Strittige Szenen am 12. Spieltag: Die Analyse von Babak Rafati

Die nicht gegebenen Elfmeter für Rostock, Karlsruhe, Uerdingen und Cottbus, die Strafstöße für Karlsruhe, Wiesbaden und Kaiserslautern, das 2:0 für Köln, der Platzverweis für Startsev sowie die Foulspiele von Grösch (an Morys) und Schulze (an Heider). Am 12. Spieltag hat sich Ex-FIFA-Schiedsrichter Babak Rafati für liga3-online.de elf Szenen genauer angeschaut.

[box type="info"]Hintergrund: Babak Rafati war viele Jahre Bundesliga & FIFA Schiedsrichter. Insgesamt leitete der heute 48-Jährige 84 Erst-, 102 Zweit-, 13 Drittliga- und zahlreiche internationale Spiele. Exklusiv für liga3-online.de analysiert der erfahrene Schiedsrichter jeden Spieltag die strittigen Szenen, die durch die Redaktion im Vorfeld ausgewählt werden. Zudem ist er Kolumnist und TV-Experte für Bundesliga-Spiele. Im Hauptberuf ist Rafati heute Mentalcoach für Profifußballer und Manager sowie ein viel gefragter Referent in der freien Wirtschaft, u.a. bei DAX-Unternehmen zum Thema Stressmanagement und Motivation (www.babak-rafati.de).[/box]

Szene 1: Nach einer Ecke bekommt Alexandros Kartalis (FSV Zwickau) den Ball im Strafraum an die Hand, Schiedsrichter Henry Müller lässt das Spiel weiterlaufen. [TV-Bilder – ab Minute 0:30]

Babak Rafati: Dadurch, dass der Ball auf den Boden aufprallt und unmittelbar danach aus kurzer Entfernung an die Hand von Kartalis geht und nicht andersherum, liegt kein absichtliches bzw. strafbares Handspiel vor. Zudem ist der Arm in einer natürlichen Haltung. Eine richtige Entscheidung, weiterspielen zu lassen.

 

Szene 2: Bei einer Ecke für Wiesbaden hält Marc Lorenz (Karlsruher SC) seinen Gegenspieler Niklas Dams (Wehen Wiesbaden) am Trikot fest, Schiedsrichter Daniel Siebert gibt Elfmeter für Wiesbaden. [TV-Bilder – ab Minute 1:35]

Babak Rafati: Bei diesem Zweikampf zwischen Lorenz und Dams geht es darum, ob Lorenz seinen Gegenspieler entscheidend hält und somit ein Foulspiel begeht. Das Stören und Bearbeiten des Verteidigers ist fußballtypisch, das wir bei Ecken immer wieder beobachten, sodass es für einen Strafstoß nicht ausreicht. Somit liegt eine Fehlentscheidung vor, einen Strafstoß für Wiesbaden zu pfeifen.

Szene 3: Marcel Titsch Rivero (Wehen Wiesbaden) blockt einen Schuss von Marvin Wanitzek (Karlsruher SC) und bekommt den Ball dabei an den Arm. Erneut zeigt Siebert auf den Punkt. [TV-Bilder – ab Minute 2:15]

Babak Rafati: Der Ball wird scharf von Wanitzek geschossen und Titsch-Rivero bekommt den Ball an die Hand. Man sieht, wie er noch schnell den Arm zurückziehen will, es aber nicht mehr rechtzeitig schafft. Ein Indiz für unabsichtliches Handspiel ist auch, dass der Arm keine Spannung hat. Das sieht man daran, dass der Ball nicht abprallt sondern eher gestoppt wird. Eine Fehlentscheidung, in dieser Szene einen Strafstoß zu pfeifen.

Doch wenn ein Schiedsrichter im Hinterkopf hat, dass er auf der anderen Seite einen Strafstoß gepfiffen hat, der möglicherweise auch noch zweifelhaft war, dann ist es nachvollziehbar, dass man dazu neigt, auch auf der anderen Seite einen Strafstoß zu pfeifen – die sogenannte Konzessionsentscheidung.

Szene 4: Marvin Pourié (Karlsruher SC) dringt in den Strafraum ein und wird von Sascha Mockenhaupt (Wehen Wiesbaden) gefoult – das Spiel läuft weiter. [TV-Bilder – ab Minute 1:20:35]

Babak Rafati: Mockenhaupt will im eigenen Strafraum zum Ball, grätscht Pourie aber in die Beine und trifft überhaupt nicht den Ball. Das ist ein klares Foulspiel und hätte mit einem Strafstoß für Karlsruhe geahndet werden müssen. Eine Fehlentscheidung, weiterspielen zu lassen.

