Ulms Sportchef Thiele im Interview: "Die Sehnsucht war enorm"
Im Interview mit liga3-online.de spricht Markus Thiele, Geschäftsführer Sport und Vertrieb beim Aufsteiger SSV Ulm, über die Erleichterung nach der gelungenen Rückkehr in den professionellen Fußball, die Kaderplanung für die kommende Spielzeit, Fehler aus der Vergangenheit, die nicht wiederholt werden sollen und eine nachhaltige Entwicklung.
"Ein Riesenschritt
liga3-online.de: Herzlichen Glückwunsch zum Aufstieg in die 3. Liga, Herr Thiele! Nach einer langen Saison ist das Ziel endlich erreicht. Wie groß ist die Erleichterung?
Markus Thiele: Wir haben uns riesig gefreut, dass wir die Meisterschaft bereits einen Spieltag vor Schluss unter Dach und Fach gebracht haben. Nachdem wir in der vergangenen Saison nur ganz knapp gescheitert waren, war es das ganz klare Ziel, in dieser Saison endlich hoch zu gehen. Von Beginn an haben wir souverän die Tabelle angeführt. Nachdem wir in den letzten Spielen auch immer wieder unsere Stabilität eindrucksvoll unter Beweis gestellt hatten, war ich mir auch sicher, dass uns nichts mehr in Quere kommen kann, wenn wir unsere Hausaufgaben erledigen würden.
Für den SSV Ulm ist es nach 22 Jahren die Rückkehr in den Profifußball. Was bedeutet dies für den Verein?
Für unsere Entwicklung ist es ein Riesenschritt, dass wir nach einer so langen Zeit in den Profifußball zurückkehren. Die Sehnsucht und die Erwartungshaltung in der ganzen Region waren auch wegen der engen Spielzeit im vergangenen Jahr enorm. Auch unsere Zuschauerzahlen in dieser Saison beweisen, dass die Zeit gekommen ist, wieder im Profifußball Fuß zu fassen.
Wie haben Sie die zurückliegenden Tage erlebt?
Es war ein toller Rahmen, im heimischen Stadion vor über 10.000 Fans den Aufstieg in trockene Tücher zu bringen. Was in der Stadt bis spät in die Nacht los war, ist kaum in Worte zu fassen. Wir haben sehr viel Zuspruch für unsere Leistungen erhalten. Die ganze Region hat wieder richtig Lust auf Profifußball.
Die U23 TSG Hoffenheim hat mit einer beeindruckenden Serie von zwischenzeitlich neun Siegen in Folge lange nicht lockergelassen. Wie viel Druck hat der SSV verspürt?
Der Druck war bis zur letzten Minute da. Wir wussten aber zu jeder Zeit, dass wir den Hebel in der Hand halten. Es war klar, dass wir die reifere und erfahrenere Mannschaft sind. Daher haben wir uns auch während der Hoffenheimer Siegesserie nicht aus der Ruhe bringen lassen. Vielmehr haben wir den Fokus auf unsere eigenen Stärken gerichtet.
Zum Abschluss der Saison ist der SSV am Samstag ab 14 Uhr beim neuen zweitplatzierten TSV Steinbach Haiger zu Gast, der ebenfalls lange im Rennen um die Meisterschaft vertreten war. Wie froh sind Sie darüber, dass es im letzten Spiel um nichts mehr geht?
Es war unser klares Ziel, am letzten Spieltag mindestens vier Punkte Vorsprung auf Steinbach zu haben. Das ist uns zum Glück gelungen. Wenn man so kurz vor Schluss noch ein solches Endspiel vor der Brust hat, entwickelt sich die Meisterschaft zur Kopfsache. Von daher sind wir froh, dass wir dieses Szenario verhindern konnten.
"Grundgerüst für die kommende Spielzeit steht"
22 Spieler stehen derzeit für die neue Saison unter Vertrag. Wie viel Arbeit haben Sie noch auf dem Schreibtisch liegen?
Das Grundgerüst für die kommende Spielzeit steht. Wir hatten schon in der vergangenen Saison einen größeren Umbruch, uns aber gezielt mit Spielern verstärkt, die uns auch in der 3. Liga helfen können. Von daher erleichtert es unsere Aufgaben nun ein wenig. Dennoch sind wir auf der Suche nach vier bis fünf weiteren Verstärkungen, die uns auf Anhieb voranbringen können.
Was für Spielertypen suchen Sie denn?
In erster Linie ist es wichtig, dass mögliche Neuzugänge voll und ganz ins Mannschaftsgefüge passen. Ich lege viel Wert darauf, dass die Selbstwahrnehmung eines Spielers auch mit der des Teams zusammenpasst. Es geht also nicht nur um spielerische Qualitäten, sondern auch um charakterliche Eigenschaften sowohl auf als auch neben dem Platz.
Wie sieht es im Bereich der Infrastruktur aus?
Da unser Stadion mittlerweile einige Jahre hinter sich hat, muss in einigen Bereichen für die 3. Liga nachgebessert werden. Unter anderem wird eine Beschallungsanlage installiert. Außerdem muss aufgrund des zu erwartenden höheren Fanaufkommens auch im Bereich der Sicherheit etwas getan werden. Zudem bekommen wir zusätzlich einen neuen VIP-Raum, der uns neue Möglichkeiten für weitere Sponsoren eröffnet. Unser Dank gilt dabei der Stadt Ulm, die uns in unserem Vorhaben schon von Beginn an unterstützt hat und die Planung frühzeitig angestoßen hat.
Wie gut ist der SSV Ulm generell für die Rückkehr in die 3. Liga ausgestattet?
Wir gehen mit dem Etat in die neue Saison, der einen Klassenverbleib als realistisch erscheinen lässt. Umso früher wir den Klassenverbleib in trockene Tücher bringen können, desto besser wäre es für die weiteren Planungen. Wichtig dabei ist, dass wir mit einem ausgeglichenen Haushalt ans Werk gehen, um so auch weiterhin nachhaltig zu wirtschaften.
Die SV Elversberg hat in dieser Saison eindrucksvoll unter Beweis gestellt, wie weit es für einen Aufsteiger aus der Regionalliga Südwest gehen kann. Was trauen Sie Ihrem Team in der kommenden Spielzeit zu?
Wir können vor der Leistung von Elversberg nur den Hut ziehen. Die SVE hat es in dieser Saison hervorragend gemacht. Mit Blick auf unsere Vereinsgeschichte hat der SSV Ulm aber am eigenen Leib erfahren, dass so eine rasche Entwicklung, mit dem Durchmarsch von der damaligen drittklassigen Regionalliga bis in die Bundesliga, nicht nachhaltig war. Diesen Fehler werden wir nicht wiederholen. Stattdessen wollen wir uns Stück für Stück weiterentwickeln. Dabei ist ein stabiles Wirtschaften das A und O. Wir haben mittlerweile über 340 Sponsoren, die uns unterstützen. Das ist eine solide Basis, die wir auch in der 3. Liga ausbauen wollen.