SSV Jahn Regensburg: Zurück in der Zukunft
Am Samstag bittet Jahn Regensburg Holstein Kiel zum heißen Aufstiegs-Tanz! Wenn der Vierte den Zweiten empfängt, darf man ein Spitzenspiel erwarten, erst recht, wenn man sich die Offensivreihen der beiden Teams ansieht. Dass Regensburg bis zum Schluss oben mitmischt, überrascht – am meisten wahrscheinlich die Regensburger selbst. Doch man macht sich keinen Druck: In der Oberpfalz genießt man den Moment und freut sich an der guten Saison. Vielleicht ist das ja der Schlüssel zum Aufstieg?
Jahn im Duell um die vorderen Plätze
Der Abstieg 2015 war ein bitterer Betriebsunfall. Seit Jahren freute man sich in Regensburg eigentlich auf das neue Stadion, das den Verein infrastrukturell und finanziell in der 3. Liga konkurrenzfähig machen sollte, mittelfristig wollte man den Wiederaufstieg in die 2. Bundesliga anvisieren. Man hatte hohe Ziele, sah in der Arena die Chance für eine rosige Zukunft – doch es sollte anders kommen. Nach sieben Jahren im Profifußball musste der Jahn plötzlich nach Buchbach und Rain am Lech tingeln, das nagelneue Stadion musste gegen Aschaffenburg eingeweiht werden. Doch der Betriebsunfall wurde schnell korrigiert, erstmals seit Einführung der Relegation schaffte es ein Absteiger, direkt wieder in die 3. Liga zurückzukehren. Die Aufstiegsspiele gegen Wolfsburg II standen unter dem Motto „Zurück in die Zukunft“; man wollte wieder aufsteigen, um mit dem Stadion im Rücken die ursprünglichen Visionen anzugehen.
Jetzt ist der Jahn genau in dieser Zukunft, in der er zurück wollte, er hat ein Spitzenspiel gegen Holstein Kiel vor der Brust und spielt um den Aufstieg ins Fußball-Unterhaus mit – und das schneller, als es jemand hätte ahnen können! "Vor der Saison haben wir hier noch diskutiert, ob unser Kader überhaupt drittligatauglich ist“, sagt ein sichtlich erfreuter Trainer Heiko Herrlich öfter auf Pressekonferenzen, um die Dimensionen aufzuzeigen. Der Jahn, ein Aufsteiger, dem keiner etwas zugetraut hatte (nicht mal in Regensburg selbst), ist im Duell mit den Aufstiegsaspiranten Magdeburg und Kiel um wohl noch einen freien Aufstiegs- und den Relegationsplatz. Vielleicht mischt Osnabrück noch mit, ebenfalls ein größerer Aufstiegsaspirant, als Jahn Regensburg.
Herrlich: "Wir spielen eine sehr gute Saison!“
Doch niemand an der Donau wird Gefahr laufen abzuheben. "Wir sollten am Boden bleiben und bescheiden – wir wissen, wo wir herkommen“, sagt Herrlich. Der 45-jährige, erfahrene Fußballlehrer verschwendet keinen Gedanken an den Aufstieg, will nur von Spiel zu Spiel schauen, getreu seinem "Beppo-Prinzip". Er ist sich sicher: "Am Ende werden andere oben stehen, die, die die wenigsten Gegentore kassiert haben. Und dazu gehören wir nicht.“ Seine Mannschaft ist kein Favorit im Aufstiegsrennen, und doch ist sie ganz dick im Geschäft. "Wir spielen eine sehr, sehr gute Saison“, registriert Herrlich. Von zwei verlorenen Punkten möchte er nach dem 1:1 in Wiesbaden deswegen nicht sprechen, als Kolke gleich zwei Jahn-Elfmeter in der Schlussphase parierte. "Wenn die Heimmannschaft einen Punkt gegen uns, den Aufsteiger, wie die Meisterschaft feiert, dann macht mich das ein Stück weit stolz und glücklich und sagt einiges darüber aus, was diese Mannschaft in dieser Saison leistet!“
Was in die Saison passt ist, dass Kolja Pusch gegen Kiel ausfällt. Der Spielmacher sah in Wiesbaden seine fünfte gelbe Karte und ist gesperrt. Neben Oliver Hein, Alexander Nandzik und Andreas Geipl bereits der vierte, eigentlich unverzichtbare Spieler – doch der Jahn hat im Laufe der Spielzeit gelernt, mit schwierigen Situationen umzugehen. 20 Punkte nach Rückstand ist ein absoluter Topwert in der Liga, drei Niederlagen nach einer Führung allerdings auch. Man sieht deutlich: Die Mannschaft fühlt sich in der Rolle des Außenseiters einfach wohler. Das zeigen auch die vier Punkte, die vor kurzem in Duisburg und Magdeburg geholt wurden. Jeweils nach Rückstand und jeweils in Unterzahl! Vielleicht ist es ganz gut, dass die Kieler den SSV vor diesem Spitzenspiel in der Tabelle wieder überholt haben?
Regensburg wird Spitzenspiel genießen
Aber allein, dass die Oberpfälzer dieses Spiel in dieser Konstellation austragen können, ist ein Erfolg und Grund für Freude. Auch gegen Kiel ist zwar der Sieg das Ziel, allerdings nicht, weil man den Aufstieg vor Augen hat, sondern weil mal jedes Spiel gewinnen möchte. Die Regensburger können als Überraschungs-Vierter befreit aufspielen und das Topspiel in allen Facetten genießen. Und sollte gegen Kiel gepunktet werden, steht die Herrlich-Elf auch drei Spieltage vor Schluss noch ganz dick im Aufstiegsgeschäft, ohne jeglichen Druck! Er macht heuer einfach Spaß, der Jahn. Und wer weiß, vielleicht ist das genau das kleine Detail, das am Ende den Aufstieg bedeutet. Sicher ist auf alle Fälle: Der SSV Jahn ist zurück in der Zukunft.