Steffen im Interview: "Aufstieg spielt gar keine Rolle"
Im Interview mit liga3-online.de spricht Horst Steffen, Trainer des Spitzenreiters SV Elversberg, über die herausragende erste Saisonhälfte, was ihn dabei am meisten überrascht hat, mögliche Verbesserungen in der zweiten Saisonhälfte sowie die neue Zielsetzung für die restliche Spielzeit.
"Mannschaft lebt das Wir-Gefühl"
liga3-online.de: Mit etwas Abstand zum letzten Ligaspiel vor rund einem Monat: Haben Sie mittlerweile verarbeitet, was Sie mit der SVE in der ersten Halbserie geleistet haben, Herr Steffen?
Horst Steffen: Das war tatsächlich gar nicht so schwer. Das liegt natürlich auch daran, dass wir als Trainerteam und auch mit der Mannschaft zwischendurch immer unsere aktuelle Lage analysiert haben. Selbstverständlich blicke ich aber sehr gerne auf die bisherige Spielzeit zurück. Wir haben uns die komplette Zeit als Mannschaft präsentiert und dabei immer wieder schöne Situationen und Momente kreiert.
Vor der Saison lag der Fokus vor allem darauf, die Spieler an die 3. Liga heranzuführen. Wie erklären Sie sich, dass es scheinbar so unproblematisch funktioniert hat?
Wir haben viele gute Spieler in den eigenen Reihen, die das Zeug haben, in der 3. Liga zu bestehen. Darüber hinaus hatten wir während der Sommerpause gut gearbeitet und uns bestmöglich auf das neue Abenteuer in der dritthöchsten Spielklasse vorbereitet. Da der Profifußball für einige Spieler Neuland ist, ist auch die Neugierde auf jede einzelne Partie groß. Um aber zu erklären, warum es bislang so gut läuft, müssen aber auch weitere Aspekte abseits des Platzes beachtet werden. Es ist wichtig, dass zu jeder Zeit ein gutes Klima innerhalb der Mannschaft herrscht. Jungs, die auf der Bank Platz nehmen, gönnen es ihren Mitspielern, in der Startelf zu stehen. Wir haben Charaktere in der Mannschaft, die das Wir-Gefühl leben. Und nicht zu vergessen: Wir hätten kaum einen besseren Start in die neue Saison erwischen können. Nachdem wir bei Rot-Weiss Essen nach den ersten 26 Minuten mit vier Treffern bereits für ein Spektakel gesorgt hatten, wurde eine besondere Dynamik entfacht.
Gab es einen Moment oder eine Phase, der Sie besonders überrascht hat?
Es war nicht der eine Moment, der mich überrascht hat. Vielmehr hat mich die Konstanz und die Art und Weise verblüfft, wie wir Woche für Woche aufgetreten sind. Für einen Aufsteiger ist es nicht selbstverständlich, so dominant aufzutreten.
War es ein Vorteil, dass Sie den Großteil der Aufstiegsmannschaft beisammengehalten haben?
Ein Aufstieg schweißt eine Mannschaft immer zusammen. Die Jungs, die in der vergangenen Spielzeit letztlich auch für den Gang in die 3. Liga sorgten, haben es sich verdient, auch in diesem Jahr eine tragende Rolle zu spielen. Für einige Spieler ist der Profifußball dabei absolutes Neuland.
"Anspruch kann nicht mehr der Klassenerhalt sein"
Finden Sie trotz der überragenden Leistung dennoch ein Haar in der Suppe?
Für einen Trainer gibt es immer Situationen, die etwas besser ablaufen könnten. Keine Frage: Wir haben eine absolut tolle Saison gespielt, in der wir sehr vieles richtig gemacht haben. Manchmal gab es aber Momente, in denen wir zum Beispiel vor dem gegnerischen Tor nicht konsequent genug waren, die Laufwege nicht genau gepasst haben oder wir im Gegenpressing nicht effektiv genug waren. Das sind Punkte, die wollen wir in den nächsten Tagen und Wochen mit der Mannschaft besprechen und Lösungen finden. Es ist wichtig, dass wir weiter fokussiert arbeiten und bis zum Restrundenstart wieder die Leistungsfähigkeit erlangen, die uns in der bisherigen Spielzeit so stark gemacht hat.
Bis zum Restrundenstart liegen noch rund vier Trainingswochen vor Ihnen. Wie wollen Sie die Zeit nutzen?
Erst einmal wollen wir an konditionellen Aspekten arbeiten. Wir müssen eine Intensität an den Tag legen, mit der wir auch weiterhin in der 3. Liga Spiele gewinnen können. Im nächsten Schritt wollen wir die Dinge wiederholen, die uns bislang stark gemacht haben, um diese Eigenschaften weiter zu festigen. Außerdem geht es während der Wintervorbereitung darum, die Lust auf’s Verteidigen wieder zu wecken. In den Testspielen gegen die TSG Hoffenheim, den französischen Zweitligisten FC Metz und unserem Ligakonkurrenten FC Viktoria Köln wollen wir versuchen, das Erlernte auch auf hohem Niveau umzusetzen.
Wie sieht es personell aus? Wird sich in der Winterpause auf dem Transfermarkt noch etwas tun?
Nach aktuellem Stand haben wir keine Notwendigkeit, auf dem Transfermarkt tätig zu werden. Und dennoch halten wir den Markt im Auge und schauen, ob sich vielleicht etwas ergibt. Wir haben aber eine gute Truppe beisammen, mit der wir voll und ganz zufrieden sind.
Die SVE ist mit dem Ziel, die Klasse zu halten, in die Saison gestartet. Wie lautet nach der bisherigen Spielzeit mit 41 Zählern und zehn Punkten Vorsprung auf Platz drei die neue Zielsetzung?
Dass unser Anspruch mittlerweile nicht mehr der Klassenverbleib sein kann, ist klar. Von daher freuen wir uns darauf, fest für eine weitere Spielzeit in der 3. Liga planen können. Auch als Tabellenführer spielt der Aufstieg in die 2. Bundesliga innerhalb der Mannschaft gar keine Rolle. Dafür stehen noch zu viele Begegnungen aus, um das Ziel so weit nach oben zu korrigieren. Anders sieht das womöglich in der Vereinsführung aus. Um einen möglichen Aufstieg realisieren zu können, müssen gewisse Planungen, die zum Beispiel das Stadion und die Infrastruktur betreffen, bereits frühzeitig aufgenommen werden.