Gefahren der Teams ein. In diesem Text schauen wir auf den FC Rot-Weiß Erfurt.

So lief die Vorbereitung

Zehn Testspiele standen auf dem Sommerfahrplan von Rot-Weiß Erfurt, neun davon wurden bereits absolviert. Wiederum sechs dieser neun Partien absolvierte Erfurt in der direkten Umgebung gegen unterklassige Vereine, „Heimspieltour 2016“ nannte sich dieses Extremprogramm mit sechs Spielen in sechs Tagen, die RWE allesamt deutlich und teils enorm hoch (28:0 über den VfB Artern, 28:1 über die SV Großenehrich) für sich entscheiden konnte – der sportliche Wert sei dahingestellt. Jüngst verloren die Rot-Weißen nämlich eine Begegnung gegen den Regionalligisten Wacker Nordhausen mit 2:3. Kurz darauf musste man sich dem dänischen Zweitligisten Hobro IK 0:1 geschlagen geben. Es folgt noch der Test gegen Hessen Kassel (23.07.).

Zugänge Abgänge
Aloy Ihenacho (FC Ingolstadt II) Sebastian Szimayer (Eintracht Trier)
Liridon Vocaj (Würzburger Kickers) Juri Judt (SV Seligenporten)
Christopher Bieber (Würzburger Kickers) Julian Löschner (Schweinfurt 05/ Leihe)
Mikko Sumusalo (RB Leipzig II) Marc Höcher (Helmond Sport)
Jonas Struß (RW Erfurt U19) Amer Kadric (SC Wiedenbrück / Leihe)
Maximilian Pommer (RW Erfurt U19) Fabian Burdenski (FSV Frankfurt)
Paul Büchel (Germania Halberstadt)
Patrick Twardzik (Germania Halberstadt)

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Bewertung der Transfers / Wer soll noch kommen?

Acht Abgängen stehen bei RWE sechs Neuverpflichtungen entgegen – davon zwei aus der eigenen Jugend. Die Anzahl der Feldspieler hat sich allerdings kaum verändert, und auch das Kadergefüge weist nur geringe Unterschiede auf: Rot-Weiß konnte alle Stammspieler halten, selbst Okay Aydin unterschrieb nach langem Hin und Her kürzlich einen neuen Einjahresvertrag. Christopher Bieber und Aloy Ihenacho sollen Sebastian Szimayer und Marc Höcher ersetzen, Liridon Vocaj Juri Judt – den wohl schmerzvollsten Abgang bei den Rot-Weißen. Mikko Sumusalo soll die Problemzone links in der Defensive lösen, denn Fabian Hergesell überzeugte im ersten Jahr nicht restlos und fällt nun auf unbestimmte Zeit aus. Oft musste Luka Odak auf links ausweichen. Mit 23 Akteuren, davon 21 Feldspielern, ist Rot-Weiß Erfurt allgemein dünn besetzt. Dennoch ist der Kader ausgewogen bestückt, unmittelbare Verpflichtungen stehen nicht bevor.

Auf diesen Spieler sollte man achten: Christopher Bieber

Christopher Bieber war immerhin jahrelang Torjäger in der Regionalliga Bayern, erzielte dort 51 Tore (!) in drei Spielzeiten. Im Aufstiegsjahr der Würzburger Kickers wollte ihm wenig gelingen, dennoch könnte Erfurt durch ihn weiter an Stärke in der Offensive zugelegt haben. Ein Glücksgriff, weil Würzburg seinen Aufstiegshelden von 2015 nicht mehr benötigt? Es wäre zu schön, um wahr zu sein – und doch kommt Bieber mit der Empfehlung der oben genannten Toranzahl, und das ist nicht die schlechteste. Rot-Weiß Erfurt darf gespannt sein, wie sich der 27-Jährige schlagen wird.

Stärken und Schwächen

Hohe Klasse besitzt Rot-Weiß Erfurt nach wie vor in der Offensive, speziell durch zwei Personen: Okay Aydin und Carsten Kammlott. Während Aydin durch seine genialen Momente in der Ballverteilung, aber auch durch äußerst präzise Standards glänzt, ist Kammlott der Vollstrecker in der Offensive. Mit zehn respektive zwölf Toren in den letzten beiden Spielzeiten dürfte der 26-Jährige seine eigenen Erwartungen womöglich noch nicht einmal restlos erfüllt haben – bei seinen Veranlagungen wäre auch eine Saison mit 15 bis 20 Treffern im Bereich des Möglichen.

Schwächen sind auf einer bestimmten Position nicht auszumachen. Sicherlich ist Erfurt als Gesamtkonstrukt kein Anwärter auf die vordersten Plätze, die individuelle Klasse liegt bei anderen Teams nochmals ein Stück höher. Eventuell muss in der Innenverteidigung abgewartet werden, ob der mittlerweile 32-jährige André Laurito eine weitere Saison auf Drittliganiveau absolvieren kann und der in der Rückrunde bärenstarke Jens Möckel diese Form bestätigt. Nur dann besitzt Erfurt auch auf dieser Position mehrere adäquate Optionen.

Die Erwartungen der Fans

Und täglich grüßt das Murmeltier! Die Fans von Rot-Weiß Erfurt empfinden selbstverständlich große Vorfreude auf die Saison 2016/2017 – schließlich wird es die erste Spielzeit im „neuen“ Steigerwaldstadion sein. Das bedeutet: Mehr Zuschauer, mehr Komfort und vor allem bessere, lautere Stimmung. Nur eines sollte die Mannschaft von Stefan Krämer dabei bedenken: Bitte nicht wieder Abstiegskampf. Auch wenn die vergangene Spielzeit letztendlich früh genug in die richtige Richtung lief, so wurde doch deutlich mehr gelitten als nötig. Gerne würden sich die Anhänger einen derart traurigen Herbst wie Ende 2015 ersparen.

Fazit

Rot-Weiß Erfurt hat seinen Kader im Vergleich zur Vorsaison nur geringfügig verändert – aber war ein großer Umbruch überhaupt von Nöten? Stefan Krämer zeigte schließlich in der Rückrunde eindrucksvoll, dass die Mannschaft ohne Probleme konstant gute Leistungen abliefern kann und innerlich gefestigt ist. Natürlich spielt immer auch das liebe Geld eine Rolle, denn große Versprechungen können die Verantwortlichen von RWE nicht machen. Das hängt unter anderem mit dem erneuten Verpassen des DFB-Pokals zusammen. Nichtsdestotrotz ist es gelungen, alle Schlüsselspieler an sich zu binden – eine wichtige Nachricht, die die kommende Spielzeit in Erfurt deutlich besser planbar macht.

Prognose

Kurios verlief die letzte Spielzeit, in der Rot-Weiß Erfurt den achten Platz belegte – keine zehn Spieltage vor dem Saisonende hatte man sich aber noch ernsthafte Gedanken um den Ligaverbleib machen müssen. Was ist nun 2016/2017 möglich? Schwer zu formulieren, zwischen Aufstiegs- und Abstiegskampf kann RWE für gewöhnlich überall mitmischen. Weder für ganz unten noch für ganz oben wird es allerdings reichen: Wir prognostizieren einen sicheren Mittelfeldplatz zwischen Rang 8 und Rang 12 – damit dürfte sich auch Erfurt anfreunden können.

 

 

   

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