Steffen-Interview: "Vom Aufstieg zu sprechen, ist nicht richtig"

Im Interview mit liga3-online spricht der Preußen-Trainer Horst Steffen über den Konkurrenzkampf beim SCP, die Last-Minute-Verpflichtung Adriano Grimaldi und über seine Trainingsphilosophie.

[box type="info"]Hintergrund: An Heiligabend 2015 übernahm der gebürtige Krefelder Horst Steffen das Amt des Cheftrainers beim SC Preußen Münster. Mit einem 2:0-Erfolg gegen Rot-Weiß Erfurt am vergangenen Samstag feierte er einen gelungenen Einstand bei den Adlerträgern. [/box]

liga3-online.de: Hallo Herr Steffen, Glückwunsch zum gelungenen Einstand. Am kommenden Wochenende treffen Sie auf die zweite Mannschaft von Mainz 05. Ein Team gegen das sich der SCP in der 3. Liga immer schwer tat. Wie gehen Sie in diese Auswärtspartie?

Horst Steffen: Es erfolgt ganz normal eine Analyse, wobei es bei den Zweitmannschaften immer etwas fraglich ist, wer bei den Profis aufläuft und wer nicht. Danach wird der Plan entwickelt, auf den das Training und die Vorbereitung dann aufbauen.

Gegen Erfurt zauberten Sie (durch den Ausfall von Heitmeier) Youngster Lion Schweers aus dem Ärmel. Ein Glücksgriff? Zumal er ja auch schon im spanischen Estepona angedeutet hat, dass mit ihm zu rechnen ist…

Für uns war es eine schöne Erkenntnis, dass er die Leistung aus den Testspielen auch im Meisterschaftsspiel umsetzen konnte. Jetzt haben wir die Gewissheit, dass er zur Verfügung steht und einsatzbereit ist. Für uns ist es definitiv ein Glücksfall, dass wir ein Eigengewächs als Innenverteidiger aufstellen können.

Gibt es ein ähnliches Überraschungsmoment gegen Mainz?

(schmunzelt) Das ist durchaus möglich…

In Gladbach und auch in Duisburg arbeiteten Sie schon erfolgreich mit jungen Talenten. Im Trainingslager waren mit Tobias Warschewski (U19), Bennett Eickhoff und Jordi Scigliotti (beide U23) gleich drei Jungspunde mit dabei. Was kann man von Ihnen im Speziellen und vom Nachwuchs im Allgemeinen beim SCP erwarten?

Im Vordergrund steht bei mir der Leistungsgedanke. Egal ob Jung oder Alt, auf dem Platz stehen die Spieler, die am besten harmonieren und den Erfolg möglich machen können. Wenn junge und entwicklungsfähige Spieler dabei sind, fördere ich das gerne. Ich versuche mit ihnen nochmal besonders zu trainieren, damit sie besser werden. Es ist immer schön zu sehen, jemandem zu helfen, der noch am Anfang seiner Karriere steht.

Nachdem er sich in der Vorbereitung ordentlich reingehängt hatte, erlebte Simon Scherder in der vergangenen Woche einen herben Rückschlag. Er verletzte sich erneut am operierten Kreuzband. Wie sieht es bei ihm aus? Muss er operiert werden bzw. gibt es schon eine Prognose, wie lange er ausfallen wird?

Er wird in zwei Wochen nochmal untersucht werden. Wahrscheinlich wird er nicht so lang ausfallen, denn das Kreuzband ist nicht gerissen, so dass eine OP notwendig sein würde. Wir gehen von sechs bis acht Wochen aus.

Wie baut man einen so jungen Spieler in dieser Situation wieder auf?

Ganz klar, es ist schwierig und ihm gilt mein Mitgefühl. Wir versuchen ihm aber dennoch zu vermitteln, dass dies nur ein kurzer Moment in seiner Fußballerkarriere sein kann, die ja relativ lang angedacht ist.

Sie sind jetzt seit mehr als einem Monat beim SCP. Ihre Spieler bescheinigen Ihnen Enthusiasmus: in den Trainingseinheiten sieht man immer wieder, dass Sie den direkten Kontakt zum Team suchen. Inwiefern sind diese neuen Impulse wichtig?

Es ist meine Art und Weise, die Spieler und auch das Spiel meiner Mannschaft zu verbessern. Dazu sind Korrekturen notwendig. Für mich ist es selbstverständlich, dass ich eingreife. Nur so kann ich ihnen helfen und ihnen Dinge mitgeben, die ich erkenne. Es kann aber auch sein, dass Spiele sehr ruhig ablaufen. Dann lobe ich „nur“.

