Toku im Interview: "Wir haben die Vorarbeit geleistet"
Im Interview mit liga3-online.de spricht Farat Toku, Trainer des abstiegsbedrohten FC Viktoria 1889 Berlin, über seine Rückkehr als Trainer an die Seitenlinie, die unangenehme Situation mit einem spielfreien Wochenende kurz vor Schluss, die richtige Mischung für das entscheidende Endspiel sowie die mögliche Krönung zum Ende der Saison.
Spielfrei? "Eine extrem schwierige Situation"
liga3-online.de: Seit mittlerweile zwei Monaten sind Sie für Viktoria Berlin verantwortlich. Wie fühlt es sich an, nach fast drei Jahren wieder an der Seitenlinie zu stehen, Herr Toku?
Farat Toku: Es ist ein tolles Gefühl, wieder das tägliche Geschäft im Fußball mitzuerleben. Es macht mir sehr viel Spaß, wieder mit den Jungs auf dem Platz zu arbeiten. Ich hatte mich zwar bewusst dafür entschieden, eine Pause einzulegen und den Fokus auf den Lehrgang zum Fußballlehrer zu legen. Jetzt bin ich aber auch froh, wieder auf dem Platz stehen zu dürfen.
Konnten Sie sich mittlerweile im großen Berlin einleben?
Ich war schon häufiger in Berlin, sodass es für mich keine große Umgewöhnung gab. Außerdem gibt es sehr viele Parallelen zum Ruhrgebiet. Die Menschen in der Hauptstadt sind sehr multikulturell und vor allem sehr offen. Das passt einfach zu mir und hat mir die ersten Schritte deutlich vereinfacht. Hinzu kommt, dass ich durch das stramme Programm in den ersten Wochen ohnehin kaum Zeit hatte, mir darüber Gedanken zu machen (lacht).
In welcher Verfassung hatten Sie den die Mannschaft bei Ihrer Übernahme vorgefunden?
Die Tabelle konnte zu diesem Zeitpunkt wohl jeder lesen. Dass die Atmosphäre nicht die beste sein würde, war mir bei meinem Einstieg bewusst. Dennoch haben die Jungs von Beginn an sehr gut mitgezogen und die Köpfe nicht hängen gelassen.
Und was hat sich seitdem verändert?
Wichtig war in erster Linie, dass wir die Englischen Wochen gut hinter uns gebracht haben. Danach hatten wir etwas mehr Zeit, um in den Trainingseinheiten gezielt einige unserer Schwächen konkret anzugehen. Was wir seitdem viel besser in den Griff bekommen haben, ist, in der Defensive kompakter zu stehen und nicht mehr so viele Gegentore zu kassieren.
Nun muss Ihre Mannschaft wegen des Rückzugs von Türkgücü München an diesem Wochenende eine Pause einlegen. Wie geht man im Saisonendspurt mit so einer Situation um?
Für mich als Trainer ist es eine extrem schwierige Situation, aktuell nichts dagegen machen zu können. Wir haben aber mit dem jüngsten Sieg gegen den 1. FC Saarbrücken die Vorarbeit geleistet. Auch die Siege gegen bei der zweiten Mannschaft von Borussia Dortmund und gegen den 1. FC Magdeburg hatten uns sicherlich nur die Wenigsten zugetraut. Damit haben wir für gute Voraussetzung gesorgt. Von daher richten wir unseren Fokus vor allem auf unser letztes Spiel gegen den SV Meppen.
"Das erhöht unsere Chancen"
Wie genau werden Sie die Spiele Ihrer direkten Konkurrenten SC Verl (am Freitag bei der U 23 von Borussia Dortmund) und MSV Duisburg (am Samstag gegen den SC Freiburg II) am Wochenende verfolgen?
Es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, dass wir nicht auf die Ergebnisse unsere Mitstreiter und auf die Tabelle blicken. Die 3. Liga ist eine unberechenbare und professionelle Liga. Hier kann jeder jeden schlagen. Ich gehe davon aus, dass die Zweitvertretungen des BVB und des Sportclubs in ihren vorletzten Spielen nichts verschenken wollen.
Am letzten Spieltag stehen sich die beiden direkten Mitstreiter SC Verl und MSV Duisburg im direkten Duell gegenüber. Ist das ein Vor- oder Nachteil?
Das wird ein bisschen von den Ergebnissen am Wochenende abhängig sein. Aber dass die Paarungen so auf dem Programm stehen, können wir ohnehin nicht ändern. Daher nehmen wir die Situation so wie sie ist und versuchen, das Beste daraus zu machen. Wichtig ist, dass am letzten Spieltag noch so viele Teams wie möglich noch im Rennen um den Klassenverbleib involviert sind. Das erhöht unsere Chancen.
Insgesamt spielen neben Viktoria Berlin noch vier weitere Teams um die letzten Tickets für die 3. Liga. Welchen Klub sehen Sie am Ende auf dem Abstiegsplatz?
Darüber denke ich gar nicht groß nach. Unser Fokus liegt darauf, die Klasse halten zu können. Sollten wir über dem Strich stehen, wäre es das Ergebnis harter Arbeit. Das hätten sich die Jungs nach dieser ersten Saison in der 3. Liga verdient.
Unabhängig davon, wie die anderen Mannschaften spielen, muss Berlin am letzten Spieltag gegen den SV Meppen einen Sieg einfahren. Wie bereiten Sie Ihre Spieler auf das allerletzte entscheidende Spiel vor?
Es ist wichtig, dass wir eine ausgewogene Balance aus Anspannung uns Spaß an den Tag legen. Damit meine ich aber nicht, dass wir die Partie auf die leichte Schulter nehmen. Vielmehr soll die Freude am Spiel bei jedem Zweikampf, jedem Kopfball und auch bei jedem Konter erkennbar sein. Das versuchen wir den Spielern in jedem Training einzutrichtern.
Und nach dem gelungenen Klassenverbleib soll dann als Krönung noch der Pokalsieg folgen, oder?
Das ist ein weiteres Ziel, das wir uns auf die Fahne geschrieben haben. Als Spieler steht man im Laufe seiner Karriere nicht sehr häufig in Endspielen. Von daher ist es für jeden Einzelnen eine besondere Erfahrung, sich mit einem Titel für den DFB-Pokal zu qualifizieren. Ich kann mich noch gut an den Sieg mit der SG Wattenscheid im Westfalenpokal erinnern. Das sind Momente, die vergisst man so schnell nicht wieder. Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg und wir wollen erst einmal das Ziel Klassenverbleib in trockene Tücher bringen.