Trainerwechsel beim 1. FC Magdeburg: Ein abgekartetes Spiel?

Keine 24 Stunden nach der überraschenden Entlassung von Stefan Krämer präsentierte der 1. FC Magdeburg am Montagabend mit Claus-Dieter Wollitz bereits dessen Nachfolger. Ein abgekartetes Spiel? Ganz von der Hand weisen lässt sich die Vermutung vieler Fans nicht – vor allem aus zwei Gründen.

Es ging erstaunlich schnell

In der Regel läuft es so: Ein Trainer wird aufgrund von ausbleibenden Ergebnissen oder unterschiedlichen Ansichten über die Perspektive des Vereins freigestellt, dann sondieren die Verantwortlichen den Markt, führen Gespräche, tauschen sich mit potenziellen Kandidaten über deren Konzept und die Ziele aus und stellen dann den Nachfolger vor. Beim 1. FC Magdeburg ging der Trainerwechsel nun erstaunlich schnell über die Bühne: Gerade einmal 23 Stunden lagen zwischen der Krämer-Entlassung am Sonntag- und der Wollitz-Vorstellung am Montagabend. Dass der FCM so kurzfristig reagiert hat, lässt für viele Fans nur einen Schluss zu: Es handelt es sich um ein abgekartetes Spiel.

Was dafür spricht: Erst am Freitag hatte Wollitz seinen Vertrag bei Energie Cottbus trotz der Tabellenführung in der Regionalliga Nordost aufgelöst – offenbar, weil er das Vertrauen vom Verein ihm gegenüber nicht mehr gegeben sah. "Ich kann nur gut arbeiten, wenn man mir vertraut. Dieses Gefühl hatte ich zuletzt nicht mehr", erklärte Wollitz vor einer Woche. Oder kehrte Wollitz den Lausitzern den Rücken, weil er zu diesem Zeitpunkt bereits ein konkretes Angebot aus Magdeburg vorliegen hatte? Seltsam ist jedenfalls: Einen Tag vor Wollitz' Abschied aus Cottbus hatte das Präsidium des Klubs noch von Gesprächen berichtet, in denen mehr als deutlich geworden sei, "dass Claus-Dieter Wollitz seinen bestehenden Vertrag bis zum Sommer 2020 erfüllen wird." Keine 24 Stunden später war das bereits hinfällig.

Die Frage nach der Zielsetzung

Ein weiteres Indiz: Die Freistellung von Stefan Krämer hatte Geschäftsführer Mario Kallnik damit begründet, dass die Entwicklungsziele des 1. FC Magdeburg gefährdet seien. Fragt sich nur welche? Der Aufstieg kann kaum gemeint sein, schließlich hatte die sportliche Leitung im zurückliegenden Sommer immer wieder betont, dass die Rückkehr in die 2. Bundesliga bis zu drei Jahre Zeit habe. Dreimal 38 Spieltage, das macht 114 Partien. Krämer musste jedoch bereits nach 20 Spielen, also einem Sechstel der Zeit, gehen. Nach dem 1:1 in Kaiserslautern Mitte September sagte Sportchef Maik Franz noch: "Wir müssen in diesem Jahr nicht aufsteigen, wollen eine stabile Saison spielen, ohne in die Bredouille zu kommen." Derzeit steht der FCM auf Rang zwölf und hat immerhin sieben Punkte Vorsprung auf die Abstiegsplätze, der Rückstand zum Relegationsrang beträgt dagegen nur fünf Zähler. Dass Stefan Krämer der richtige Trainer ist, daran hatte Kallnik seinerzeit "überhaupt keinen Zweifel". Stattdessen betonte der FCM-Geschäftsführer, dass in der jetzigen Phase Geduld gefragt und kein Platz für Panik sei. Drei Monate später haben sich die Vorzeichen scheinbar geändert.

Nicht wenige Fans vermuten, dass Krämer auch ein 5:0-Sieg in Braunschweig nichts genützt hätte – er wäre so oder so freigestellt worden. Dazu passt auch der kurze Zeitrahmen zwischen Abpfiff in Braunschweig und der Entlassung. Hat der FCM in so kurzer Zeit eine Analyse der kompletten Hinrunde vorgenommen und war dabei zu dem Schluss gekommen, dass Krämer nicht mehr der richtige Trainer sei, obwohl man ihm wenige Wochen zuvor noch das volle Vertrauen ausgesprochen hatte? Jahrelang stand der FCM wie nicht viele andere Klubs für Kontinuität – mittlerweile nicht mehr.

"Mit lieb und nett kamen wir nicht weiter"

Vollständig aufklären lassen sich die tatsächlichen Beweggründe nicht – vielleicht lief das alles auch ganz anders ab. In der "Bild" begründet Kallnik jedenfalls: "Mit lieb und nett kamen wir nicht weiter. Wenn kritische Wahrheiten erkannt, aber innerhalb der Mannschaft vom Trainer nicht angesprochen werden, bremst das den kompletten Entwicklungsprozess." Wollitz soll dem nun entgegenwirken. Der 54-Jährige bringt ohne Frage jede Menge Emotionen und Leidenschaft mit, gilt aber gerade deswegen als nicht unumstritten. Reibungspunkte scheinen nicht ausgeschlossen, die Verpflichtung Wollitz' birgt Chancen und Risiken zugleich.

Klar ist zudem: Zündet Wollitz nicht wie erhofft, dürfte es auch für Kallnik und Franz ungemütlich werden. Nach den augenscheinlichen Fehlgriffen von Michael Oenning und Stefan Krämer muss die neuerliche Trainerentscheidung nun sitzen.

   

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