Trotz Niederlage in Mannheim: Lieberknecht zieht den Hut
Dem geneigten Mannheimer Zuschauer verschaffte der 4:3-Erfolg des SV Waldhof über den MSV Duisburg wohl die intensivsten aller Glücksgefühle. Aufseiten der geschlagenen Zebras sah die Welt freilich anders aus. Doch auch den MSV-Akteuren war klar, dass sie etwas Außergewöhnliches erlebt hatten. So scheute sich MSV-Trainer Torsten Lieberknecht am Anschluss nicht davor, von einem "super Spiel" zu sprechen.
Lieberknecht hatte eine Vorahnung
Manch ein Fußballfan besucht hunderte von Partien ohne jemals ein solches Spiel bestaunen zu dürfen. Waldhof Mannheim und der MSV Duisburg lieferten am Sonntagnachmittag ein Spektakel der Extraklasse: Sieben Tore, zwei Führungswechsel, etliche weitere Höhepunkte – und das bei Temperaturen, die allenfalls einen Freibadbesuch nahelegen. Doch in Mannheim gab es Spitzenfußball. Und einer hatte vorab schon so eine Ahnung. "Ich habe es ja schon vor dem Spiel gesagt", resümierte Duisburg-Trainer Torsten Lieberknecht am "Magenta Sport"-Mikrofon, "wir sehen zwei Mannschaften, die Tore schießen können."
Und wie sie das konnten. Die ersten beiden Beweise lieferte der SV Waldhof. Ein Diring-Abstauber (17.) sowie ein sehenswerter Distanzschuss von Angreifer Sulejmani (26.) brachten den MSV früh ins Hintertreffen.
Stoppelkamp-Tor sorgt für Diskussionen
Dann der kuriose Anschlusstreffer: Ein harmloser Ball rollte am herausgeeilten SVW-Torhüter Scholz vorbei, der durchgestartete Stoppelkamp musste nur noch einschieben (29.). Bitter für die Hausherren: Die Szene war nur zustande gekommen, weil sich Scholz in der Bewegung verletzt hatte. Entsprechend sorgte der Treffer für Diskussionen: "Es ging sehr schnell", schilderte Stoppelkamp nach der Partie im "Mannheimer Morgen" und betonte: "Es tut mir leid. Aber letzten Endes hat Mannheim gewonnen, das war vielleicht auch Karma." Lieberknecht schützte seinen Kapitän, der zuvor auf einen Torjubel verzichtet hatte: "Es wäre jetzt heuchlerisch zu sagen, dass er den hätte danebenschießen sollen." Auch SVW-Cheftrainer Bernhard Trares betonte: "Wie soll ein Spieler in einer Sekunde entscheiden, ob das eine schwere Verletzung ist? Selbstverständlich muss der Spieler in so einer Situation den Ball ins Tor schieben. Wir Trainer und die Verantwortlichen waren sich klar, dass es da keine Diskussion gibt."
Die Zebras hatten nun die Oberhand. Wiederum nur fünf Minuten später nickte Vermeij eine punktgenaue Sicker-Flanke zum Ausgleich ein (34.). Auch nach dem Seitenwechsel drückte der MSV – und die Meidericher belohnten sich. Ben Balla bugsierte das Leder nach einem Stoppelkamp-Freistoß in die Maschen und versetzte den mitgereisten Anhang in Ekstase (59.). Doch an diesem Tag schien wirklich alles möglich: So drehten Sulejmani (70.) und Seegert (75.) die Partie tatsächlich noch zugunsten der Hausherren.
"Wir wollen ja was zeigen"
Die Stimmung im Duisburger Lager war nach Abpfiff eine eigenartige. Natürlich überwog Enttäuschung über die Pleite, die zuvor abgelieferte Leistung wollte sich allerdings keiner der MSV-Akteure schlecht reden lassen. "Wir müssen es einfach hinnehmen, schlucken", so Cheftrainer Lieberknecht. "Aber wir wollen ja was zeigen. Wir haben gesagt, wir wollen einen offensiven Weg aufzeigen. Und zu einem Fußballspiel gehören auch defensive Fehler. Die haben wir gemacht. Aber wir haben nie aufgesteckt."
Vorwürfe könne er seiner Mannschaft daher keine machen. Vielmehr gab es vom 46-Jährigen auf der anschließenden Pressekonferenz sogar Lob – und zwar auch für den Gegner: "Ich ziehe den Hut nicht nur vor meiner Mannschaft, sondern auch vor dem SV Waldhof." Einer der Hauptakteure in Reihen des MSV bemühte sich hingegen um ein knappes, eher nüchternes Fazit. "Es ist natürlich ärgerlich", konstatierte Torjäger Moritz Stoppelkamp. "Wenn du auswärts 3:2 führst bei diesen Temperaturen, dann musst du mindestens einen Punkt mitnehmen." In der Tabelle belegt der MSV nach der zweiten Saisonpleite nun Rang drei.