Warum der Abstiegskampf erschreckend schwach ist
Üblicherweise zeigen Kellerkinder in den Finalwochen den größten Einsatz und holen so überdurchschnittliche Punkte, was für manch spektakuläres Finale gesorgt hat. In diesem Jahr aber ist der Abstiegskampf ein Schneckenrennen von erschreckender Qualität. Ein Kommentar.
Ein Schneckenrennen
Als neutraler Fan dieser Spielklasse freue ich mich grundsätzlich über jedes Ergebnis, das die Tabelle spannender werden lässt. Dementsprechend gäbe es nun eigentlich keinen Anlass, das Geschehen im Tabellenkeller zu kritisieren: Vier Vereine sind zwei Spieltage vor dem Saisonende vier Punkte voneinander getrennt, nur einer wird sich am Ende retten. Ist doch prima, da wird Abstiegskampf bis zum allerletzten Spieltag, vielleicht sogar bis zur allerletzten Minute garantiert sein! Doch mein erster Gedanke ist nach den vergangenen Wochen ein anderer: Es ist der 3. Liga kaum würdig, in welchem Tempo sich die Abstiegskandidaten nun der Ziellinie entgegenschleppen. Außenstehende sind geneigt, sich zu fragen: Will denn keiner in der Liga bleiben?
Meppen: Viele falsche Entscheidungen
Beispiellos war das Geschehen am vergangenen Sonntag, als gleich zwei der heißesten Abstiegskandidaten schier ohnmächtig Niederlagen erfuhren. Der SV Meppen, unter Rico Schmitt noch immer sieglos, verlor mit 0:2 gegen Lübeck – das kann mal passieren, wird im direkten Duell wahrscheinlich nicht mehr von Relevanz sein und ist zu diesem Zeitpunkt der Saison dennoch ein No Go. Nach Abpfiff mussten sich die Spieler den Fans am Zaun erklären, Wut prasselte ihnen entgegen.
Die war auch hervorgegangen aus Frust über eine nicht profitaugliche öffentliche Darstellung der Emsländer, deren Klubverantwortliche sich inmitten der sportlich wichtigsten Woche seit langer Zeit tatsächlich zu einer öffentlichen Schlammschlacht mit der örtlichen Zeitung hatten hinreißen lassen. Der Fokus liegt auf Nebenkriegsschauplätzen anstatt auf dem Klassenerhalt, obgleich ganz offenbar mehrere Fehler in der sportlichen Planung des letztjährigen Tabellensiebten gemacht worden sind. Kurzum: Meppen, das sieben Partien lang auf einen Sieg warten, gibt in vielerlei Hinsicht das Bild eines Absteigers ab. Nur: Der SVM steht nicht auf dem dazugehörigen Platz. 20 Saisonniederlagen, die schlechteste Offensive, die zweitschwächste Defensive, das mit Abstand miserabelste Torverhältnis wird derzeit mit Rang 16 belohnt. Wie geht das? Indem sich die Gegner ebenso quälen.
Bayern II: Nicht gemacht für den Abstiegskampf
So die Reserve des FC Bayern, die ihr Heimspiel mit 1:2 gegen schon abgestiegene Hachinger verlor. Selbst Unterhaching wusste nicht, ob es sich über diesen Sieg freuen sollte oder schlicht ungeschickt war, sich mit dieser sportsmännisch tadellosen Leistung wohl einen der wenigen ernstzunehmenden Konkurrenten in der Regionalliga Bayern 2021/22 gesichert zu haben.
Ein Meister, der absteigt – das schaffte hierzulande im Profifußball nur der 1. FC Nürnberg 1969. Die Bayern-Talente haben allerdings zehn Spiele nicht gewonnen, wirken verunsichert, haben den personellen Aderlass in Mannschaft und Trainerstab nach dem vergangenen Sommer nie verkraftet und scheinen mit ihrem spielerischen Ansatz schlicht nicht für Abstiegskampf und Phasen ohne Selbstvertrauen geschaffen. Jetzt droht der Abschied von der 3. Liga ausgerechnet im Derby gegen den TSV 1860. Und einiges deutet daraufhin, dass die aufstiegsgierigen Löwen ihre Beute auf dem Weg in die Top 3 nur so verschlingen.
Uerdingen: Gegenwehr gebrochen?
Die heftigsten Versuche von Gegenwehr leistete zuletzt noch der KFC Uerdingen. Was fraglos überraschte, denn im dreijährigen Kapitel 3. Liga war der Verein vom Rhein zuvor selten für eine Mannschaft bekannt, die durchs Feuer ging. Jetzt scheint der Widerstand allerdings auch gebrochen, zuletzt reiste Uerdingen nur noch mit 14 Feldspielern an. Eine Insolvenz aufgrund von zehn Millionen Euro Schulden, verspätete Gehaltszahlungen, ein recht unbekannter neuer Investor, keine Heimat und schlechte Trainingsbedingungen: Auch hier findet sich ein potenzieller Absteiger, bei dem nach dem 1:4 in Kaiserslautern – Uerdingen hat nur eines von acht Spielen gewonnen – die Köpfe tief unten waren.
Der ganz große Gewinner kann nur schmunzeln
Endgültig ins Fäustchen lachen darf sich der 1. FC Kaiserslautern. Sicher: Nach endlos langem Anlauf ruft der FCK nun die Qualität ab, die in seinen Einzelkönnern steckt, und sicherlich ist vor allem die Entwicklung der Offensivleistungen sehr positiv zu deuten. Doch klar ist auch: Der bevorstehende Klassenerhalt nach einer lange horrenden Spielzeit der Roten Teufel, der womöglich nun sogar einen Spieltag vor dem Saisonende gelingt, ist zu gewissen Teilen auch der seit Wochen patzenden und keinen Drittliga-Ansprüchen genügenden Konkurrenz zu verdanken. Die Rettung mit 41 Punkten? Das hätte vor einigen Wochen keiner für möglich gehalten – die meisten waren von 44 bis 46 Zählern ausgegangen. Es konnte ja niemand ahnen, dass die Konkurrenz geschlossen Nerven zeigt.