SC Verl: Neuer Trainer, alte DNA – und eine starke Entwicklung

Nicht erst seit einer Englischen Woche, die mit zwei Siegen und 8:1 Toren endete, wird der SC Verl einmal mehr seiner im vierten Drittliga-Jahr gut bekannten Rolle gerecht: Keiner braucht die Ostwestfalen zu unterschätzen – nun belohnen sie sich nach anfänglichen Schwierigkeiten mit beachtlichen Ergebnissen. Dabei gab es vor dem Saisonbeginn einige unbekannte Variablen.

Riskante OP im Sommer

Die größte davon war, na klar: der Trainer. Alexander Ende kam im Sommer von der U19 Borussia Mönchengladbachs, doch ein ganz normaler Tausch auf dieser so wichtigen Position war es ja längst nicht gewesen: Kurz vor dem Start der Saisonvorbereitung ließ sich der SCV bereitwillig das Herz seiner Vorjahresentwicklung herausoperieren, gab Erfolgscoach Mitch Kniat an den großen Nachbarn Arminia Bielefeld ab – und ließ sich die Organspende mit einem sechsstelligen Betrag kräftig bezahlen. Gegen alle müden Wortspiele kämpfte Ende an, erst recht, als sich an der Poststraße nach drei Auftaktniederlagen so mancher den "Anfang vom Ende" im Drittliga-Zirkus zuflüsterte.

Mittlerweile ist klar: Das Spenderherz, das auf eigenen Wunsch in Bielefeld landete, arbeitet noch längst nicht so stabil wie das, das erstmals Drittliga-Blut durch die Adern der Sportclub-Mannschaft pumpt. Ende ist ein deutlich ruhigerer Vertreter als Kniat, fachlich kann er seinem Vorgänger aber allemal nacheifern. Was der 44-Jährige richtig machte: Er horchte schnell in die Mannschaft, die Kniat ein Jahr zuvor nahezu blind vertraute und die im Zusammenspiel mit ihrem Coach ein dominantes, mutiges und zuweilen hochriskantes Spiel aufzog.

Ende setzt auf ähnliche Elemente

Ein feuriges Fußballsüppchen war das an einem kleinen und unscheinbaren Standort, den die Fußballgourmets eher übersahen. Wo sich andere mehr für ihre Fankultur rühmen durften, stand der SC Verl für seine außergewöhnliche Fußballidee – und genau daran rüttelte Ende nicht, sondern legt weiterhin, begonnen beim Torhüter, auf spielerische Elemente Wert. Das beeindruckende Zwischenergebnis: 21 erzielte Tore sind Topwert der 3. Liga. Beeindruckend für einen Tabellenzwölften.

Etwas Geduld war in den Auftaktwochen gefragt. Drei Spiele, drei Niederlagen: Das kratzte am Selbstverständnis, das war ein astreiner Fehlstart. Zweimal vergeigten die Verler eine Führung, in Saarbrücken ja sogar einen 3:1-Vorsprung. Nun, nach zehn Spieltagen, kann das Gesehene eingeordnet werden: FCS, Regensburg und Viktoria Köln zählen zu den ausgewogensten, stärksten Gegnern der noch jungen Saison. Jede knappe Niederlage konnte so entstehen. Dass sie geballt unterliefen, war ärgerlich, ist aber aufgrund der folgenden 13 Zähler in sieben Partien längst vergessen. Verl ist happy, auch weil die Heimspiele endlich wieder im eigenen Stadion an der Poststraße stattfinden – und das erste fette Highlight-Kapitel vor einer Woche geschrieben wurde, als jene Arminia, betreut von Mitch Kniat, den effizienten Hausherren mit 1:3 unterlag.

Batista Meier ist nicht der einzige Unterschiedsspieler

Der "Derbysieg" war bemerkenswert, doch der SC Verl setzte bekanntlich noch einen drauf: Ein 5:0-Kantersieg bei Rot-Weiss Essen, der höchste der noch jungen Klubgeschichte im deutschen Profifußball, hievte Verl endgültig ins Mittelfeld – und aufs Radar sämtlicher anderer Klubs. Denn nicht nur der an diesem Tag und überhaupt in dieser Saison überragende Oliver Batista Meier, mit sieben Treffern und vier Vorlagen derzeit Topscorer der 3. Liga, ist ein Unterschiedsspieler. Auch Stürmer Lars Lokotsch, der das Potenzial zum im Vorjahr noch so bitter fehlenden effizienten Strafraumstürmer mehr als nur andeutet, ist nach seinem Wechsel von Viertligist Fortuna Köln voll eingeschlagen. Sechser Marcel Benger, Ersatz für den nach Essen abgewanderten Vinko Sapina und absoluter Wunschspieler von Ende, darf ebenso hervorgehoben werden – wobei nach wie vor nichts ohne seinen Nebenmann und Kapitän Mael Corboz geht, der sportlich wie charakterlich für den Klub unersetzlich ist.

Schöne Momentaufnahmen, nicht mehr und nicht weniger: Das sollte das Motto dieser Tage sein. Denn noch im Oktober warten vier knackige Pflichtspiele, darunter das Landespokalderby beim Regionalligisten SC Wiedenbrück – gerne würde der SC Verl mal wieder am DFB-Pokal teilnehmen, wo er zuletzt in der Saison 2019/20 bis ins Achtelfinale vorstieß. Dazu warten mit Ingolstadt und Sandhausen zwei Kontrahenten, die am völlig anderen Ende der Etattabelle stehen, sowie abschließend ein Heimspiel gegen Aufsteiger Lübeck – hier liegen die wahrscheinlichsten Punkte auf dem Teller, allerdings wartet dort auch die ungewohnte Favoritenrolle. "Demütig und gierig bleiben", gibt Trainer Ende vor. Ein Einstellung, die die einmal mehr eingeschworene und in diesem Jahr auch sehr eingespielte Verler Elf gerne in die nächsten Wochen tragen wird.

   

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