Strittige Szenen am 5. Spieltag: Die Analyse von Babak Rafati
Die Elfmeter für Jena und Osnabrück, die nicht gegebenen Strafstöße für Münster, Unterhaching und Lotte, das 1:0 und 3:0 für Würzburg, die verwehrten Treffer von Meppen, Cottbus und 1860 und der Platzverweis für Kyereh. Am 5. Spieltag hat sich Ex-FIFA-Schiedsrichter Babak Rafati für liga3-online.de elf Szenen genauer angeschaut.
Szene 1: Philip Tietz (Carl Zeiss Jena) geht im Strafraum bei einem Zweikampf mit Nico Antonitsch (Zwickau) zu Boden, Schiedsrichter Florian Badstübner zeigt auf den Punkt. [TV-Bilder – ab Minute 1:44:20]
Babak Rafati: Tietz kann sich im Strafraum von Zwickau nicht entscheidend durchsetzen und kommt im Zweikampf in Bedrängnis. Dabei verliert er ein wenig die Balance, foult anschließend Reinhardt und kommt im Bewegungsablauf selbst zu Fall. Hier liegt ein klares Stürmerfoul vor. Warum der Schiedsrichter im Ergebnis zu einem Strafstoß für Jena kommt, ist nicht nachvollziehbar und eine klare Fehlentscheidung. Es hätte stattdessen einen Freistoß für Zwickau geben müssen.
Szene 2: Nach einem Eckball springt Henrik Hansen (Würzburger Kickers) Kai Bülow (Hansa Rostock) in den Rücken, verschafft sich damit Raum und trifft zum 1:0. Schiedsrichter Nicolas Winter gibt den Treffer. [TV-Bilder – ab Minute 1:00]
Babak Rafati: Hansen springt Bülow im Rostocker Strafraum nach einem Eckball in den Rücken und behindert ihn dadurch an den Ball zu kommen – der Treffer hätte nicht zählen dürfen. Das hätte der Schiedsrichter sehr gut sehen müssen, hat er doch eine gute Sicht zum Geschehen. Richtig wäre gewesen, einen Freistoß für Rostock zu geben. Das Tor anzuerkennen, ist daher eine Fehlentscheidung.
Szene 3: Janik Bachmann (Würzburger Kickers) verwertet eine Hereingabe von Patrick Göbel zum 3:0, zuvor ging jedoch der im Abseits stehende Orhan Ademi zum Ball. Winter gibt den Treffer dennoch. [TV-Bilder – ab Minute 2:50]
Babak Rafati: Bei der Hereingabe von Göbel in den Rostocker Strafraum steht Ademi am Fünfer im Abseits und geht dabei aktiv zum Ball. Der Treffer hätte somit wegen der Abseitsstellung nicht zählen dürfen, sodass eine Fehlentscheidung vorliegt.
Szene 4: Nico Granatowski (SV Meppen) zieht aus 30 Metern ab und trifft die Latte. Von dort aus springt der Ball ins Tor und anschließend wieder heraus. Schiedsrichter Michael Bacher entscheidet jedoch auf Weiterspielen. [TV-Bilder – ab Minute 2:15]
Babak Rafati: Ob der Ball im Tor ist oder nicht, kann nur der Assistent von der Seitenperspektive erkennen – allerdings nur, wenn er auf Höhe der Torlinie oder zumindest nur wenig entfernt davon steht. In diesem Fall steht er jedoch auf Höhe des Sechzehners und kann die Szene von dort nicht mehr wahrnehmen. Einen Vorwurf kann man dem Assistenten aber nicht machen, dem zum Zeitpunkt von Granatowkis Schuss steht er richtig. Trotzdem ist das eine Fehlentscheidung, denn der Ball kommt hinter der Torlinie auf.
Szene 5: Streli Mamba (Energie Cottbus) staubt einen abgewehrten Schuss von Fabio Viteritti zum 2:0 ab, Bacher gibt den Treffer aufgrund einer Abseitsposition nicht. [TV-Bilder – ab Minute 2:50]
Babak Rafati: Ganz genau kann man diese Szene nicht auflösen, jedoch scheint Mamba tatsächlich knapp mit den Füßen im Abseits zu stehen, sodass diese Entscheidung nachvollziehbar und somit tendenziell richtig ist.
