Strittige Szenen Nachholspiele: Die Analyse von Babak Rafati
Die nicht gegebenen Elfmeter und der Strafstoß für Türkgücü München: Bei den Nachholspielen am Mittwochabend hat sich Ex-FIFA-Schiedsrichter Babak Rafati für liga3-online.de drei strittige Szenen genauer angeschaut.
Hintergrund: Babak Rafati war viele Jahre Bundesliga- & FIFA-Schiedsrichter. Insgesamt leitete der heute 50-Jährige 84 Erst-, 102 Zweit-, 13 Drittliga- und zahlreiche internationale Spiele. Exklusiv für liga3-online.de analysiert der erfahrene Schiedsrichter seit März 2015 jeden Spieltag die strittigen Szenen, die durch die Redaktion im Vorfeld ausgewählt werden. Zudem ist er Kolumnist und TV-Experte für Bundesliga-Spiele. Im Hauptberuf arbeitet Rafati heute als Mentalcoach für Profifußballer und Manager und ist ein viel gefragter Referent in der freien Wirtschaft, unter anderem bei DAX-Unternehmen zum Thema Stressmanagement und Motivation. Mehr Infos unter babak-rafati.de.
Szene 1: Auf dem Weg zum Tor geht Sinan Karweina (Türkgücü) im Strafraum gegen Niklas Lang (1860) zu Fall, Schiedsrichter Richard Hempel lässt weiterlaufen. [TV-Bilder – ab Minute 0:30]
Babak Rafati: Bei diesem Zweikampf im Strafraum von 1860 München will sich Karweina den Ball halbhoch an seinem Gegenspieler Lang vorbeilegen und hinterherlaufen. Dabei geht Lang mit dem Bein zum Ball und spielt das Spielgerät, sodass kein Foulspiel vorliegt, auch wenn es hierbei zu einer leichten Berührung gekommen sein könnte. Allein durch die Flugrichtung des Balles wird deutlich, dass Lang entscheidend den Ball spielt. Eine richtige Entscheidung, diese Aktion laufen zu lassen und nicht als Foulspiel zu bewerten.
Szene 2: Eric Hottmann (Türkgücü) wird von Yannick Deichmann (1860) und Erik Tallig (1860) in die Zange genommen. Erneut gibt Hempel keinen Elfmeter. [TV-Bilder – ab Minute 2:00]
Babak Rafati: Hottmann dringt mit dem Ball am Fuß in den gegnerischen Strafraum ein und wird dabei von Deichmann und Tallig bedrängt. Während der Einsatz von Deichmann regelkonform ist, ist der Einsatz von Tallig nur gegen Hottmann gerichtet. Tallig stellt das linke Bein in den Weg von Hottmann, hindert ihn am Weiterlaufen und bringt ihn dadurch entscheidend zu Fall. Dabei wird der Ball überhaupt nicht gespielt, sodass ein Foulspiel vorliegt. Für diesen Einsatz von Tallig hätte es somit einen Elfmeter für Türkgücü geben müssen. Eine Fehlentscheidung, weiterspielen zu lassen.
Szene 3: Nach einem Zweikampf zwischen Niklas Lang (1860) und Eric Hottmann (Türkgücü) zeigt der Schiedsrichter auf den Punkt. [TV-Bilder – ab Minute 3:00]
Babak Rafati: Nach einem Schuss auf das Tor von 1860 München wehrt der Torwart den Ball zunächst ab. Unmittelbar danach kommt es zu einem Zweikampf zwischen Lang und Hottmann. Lang grätscht zum Ball und spitzelt das Spielgerät mit dem rechten Fuß vor Hottmann aus der Gefahrenzone weg. Bei dieser Grätsche trifft er Hottmann aber auch mit dem Nachziehbein an dessen Fuß und bringt ihn zu Fall. Da die entscheidende Aktion dem Ball galt, ist diese ballorientiert, sodass man den Fußtreffer mit dem Nachziehbein vernachlässigen und mit einem natürlichen Bewegungsablauf in einer Aktion begründen kann. Zudem ist ein Zufallbringen nicht immer gleichgesetzt mit einem Foulspiel. Somit wäre es richtig gewesen, das Spiel weiterlaufen zu lassen, statt einen Elfmeter für Türkgücü zu geben. Eine Fehlentscheidung, diesen Strafstoß zu geben.
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