Strittige Szenen am 22. Spieltag: Die Analyse von Babak Rafati

Die nicht gegebenen Elfmeter für Türkgücü, Lübeck, Halle und Zwickau sowie der verwehrte Treffer von Wiesbaden: Am 22. Spieltag hat sich Ex-FIFA-Schiedsrichter Babak Rafati für liga3-online.de sechs Szenen genauer angeschaut.

Hintergrund: Babak Rafati war viele Jahre Bundesliga & FIFA Schiedsrichter. Insgesamt leitete der heute 50-Jährige 84 Erst-, 102 Zweit-, 13 Drittliga- und zahlreiche internationale Spiele. Exklusiv für liga3-online.de analysiert der erfahrene Schiedsrichter seit März 2015 jeden Spieltag die strittigen Szenen, die durch die Redaktion im Vorfeld ausgewählt werden. Zudem ist er Kolumnist und TV-Experte für Bundesliga-Spiele. Im Hauptberuf arbeitet Rafati heute als Mentalcoach für Profifußballer und Manager und ist ein viel gefragter Referent in der freien Wirtschaft, u.a. bei DAX-Unternehmen zum Thema Stressmanagement und Motivation (www.babak-rafati.de).

Szene 1: Sebastian Maier (Türkgücü) kommt im Strafraum an den Ball, tunnelt Gerrit Golhlke (Mannheim) und geht dann im Zweikampf zu Fall. Kein Elfmeter, entscheidet Schiedsrichter Martin Petersen. [TV-Bilder – ab Minute 51:20]

Babak Rafati: Maier tunnelt seinen Gegenspieler Gohlke im gegnerischen Strafraum und will an ihm vorbeilaufen. Der Mannheimer Verteidiger nimmt den Arm heraus und hält Maier dadurch auf, sodass dieser nicht weiterlaufen kann und zu Fall kommt. Da hat der Arm nichts zu suchen, es liegt somit ein Foulspiel vor – auch wenn Maier dieses Foulspiel dankend annimmt. Ob man dadurch fallen muss ist fraglich, aber ein Foulspiel bleibt es dennoch. Eine Fehlentscheidung, weiterspielen zu lassen.

Szene 2: Nach einer Flanke will Omar Sijaric (Türkgücü) zum Ball, wird dabei jedoch von Anton Donkor (Mannheim) mit dem Fuß im Gesicht getroffen und geht zu Boden. Es gibt Ecke. [TV-Bilder – ab Minute 1:35:05]

Babak Rafati: Bei diesem Zweikampf im Strafraum von Mannheim spielt Donkor klar den Ball und wehrt diesen zur Ecke ab. Dabei kommt es zu einem unglücklichen Zusammenprall mit Sijaric, bei dem die Aktion aber vom Angreifer ausgeht, sodass kein Foulspiel des Mannheimer Verteidigers vorliegt. Eine richtige Entscheidung, keinen Strafstoß für Türkgücü zu pfeifen. Hier hätte es sogar einen Freistoß für Mannheim geben müssen.

 

Szene 3: Eine Flanke verwandelt Jakov Medic (Wiesbaden) zum 2:0, Schiedsrichter Florian Exner entscheidet jedoch auf Stürmerfoul an Carlo Sickinger (Kaiserslautern) und gibt den Treffer nicht. [TV-Bilder – ab Minute 1:54:25]

Babak Rafati: Nach einer Flanke in den Strafraum von Kaiserslautern kommt es zu einem Luftduell zwischen Medic und Sickinger. Der FCK-Verteidiger hat ein schlechtes Stellungsspiel, weil er nicht hinter, sondern vor dem Angreifer steht. Er will dabei zum Ball, bemerkt aber, dass er schlecht steht. Anschließend nimmt er eine sehr leichte Berührung vom Wiesbadener Angreifer zum Anlass, sich fallen zu lassen und ein Foulspiel an ihm zu proklamieren. Das ist ein absolut normaler Zweikampf, bei dem überhaupt kein Foulspiel vorliegt. Eine klare Fehlentscheidung, diesen Treffer für Wiesbaden nicht anzuerkennen. Das ist Fußball und so etwas darf einfach nicht passieren.

 

Szene 4: Yannick Deichmann (VfB Lübeck) kommt im Strafraum an den Ball und geht im Zweikampf mit Dominik Schmidt (Duisburg) zu Fall. Kein Elfmeter, sagt Schiedsrichter Mitja Stegemann. [TV-Bilder – ab Minute 1:55]

Babak Rafati: Im Strafraum von Duisburg kommt Deichmann an den Ball und wird dabei von seinem Gegenspieler Schmidt klar und deutlich durch einen Tritt in die Füße zu Fall gebracht. Das ist ein klares Foulspiel. Dass der Schiedsrichter dieses Vergehen nicht ahndet, kann man nur damit erklären, dass er nicht in die optimale Position läuft, um eine klare Sicht auf den Zweikampf zu haben. Womöglich wird ihm die Sicht durch einen Duisburger verdeckt. Eine Fehlentscheidung, diesen Strafstoß für Lübeck nicht zu geben.

 

Szene 5: Nach einer Ecke bringt Jonas Nietfeld (Halle) den Ball auf das Tor und reklamiert Handspiel im Strafraum, Schiedsrichter Tobias Schultes lässt weiterlaufen. [TV-Bilder – ab Minute 2:40]

Babak Rafati: Nachdem Nietfeld aus circa 7-8 Metern auf das Tor schießt, springt ein Saarbrücker Verteidiger dazwischen und wehrt den Ball mit dem Arm in Torwartmanier ab. Der Arm ist hierbei nicht in natürlicher Haltung. Und auch wenn der Schuss aus kurzer Distanz erfolgt, setzt der Verteidiger den Arm zur Vergrößerung der Körperfläche ein, sodass ein absichtliches Handspiel vorliegt. Hier hätte es einen Strafstoß für Halle und die gelbe Karte gegen den Saarbrücker Verteidiger wegen Handspiels geben müssen. Eine Fehlentscheidung, diese Szene nicht zu ahnden.

 

Szene 6: Im Strafraum geht Yannik Möker (Zwickau) im Duell mit Daniel Wein (1860 München) zu Fall, Schiedsrichter Patrick Hanslbauer pfeift nicht. [TV-Bilder – ab Minute 1:55:35]

Babak Rafati: Möker will den Ball im gegnerischen Strafraum nach einem Zuspiel annehmen und kommt plötzlich zu Fall. Dabei wird er zwar von Tallig, der hinter ihm postiert ist, ein wenig bedrängt, ein Foulspiel liegt aber nicht vor. Im zweiten Duell – unmittelbar danach – bleibt Wein von 1860 München einfach nur stehen und Möker ist es selbst, der sich mit dem Rücken in ihn hineindrehen will, wodurch erst der Kontakt im Fußbereich entsteht. Auch das ist kein Foulspiel, sodass eine richtige Entscheidung vorliegt, weiterspielen zu lassen.

 

Weiterlesen: Wer bisher am häufigsten benachteiligt wurde

   

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