SV Meppen: Großes Gepolter zum Drittliga-Abschied – und dann?
Viele Fußballfans hatten den SV Meppen in den vergangenen sechs Jahren als sympathischer, unverwechselbarer Bestandteil der 3. Liga wahrgenommen. Jetzt ist das (vorübergehende) Ende des Profifußballs in Meppen nah, und zum Abschied rumort es mächtig. Dabei ist die Aussicht auf eine baldige Rückkehr durchaus gegeben. Doch dem Klub steht ein arbeitsamer Sommer bevor. Ein Überblick.
Leugers-Rücktritt als neuerlicher Tiefpunkt
Das dürfte es gewesen sein: Mit der 0:1-Niederlage bei Borussia Dortmund II ist beim SV Meppen auch der letzte Funke Hoffnung auf einen sensationellen Endspurt erloschen. 24 Punkte, nur noch sechs Spiele – selbst die perfekte Bilanz dürfte dem SVM nicht mehr genügen, den 16. Platz zu erreichen und das unheilvolle Szenario Regionalliga Nord noch abzuwenden. Auch für die Spieler ist die Sache klar: "Das Ding ist durch“, sagte Verteidiger Tobias Kraulich etwa in der "Neuen Osnabrücker Zeitung". "Es ist hoffnungslos", ergänzte Torwart Matthis Harsman. Elf Zähler beträgt der Rückstand auf den Halleschen FC nun, der seinerseits zehnfach ungeschlagen ist – und nur 18 gibt es noch zu holen. Der SV Meppen wird ab Sommer wieder ein Viertligist sein, das ist die bittere Realität.
Eine, die Folgen hat. Zunächst personelle, und das in vielerlei Hinsicht. Eine Nachricht, die am Dienstag einen neuerlichen Tiefpunkt darstellte: Vereinsikone Thilo Leugers, 2017 Teil der Aufstiegsmannschaft, trat als Sportlicher Leiter des SVM nach nur fünf Wochen wieder zurück. Eigentlich sollte er zumindest bis zum Sommer mit Sportvorstand Heiner Beckmann strukturelle Arbeit leisten, mancher hoffte trotz weiterer beruflicher Verpflichtungen Leugers' im elterlichen Betrieb sogar auf eine dauerhafte Beschäftigung. Und nun das: Er könne "die mir gesteckten Überlegungen und Ziele in der Kürze der Zeit nicht so umsetzen, wie ich mir es vorgestellt hatte", ließ Leugers ausrichten. Und so schnell, wie die dringend benötigte zusätzliche Kompetenz installiert worden war, war sie auch schon wieder weg.
Forderung der Fans: Beckmann und Maul sollen den Weg freimachen
Ins Visier der schwer enttäuschten Fans gerückt sind nicht nur die Spieler, sondern Beckmann sowie Geschäftsführer Ronald Maul. Lange funktionierte diese Konstellation sehr ordentlich: Meppen baute mit begrenzten Mitteln immer wieder schlag- und willenskräftige Mannschaften, spielte pro Saison mindestens ein richtig gutes Halbjahr, brachte mit Deniz Undav sogar einen Star hervor, der es als Torjäger über Belgien bis in die Premier League schaffte. Im Sommer 2022 brachte die Transferstrategie früh das ein oder andere Bauchgrummeln hervor: Eine Menge der Neuen entstammte der Regionalliga, dazu bediente sich der SVM munter bei Vorjahres-Absteiger Würzburg (und fand dort immerhin in Marvin Pourié einen akzeptablen Torjäger). Viel Masse, zu wenig Qualität stieß hinzu. Und als sich Kapitän und Torjäger Luka Tankulic Mitte Juli schwer am Meniskus verletzte, er hat bis heute keine Saisonminute absolviert, war das schon vor dem ersten Spieltag ein Knock-out.
Die Unterschiedsspieler fehlten dem Kader nun in Gänze, und sie sollten auch nicht im Winter dazustoßen. Stattdessen die ersten Paniktransfers: Ein nicht fitter Marcos Alvarez kam aus Polen zurück in die 3. Liga, der Brasilianer Bruno Soares aus Island, dazu Marek Janssen aus – richtig, der Regionalliga. Planvoll wirkte das Ganze nie, und so richtig obskur wurde es, als auf das viel zu lange Festhalten am motivierten, aber glücklosen Stefan Krämer die Verpflichtung von Ernst Middendorp folgte. Ungläubiges Staunen in der Branche war die Folge. Hatte sich der SV Meppen einen Scherz erlaubt? Nein: Middendorp sollte nach vielen Jahren fernab von Deutschland die Niedersachsen retten. Und scheiterte mit dieser Mission, das lässt sich schon jetzt absehen. Er mühte sich redlich, aber war chancenlos und wird sich in eine Reihe merkwürdiger Trainerverpflichtungen einreihen, die seit dem Abgang von Erfolgscoach Christian Neidhart im Sommer 2020 vorgenommen worden waren.
Viel frischer Wind – und Puttkammer, der den Anfang macht?
Meppen wird nun viel frischen Wind benötigen, darunter höchstwahrscheinlich einen Middendorp-Nachfolger, einen Leugers-Nachfolger und womöglich noch weitere neue Führungskräfte – alle alten Zöpfe abzuschneiden, wäre zumindest eine naheliegende Maßnahme. Dazu wird die Mannschaft gehörig durchgetauscht, wobei nach dieser Saison kaum ein Akteur sportliche Argumente dafür gesammelt hat, definitiv andernorts in der 3. Liga zu verbleiben. Steffen Puttkammer kündigte als Erster an, den Gang in die Regionalliga mitgehen zu wollen. Um den erfahrenen Verteidiger herum könnte eine hungrige Mannschaft gebildet werden. Immerhin das hat der SVM ja angestoßen: Nachwuchsakteure wie Luca Prasse und Lukas Eixler durften sich schon mehrfach beweisen, sie werden in der Regionalliga die nächsten Schritte gehen, sodenn sie den Norddeutschen treu bleiben.
Ein schwacher Trost ist: Die Konkurrenz in der Nord-Staffel ist für gewohnt keine große, und sie wird durch den nahenden Aufstieg des VfB Lübeck nochmals geringer. Der HSV II verzichtete als ein sportliches Schwergewicht gar auf das Zulassungsverfahren, nur Hannover II bewarb sich neben Lübeck, ist aber sportlich weit abgeschlagen. Durchaus möglich, dass im kommenden Jahr Klubs wie Weiche Flensburg und Emporkömmling Teutonia Ottensen ein Wort mitmischen werden. Und auch Rivale VfB Oldenburg, mit fünf Punkten Rückstand auf die Nichtabstiegszone ebenso höchst abstiegsgefährdet, könnte dem SVM bald wieder begegnen. Eine freie Bahn für den direkten Wiederaufstieg in 2024 gibt es also nicht. Zumal der sichere Aufstiegsplatz kommende Saison in die Nordost-Staffel wandert, selbst als Meister müsste sich Meppen noch mit dem Besten der Bayern-Staffel auseinandersetzen. Es bleibt die Hoffnung, dass es nicht, wie zwischen 1998 und 2017, erneut gleich 19 Jahre in den Amateurligen werden …