In der Vorbereitung konnte man beobachten, dass Sie auf alle Akteure setzen. Auch auf die, die bislang selten oder nie zum Zuge kamen. Hat jeder bei Ihnen die gleichen Chancen?

Jeder hat die Möglichkeit, sich ins Team zu spielen. Chancengleichheit würde ich so direkt nicht sagen, da es ein paar Jungs gibt, die über Jahre bewiesen haben, dass sie ihre Sache sehr gut machen. Jedoch müssen sich diese immer wieder beweisen. Lion Schweers ist aktuell das beste Beispiel: mit guten Leistungen kann sich jeder empfehlen, den man nicht unbedingt auf der Liste hatte.

Erhöht dies den Konkurrenzkampf? Dürfen die Fans damit rechnen, dass Sie mehr rotieren?

Grundsätzlich ist Konkurrenzkampf gut. Ich gebe dennoch das Vertrauen allen Spielern, die wir im Kader haben. Jeder hat die Möglichkeit, zu spielen. Es kann sein, dass gegen Mainz eine ganz andere Aufstellung auf dem Platz steht, obwohl wir erfolgreich gegen Erfurt waren.

Kurz vor Toreschluss schlug der SCP am Sonntag mit der Verpflichtung von Adriano Grimaldi auf dem Transfermarkt nochmal ordentlich zu. War er Ihr Wunschspieler?

Er ist auf jeden Fall ein Spieler, der uns gut tun wird und den wir haben wollten. Eigentlich war ja klar, dass wir nicht mehr aktiv werden. Kurz vor Ultimo ergab sich dann doch die Möglichkeit, dass er zu uns kommt. Da ich ihn kenne und als einen sehr guten Spieler erachte, haben wir zugeschlagen.

Ist die Verpflichtung gleichzeitig ein Ausrufezeichen gegenüber den anderen Offensivkräften (Reichwein, Krohne, Amachaibou)?

Natürlich erhöht das auch den Konkurrenzkampf. Ich habe aber auch die Hoffnung, dass es leistungsfördernd sein wird: im Sinne von „Jetzt muss ich aber nochmal Gas geben…“

Die Vorfreude und die Neugier hier in Münster auf Sie und Ihr Spielsystem sind sehr groß. Zugleich steigt auch die Erwartungshaltung der Fans mit jedem Erfolg. Wie gehen Sie damit um?

Damit beschäftige ich mich nicht. Mainz steht auf dem Plan und danach der nächste Gegner. Egal auf welcher Position wir stehen, wenn ich mich vom Tabellenplatz ablenken lasse, werde ich unruhig und verliere möglicherweise die Klarheit. Daher geht’s mir nur darum, das Team bestmöglich auf die nächste Partie vorzubereiten.

Für den SCP ist trotzdem derzeit noch alles drin in der Liga. Sie selbst nehmen das Aufstiegswort aber nicht in den Mund. Ist die 3. Liga dafür einfach zu unberechenbar?

Ja! Sie ist viel zu ausgeglichen. Jedes Spiel ist hart umkämpft. Jedes Spiel kann gewonnen oder verloren werden. Es stehen noch so viele Begegnungen aus. Jetzt vom Aufstieg zu sprechen, ist nicht richtig und nicht die Realität.

Apropos Aufstieg: Können Sie sich noch an Ihren ersten und bisher einzigen Aufstieg in Ihrer Trainerkarriere erinnern?

(lacht) Na sicher! Das war großartig und hat Spaß gemacht. (Anmerk. d. Red.: Verbandsliga-Aufstieg 2004 mit dem SC Kapellen-Erft)

Nun noch eine Frage abseits des SCP: Wer war der Trainer in Ihrer Fußballkarriere, von dem Sie am meisten profitierten? Bei wem haben Sie sich am meisten abgeschaut?

Am meisten profitiert habe ich sicherlich von Friedhelm Funkel, der mich schon als Spieler kannte und wusste, wie ich vom Typ her bin. Dementsprechend wusste ich, wenn ich da meine Leistung bringe, stehe ich in der Regel auch auf dem Platz. Er hat mir am meisten Sicherheit gegeben. Abgeschaut habe ich mir von vielen ein bisschen. Dazu zählen natürlich Friedhelm Funkel aber auch Seppo Eichkorn oder das Viererkettentraining von Wolfgang Frank.

 

   

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