Strittige Szenen am 5. Spieltag: Die Analyse von Babak Rafati

25 Jahre lang war Babak Rafati Schiedsrichter, 2008 schaffte er es sogar auf die FIFA-Liste. Insgesamt leitete der heute 44-Jährige 84 Erst-, 102 Zweit- und 13 Drittliga-Spiele. Nun hat Rafati eine neue Aufgabe: Für liga3-online.de analysiert der erfahrene Schiedsrichter jeden Spieltag die strittigen Entscheidungen des Wochenendes. Nach einer Vorauswahl durch die Redaktion sichtet Rafati das Video-Material und gibt eine kurze Einschätzung zu den jeweiligen Szenen ab und erklärt bei falschen Entscheidungen zudem, wie die Unparteiischen auf dem Platz hätten reagieren müssen. Am 5. Spieltag hat er sich fünf Szenen einmal genauer angeschaut.

Szene 1: Sven Michel (Energie Cottbus) sieht nach einem Foul von Schiedsrichter René Rohde Gelb-Rot. [TV-Bilder – ab Minute 0:25]

Babak Rafati: Dieses Festhalten von Sven Michel an der Seitenlinie ist ein taktisches Foulspiel und ist somit zwingend mit einer gelben Karte zu bestrafen. Da der Spieler bereits verwarnt war, ist die gelb-rote Karte eine logische Konsequenz und somit ist die Entscheidung richtig. Anmerkung: Wenn sich der Spieler Sven Michel bei dem grenzwertigen Zweikampf vorher fallen lässt, pfeift der Schiedsrichter mit größter Wahrscheinlichkeit und entscheidet auf Freistoß für Cottbus. Dieser verhält sich aber absolut fair "standfest" und spielt weiter – das sieht man nicht alle Tage. Das Verhalten können die Fans gerne nach dem Motto "Foul ist Foul, unabhängig davon ob, der Spieler fällt oder nicht" diskutieren. Aber das ist Praxis! Hier wird der Trainer von Cottbus seinem Spieler die Anweisung geben, beim nächsten Mal in ähnlicher Situation sich fallen zu lassen.

Szene 2: Cédric Mimbala (Energie Cottbus) bekommt den Ball nach einem Flanken-Versuch an die Hand. Der daraus folgende Freistoß für Osnabrück landet im Tor. [TV-Bilder – ab Minute 3:15]

Babak Rafati: Dieses Handspiel erfolgt zwar aus kurzer Entfernung, aber Mimbala vergrößert seine Körperfläche mit dem Arm und nimmt dieses Handspiel billigend in Kauf. Hier auf Freistoß zu entscheiden, ist eine absolut richtige Entscheidung. Diese Spielweise hat sich leider im Fußball eingebürgert und wird oft eingesetzt, was immer wieder zu heftigen Diskussionen in den Medien führt. Das liegt nicht an der Handspielregel, sondern daran, dass diese Spielweise oftmals durch die Schnelligkeit und Dynamik des Spiels, Blickwinkel des Schiedsrichters u.v.a. schwer zu erkennen ist und somit gelegentlich Fehlentscheidungen zustande kommen. Das liegt dann aber an der Fehleinschätzung auf dem Platz und einer falschen Auslegung und weniger an der Regel selbst.

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Szene 3: Felix Schiller (Magdeburg) bringt Ronny König (Chemnitz) im Strafraum zu Fall, Schiedsrichter Daniel Siebert lässt weiterspielen. [TV-Bilder – ab Minute 3:25]

Babak Rafati: Bei diesem Zweikampf im Strafraum von Magdeburg versucht Schiller den Ball zu treffen, jedoch trifft er klar seinen Gegenspieler König in die Beine. Dadurch kommt er zu Fall, sodass eine klare Torchance vereitelt wird. Der Angreifer hatte nur noch den Torwart vor sich und hätte den Ball nur noch ins Tor einschieben brauchen. Somit hätte es einen Strafstoß für Chemnitz geben müssen und eine rote Karte gegen den Spieler Schiller wegen Torverhinderung. Der Schiedsrichter war eigentlich gut postiert und ist auch konzentriert, was durch die Körperanspannung/-haltung zu erkennen ist. Was auch ein Indiz für "nicht Ballspielen" ist, ist, dass der Ball nach der Attacke des Verteidigers seine Richtung überhaupt nicht verändert, weil ganz einfach der Ball nicht getroffen wurde. Es liegt somit eine Fehlentscheidung vor.

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Szene 4: Carl Klaus (Stuttgarter Kickers) kommt aus seinem Tor, trifft Tobias Jänicke und sieht von Schiedsrichter Florian Badstübner Rot. [TV-Bilder – ab Minute 1:50]

Babak Rafati: Klaus kommt aus seinem Strafraum mit voller Geschwindigkeit heraus gelaufen und will den Ball vor dem Angreifer ins Aus schießen, kommt jedoch zu spät. In Kung Fu Manier trifft er dabei seinen Gegenspieler in die Beine und "fällt" diesen komplett um. Hierbei ist allein für die Schwere des groben Fouls eine rote Karte zu zeigen. Daher trifft der Schiedsrichter eine völlig richtige Entscheidung und schickt den Torhüter mit Rot vom Platz.

[box type="info"]Anmerkung: Weitere strittige Szenen konnten aufgrund fehlender TV-Bilder nicht analysiert werden. [/box]

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Szene 5: Sebastian Schieck (Großaspach) bekommt den Ball im Strafraum an die Hand, Schiedsrichter Johann Pfeifer lässt weiterspielen. [TV-Bilder – ab Minute 1:15]

Babak Rafati: Ein blitzschneller Schuss auf das Tor von Großaspach lässt Schieck gar keine Chance zu reagieren. Es liegt eine natürliche Körperhaltung vor und der Arm geht keinesfalls zum Ball, sondern ist angelegt. Hier weiterspielen zu lassen ist vollkommen richtig und somit eine richtige Entscheidung. Prima, dass der Schiedsrichter anschließend den Beteiligten die Szene an der Seitenlinie erläutert und sie durch Körpersprache aufklärt. Das deeskaliert und bringt durch die Klarheit der Kommunikation eine angenehme Atmosphäre auf den Platz und ist eine gute Grundlage für den weiteren Spielverlauf mit möglichen kritischen Szenen. Oftmals potenzieren sich strittige Entscheidungen, auch wenn sie richtig waren, und bringen anschließend unnötige Hektik ins Spiel.

 

[box type="info"]Anmerkung: Strittige Entscheidungen aus den Partien Dresden-Halle, Kiel-Köln, Stuttgart II-Würzburg und Münster-Mainz II konnten aufgrund fehlender TV-Zusammenfassungen nicht analysiert werden. [/box]

 

 

 

   

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