Strittige Szenen bei FCS gegen RWE: Die Analyse von Babak Rafati
Die nicht gegebenen Elfmeter und ein abgepfiffener Angriff für Saarbrücken. Beim Nachholspiel zwischen dem 1. FC Saarbrücken und Rot-Weiss Essen hat sich Ex-FIFA-Schiedsrichter Babak Rafati für liga3-online.de drei strittige Szenen genauer angeschaut.
Hintergrund: Babak Rafati war viele Jahre Bundesliga- & FIFA-Schiedsrichter. Insgesamt leitete der heute 53-Jährige 84 Erst-, 102 Zweit-, 13 Drittliga- und zahlreiche internationale Spiele. Exklusiv für liga3-online.de analysiert der erfahrene Schiedsrichter seit März 2015 jeden Spieltag die strittigen Szenen, die durch die Redaktion im Vorfeld ausgewählt werden. Zudem ist er Kolumnist und TV-Experte für Bundesliga-Spiele. Im Hauptberuf arbeitet Rafati heute als Mentalcoach für Profifußballer und Manager und ist ein viel gefragter Referent in der freien Wirtschaft, unter anderem bei DAX-Unternehmen zum Thema Stressmanagement und Motivation. Mehr Infos unter babak-rafati.de.
Szene 1: Auf dem Weg Richtung Tor geht Kai Brünker (Saarbrücken) im Duell mit Felix Götze (Essen) im Strafraum zu Fall, einen Elfmeter gibt es nicht. [TV-Bilder – ab Minute 53:50]
Babak Rafati: Auch wenn Götze klar den Ball spielt, stellt diese Spielweise ein sogenanntes gefährliches Spiel dar. Da das Bein zu hoch ist (auf Kopfhöhe) und Brünker so daran gehindert wird, mit dem Kopf zum Ball zu gehen, hätte es einen indirekten Freistoß geben müssen. Einen Elfmeter kann es nur bei einem Kontakt (!) geben. Eine Fehlentscheidung, weiterspielen zu lassen. Eine Karte ist für diese Spielweise nicht vorgeschrieben.
Szene 2: Kai Brünker (Saarbrücken) ist nach einem Zweikampf mit Rios Alonso (Essen) auf dem Weg zum Tor, wird aber aufgrund eines vermeintlichen Foulspiels zurückgepfiffen. [TV-Bilder – ab Minute 1:46:20]
Babak Rafati: Brünker greift zwar nach hinten und touchiert Rios Alonso leicht, aber das ist einfach zu wenig für ein Foulspiel. Das Zufallkommen und ins Gesicht fassen suggeriert den Schiedsrichtern oftmals, dass ein Foulspiel vorgelegen hat, wie in dieser Szene, zumal drei Sekunden vergehen, bis der Schiedsrichter zurückpfeift. Auch hier lässt sich der Schiedsrichter durch das am Boden wälzen von Rios Alonso verunsichern und pfeift diesen Zweikampf ab. Das ist aber in diesem Fall eine Fehlentscheidung, sodass das Spiel hätte weiterlaufen müssen. Wenn der Schiedsrichter schon drei Sekunden später abpfeift, hätte er in dieser Zeit besser mit dem Assistenten per Funk kommunizieren und dessen Meinung einholen können, bevor er final falsch entscheidet. Alles natürlich eine Frage der Erfahrung.
Szene 3: Nach einem Einwurf bekommt Torben Müsel (Essen) den Ball im Strafraum den Arm, einen Elfmeter gibt es nicht. [TV-Bilder – ab Minute 1:49:10]
Babak Rafati: Nach einem Einwurf wird der Ball verlängert. Unmittelbar danach verschätzt sich Müsel, nimmt aktiv den Arm Richtung Ball und blockiert das Spielgerät. Man sieht sehr gut, wie regelgerecht der rechte Arm nach hinten genommen wird im Vergleich zum linken Arm, der den Ball absichtlich spielt. Das ist ein strafbares Handspiel, sodass es einen Elfmeter ohne gelbe Karte hätte geben müssen. In dieser Szene hat der Assistent von der Seite einen besseren Blick als der Schiedsrichter, sodass hier seine Hilfe unbedingt erfolgen muss. Für den Schiedsrichter ist es aus seiner Position fast unmöglich, diesen Vorgang zu sehen – weil von ihm abgewendete Seite – und richtig einzuordnen. Eine Fehlentscheidung, keinen Elfmeter zu geben. Das Schiedsrichtergespann wird sicherlich einsichtig sein und insbesondere die Zusammenarbeit intern aufarbeiten.
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