Schlusslicht TSV Havelse: Ein aussichtsloser Kampf?

Ziemlich genau ein Drittel der Saison ist absolviert, und während drei der vier Drittliga-Aufsteiger mit einem Abstand von vier Punkten zueinander die Varianz des Mittelfelds abbilden, muss einer schon jetzt Federn lassen: Bei Schlusslicht TSV Havelse treten die Qualitätsprobleme offen zu Tage – und der Klassenerhalt rückt derzeit Woche für Woche in weitere Ferne.

Schon 32 Gegentore

Yannik Jaeschke visierte den Zweikampf an, holte aus und traf auch. Allerdings nur seinen Gegenspieler, den Braunschweiger Jomaine Consbruch – und das auf schmerzhafteste Weise oberhalb des Knöchels. Die Folge war unvermeidbar: Der Platzverweis nach 52 Minuten kostete den TSV Havelse im Niedersachsenduell mit der Eintracht, die wie jeder Gegner der 3. Liga favorisiert zu den Garbsenern fährt, auch die letzte kleine Chance beim Stand von 0:1. Später rollten die Angriffe von links, von rechts, durch die Mitte, überall fand der BTSV seine kleinen Lücken, immer wieder ging es schlicht zu schnell für den Liganeuling. Unter dem Strich stand ein 0:4. Einmal mehr war mentale Stärke gefragt, die nächsten heftigen Rückschlag zu verdauen.

Es ist nicht so, als wären die Havelser den Kummer nicht gewohnt. Das 0:6-Debakel gegen den 1. FC Kaiserslautern liegt erst drei Wochen zurück, danach gab es fünf Gegentore vom Verler Sportclub, nun noch vier aus Braunschweig. Ein Verbesserungstrend lässt sich da nur mit arg sarkastischer Beinote erkennen. Die 32 Gegentore, die sich mittlerweile angehäuft haben, sind mit Abstand der schwächste Wert aller Drittligisten. Muss die Mannschaft von Rüdiger Ziehl in diesem Tempo weiter Bälle aus dem Netz holen, geht es zum Saisonende wohl in Richtung Dreistelligkeit. Der kurze Aufwärtstrend aus dem September, der mit zwei Siegen über Köln (1:0) sowie in Berlin (3:4) einhergegangen war, liegt auch schon wieder lange zurück. Die Realität holt den TSV ein: sieben Punkte, ebenso viel Rückstand auf die Klassenerhaltszone, dazu das miserable Torverhältnis von minus 22 Treffern. "Wir gehen seit zwei Spieltagen nicht richtig zur Sache. Das müssen wir schleunigst ändern. Die 3. Liga ist ekelig und robust – das fehlt uns derzeit", so Keeper Norman Quindt nach der Niederlage gegen Braunschweig bei "MagentaSport".

Punkteschnitt von 1,5 jetzt nötig

Abzulesen ist, dass die 3. Liga und Havelse bislang nicht zusammenpassen. Dass die Ziehl-Elf längst nicht immer chancenlos ist, verrät die Gesamtbilanz nicht. Das 4:3 in Berlin, auch das 3:5 als Gast des SC Verl haben verdeutlicht: Havelse spielt trotz des geringsten Etats und der damit verbundenen begrenzten individuellen Klasse mutigen Fußball. In vielen Spielen hapert es nicht am Spielerischen, sondern vielmehr an der Balance – gerade in der Fremde aber kann der TSV seine Nadelstiche setzen und ein attraktives Spiel bieten. Beschreibungen, die Trainer Ziehl selbst kaum noch hören kann, solange die Ergebnisse ausbleiben. "Ich finde es immer schlecht, wenn ich nach dem Spiel ein Kompliment vom gegnerischen Trainer bekomme", sagte er zuletzt dem "Sportbuzzer" vor der Braunschweig-Partie. Gerne würden die Havelser, aufgestiegen nach nur neun Ligaspielen in der Abbruch-Saison 2020/21 samt Aufstiegs-Playoff gegen Schweinfurt, mehr sein als ein sympathischer, aber abgeschlagener Underdog. Doch wer zehn von 13 Spielen verliert…

Schon die kommenden Wochen werden maßgeblich sein für den weiteren Saisonverlauf. Für die 45-Punkte-Marke, bei der sich wohl auch in diesem Jahr die Trennlinie zwischen dritter und vierter Liga befinden wird, braucht Havelse schon jetzt 1,52 Punkte aus den restlichen 25 Spielen. Beispiele für grandiose Aufholjagden gibt es immer mal wieder, man erinnere sich an Eintracht Braunschweig in der Saison 2018/19, die nach 18 Spieltagen bei erst zehn Pünktchen standen. Dort aber war Geld da für starke Wintertransfers, das Havelse nicht hat. Auch der zwangsweise Umzug in die völlig überdimensionierte Hannoveraner Arena, die den Heimvorteil eliminiert, kann für den Turn- und Sportverein kein Vorteil sein. Kurzum: Das Wunder, das vor der Saison angepeilt worden ist, muss nun noch ein bisschen größer ausfallen. Unabhängig vom Ausgang ist den Havelsern für ihre Herangehensweise an die 3. Liga unter schwersten Bedingungen aber großer Respekt zu zollen.

   

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