 

Szene 5: Im Strafraum wird Timmy Thiele (1. FC Kaiserslautern) von Dominic Maroh und Christopher Schorch (KFC Uerdingen) abgeräumt. Schiedsrichter Lasse Koslowski gibt Elfmeter für den FCK. [TV-Bilder – ab Minute 1:30]

Babak Rafati: Thiele dringt in den Strafraum von Uerdingen ein und wird von Maroh bei dessen Abwehrversuch deutlich am Fuß getroffen. Das reicht schon für einen Strafstoß, sodass die Aktion von Schorch unmittelbar danach nicht mehr ausschlaggebend ist, wenngleich diese Aktion auch einen Strafstoß mit sich bringen würden. Eine richtige Entscheidung, einen Strafstoß für Kaiserslautern zu pfeifen.

Szene 6: Johannes Dörfler (KFC Uerdingen) geht im Duell mit Christian Kühlwetter (1. FC Kaiserslautern) zu Boden, Koslowski lässt das Spiel weiterlaufen. [TV-Bilder – ab Minute 2:00:40]

Babak Rafati: Bei diesem Duell zwischen Dörfler und Kühlwetter gibt es keinen entscheidenden Kontakt von Kühlwetter, sodass eine richtige Entscheidung vorliegt, das Spiel weiterlaufen zu lassen.

 

Szene 7: Bei einer Ecke für Fortuna Köln wird Energie-Keeper Avdo Spahic von Bernard Kyere (Fortuna Köln) etwas gestört, dabei fällt das 2:0 für Köln. Schiedsrichter Wolfgang Haslberger gibt den Treffer. [TV-Bilder – ab Minute 1:30]

Babak Rafati: Kyere verhält sich bei der eigenen Ecke ruhig und steht nur in seiner Position. Dabei bedrängt er den Torhüter in keinster Weise. Auch beim Torschuss ist er passiv und irritiert den Torhüter nicht, sodass eine richtige Entscheidung vorliegt, den Treffer anzuerkennen.

Szene 8: Streli Mamba (Energie Cottbus) kommt im Strafraum an den Ball und geht in einem Zweikampf mit Bone Uaferro (Fortuna Köln) zu Boden. Einen Elfmeter gibt es nicht. [TV-Bilder – ab Minute 51:00]

Babak Rafati: Der Zweikampf von Uaferro im eigenen Strafraum gegen Mamba ist fußballtypisch. Zwar kommt es möglicherweise zu einem Kontakt, jedoch reicht dieser bei Weitem nicht für einen Strafstoß aus. Eine richtige Entscheidung, weiterspielen zu lassen.

Szene 9: Für ein Foul an Michael Eberwein (Fortuna Köln) sieht Andrej Startsev (Energie Cottbus) glatt Rot. [TV-Bilder – ab Minute 3:35]

Babak Rafati: Der Schiedsrichter hat freie Sicht und erkennt das Foulspiel sehr gut. Natürlich wird Eberwein von Startsev am Knöchel getroffen, dabei ist aber keine Dynamik oder Brutalität zu erkennen, sodass Eberwein sich auch nicht weiter verletzt, wie man an seiner Reaktion gut erkennen kann. Hier wäre eine gelbe Karte vollkommen ausreichend gewesen, sodass mit der roten Karte eine viel zu harte Entscheidung vorliegt.

 

Szene 10: Matthias Morys (VfR Aalen) läuft frei auf das Tor zu und geht in einem Zweikampf mit Marius Grösch (Carl Zeiss Jena) kurz vor dem Strafraum zu Boden. Schiedsrichter Patrick Hanslbauer lässt das Spiel weiterlaufen. [TV-Bilder – ab Minute 1:40]

Babak Rafati: Morys legt sich den Ball im Laufduell zu weit vor und wird vor dem Strafraum von seinem Gegenspieler Grösch im normalen Bewegungsablauf leicht touchiert, was aber absolut kein Foulspiel ist. Eine richtige Entscheidung, diesen Zweikampf laufen zu lassen und auf den Faller von Morys nicht zu reagieren.

 

Szene 11: Marc Heider (VfL Osnabrück) setzt zum Sprint an und wird vom bereits gelb-verwarnten Michael Schulze (Sportfreunde Lotte) abgeräumt. Schiedsrichter Oliver Lossius belässt es bei einer Ermahnung. [TV-Bilder – ab Minute 1:48:50]

Babak Rafati: Schulze springt völlig unkontrolliert und übermotiviert in Heider hinein, bringt ihn dadurch zu Fall und nimmt ihm eine sehr gute Angriffschance. Dabei hat Schulze sogar Glück, dass er Heider nicht in die Füße trifft, denn dann wäre aufgrund der Dynamik auch Rot möglich. Dieses Abräumen ist aber eine klare gelbe Karte, sodass in der Folge eine gelb-rote Karte hätte ausgesprochen werden müssen. Eine Fehlentscheidung, es bei einer Ermahnung zu belassen.

   

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