Szene 6: Eine Hereingabe von Sandrino Braun (Preußen Münster) spielt Steffen Tigges (VfL Osnabrück) im Strafraum mit der Hand, einen Elfmeter gibt Schiedsrichter Dr. Robert Kampka nicht. [TV-Bilder – ab Minute 44:45]
Babak Rafati: Tigges geht aktiv mit dem Arm zum Ball und berührt diesen klar. Dabei liegt keine natürliche Körperhaltung vor, zudem geht der Ball nicht zum Arm, sondern andersherum. Hier hätte es einen Strafstoß für Münster geben müssen. Eine Fehlentscheidung, weiterspielen zu lassen.
Szene 7: Nach einem Schuss von Anas Ouahim (VfL Osnabrück) reißt Simon Scherder (Preußen Münster) den Arm nach oben und berrüht den Ball im Fallen – Elfmeter für Osnabrück. [TV-Bilder – ab Minute 3:10]
Babak Rafati: Scherder springt im eigenen Strafraum in Torwartmanier in den Schuss von Ouahim, bekommt den Ball an den Arm geschossen und blockt somit den Torschuss. Das ist keine natürliche Körperhaltung und somit ein absichtliches Handspiel. Eine richtige Entscheidung, einen Strafstoß und eine gelbe Karte wegen Unsportlichkeit zu geben, was in der Konsequenz zu Gelb-Rot führt.
Szene 8: Nach einer Ecke trifft Adriano Grimaldi zum 4:0 für 1860 München, aufgrund eines vermeintlichen Foulspiels gibt Schiedsrichter Franz Bokop den Treffer allerdings nicht. [TV-Bilder – ab Minute 1:32:15]
Babak Rafati: Bei diesem Zweikampf kommt es natürlich zum Körperkontakt, aber der Verteidiger verschätzt sich auch ein wenig, sodass bei diesem Luftkampf kein Foulspiel von Grimaldi vorliegt und der Treffer hätte zählen müssen – somit eine Fehlentscheidung. Interessant wäre es gewesen, wie der Schiedsrichter beim Stand von 0:0 entschieden hätte.
Szene 9: Eine Flanke berührt Moritz Kuhn (SV Wehen Wiesbaden) im Strafraum mit der Hand. Kein Elfmeter, sagt Schiedsrichter Henry Müller. [TV-Bilder – ab Minute 1:25]
Babak Rafati: Nach einer Flanke in den eigenen Strafraum versucht Kuhn den Ball mit dem Kopf zum eigenen Torwart zurückzuköpfen. Das gelingt ihm jedoch nicht, sodass er durch eine aktive Bewegung den Ball an den Arm bekommt. Da der Ball lange unterwegs ist, kann man nicht mehr von einer unabsichtlichen Bewegung sprechen, sodass ein strafbares Handspiel vorliegt und mit einem Strafstoß geahndet werden muss. Hier weiterlaufen zu lassen, ist eine Fehlentscheidung.
Szene 10: Daniel-Kofi Kyereh (Wehen Wiesbaden) bringt Luca Marseiler (SpVgg Unterhaching) im Mittelfeld zu Fall und sieht dafür Gelb-Rot. [TV-Bilder – ab Minute 2:30]
Babak Rafati: Kyereh trifft Marseiler mit dem Fuß weit in der gegnerischen Hälfte. Dieses Foulspiel hat überhaupt nichts mit einem gelbwürdigen Vergehen zu tun. Es ist ein Foul, nicht mehr und nicht weniger. Die gelbe Karte, die in der Folge zu Gelb-Rot führt, ist übertrieben und somit eine Fehlentscheidung.
Szene 11: Nach einem Einwurf wehrt Sebastian Mai (Hallescher FC) den Ball im Strafraum mit dem Arm ab – kein Elfmeter, sagt Schiedsrichter Marcel Gasteier. [TV-Bilder – ab Minute 1:40]
Babak Rafati: Der Ball wird in den Strafraum von Halle geworfen, ist lange unterwegs und wird am Fünfmeterraum von Mai deutlich mit dem ausgestreckten Arm aufgehalten. Die Arme des Verteidigers haben dort nichts zu suchen, sind in unnatürlicher Haltung und dienen der Vergrößerung der Körperfläche, sodass hier ein absichtliches Handspiel vorliegt. Dieses Vergehen hätte mit Strafstoß für Lotte geahndet werden müssen. Eine Fehlentscheidung, das Spiel weiterlaufen zu lassen.