Warum der FC Ingolstadt nicht in der 2. Bundesliga ankommt

15 Spiele, sechs Punkte: Vieles deutet derzeit auf den direkten Wiederabstieg des FC Ingolstadt in die 3. Liga hin. Wieso tut sich der bayrische Verein bislang so schwer mit der für ihn doch bekannten Spielklasse, in der er einst sogar ein sportliches Schwergewicht war? Eine Spurensuche.

"Brauchen Siege, Siege, Siege"

Die Spieler des FC Ingolstadt sind es gewohnt, nichts Zählbares zu holen. So hingen die Köpfe am Sonntagnachmittag nicht allzu tief. Gut mitgespielt hatten sie ja beim übermächtigen Hamburger SV, "engagiert" titelte der Kicker über die Schanzer, was dem unsäglichen Urteil "stets bemüht" schon verdächtig nahekommt. Unter dem Strich stand eine klare 0:3-Niederlage, früh eingeleitet und danach nie wirklich zur Disposition. Es war die elfte Niederlage am 15. Spieltag, der letzte und einzige Sieg datiert auf den 27. August und liegt damit mehr als drei Monate zurück. Gegner damals: der Vorletzte Sandhausen. Gut möglich, dass sich die beiden Vereine im Hardtwaldstadion des SVS beim nächsten Aufeinandertreffen als Drittligisten begrüßen werden.

Ob neun erzielte Tore, 34 Gegentore oder der miserable Punktestand, der mit bereits acht (!) Zählern Rückstand auf Relegationsrang 16 sowie den ersten sicheren Nicht-Abstiegsplatz 15 einhergeht: Zweitliga-tauglich sieht die Bilanz der Ingolstädter nicht aus. "Die nächsten Wochen vor der Winterpause werden entscheidend sein, da müssen wir punkten, um die Chance auf den Klassenerhalt aufrechtzuerhalten", bilanzierte Marcel Gaus ziemlich zutreffend nach der Hamburg-Schlappe. "Wir brauchen Siege, Siege, Siege", führte Marc Stendera an. "Um jeden Preis", fügte er hinzu. "Alles andere hilft uns nicht." Längst stehen die Ingolstädter mit dem Rücken zur Wand. Sind zu schwach, um durchaus taumelnde, große Konkurrenten wie Hannover 96 und Fortuna Düsseldorf unter Druck setzen zu können.

Gaus ist mit 32 Jahren der zweitälteste Spieler im Kader der Süddeutschen, übertroffen nur von Sturmroutinier Stefan Kutschke. Auch bei Denis Linsmayer, Nico Antonitsch und Maximilian Beister steht die Drei mittlerweile vorne. Es gibt sie also, die erfahrene Achse. Allerdings greifen die Ingolstädter erst jetzt auf sie zurück. In die Saison ging der FCI auf allen Ebenen mit Mut zur Verjüngung, vielleicht aber auch etwas Torheit. Maximilian Neuberger (21) und Thomas Keller (22) in der Innenverteidigung, Jalen Hawkins (21) und Filip Bilbija (21) auf den Flügeln, das wohl größte Talent des Kaders, Merlin Röhl (19), im Mittelfeldzentrum: Jugend forscht regierte, zahlte aber viel Lehrgeld. Aufgestellt wurden sie vom 42-jährigen Roberto Pätzold, der wiederum den Posten von Aufstiegscoach Tomas Oral übernommen hatte. Rückkehrer Malte Metzelder wurde zudem als "Manager Profifußball" installiert.

Schubert unterbietet Pätzolds Punkteschnitt

Der Versuch, in dieser Konstellation die 2. Bundesliga zu besegeln, startete mit ruppigem Seegang: Der Gegenwind wurde erstmals zum Sturm, als der FCI nach zwei Auftaktniederlagen zum SV Darmstadt 98 reiste – der kam just aus einer Corona-Welle, trat das erste Mal mit voller Kapelle an und überrannte die Ingolstädter mit 6:1. Schiffbruch! So deutlich wurde es danach nicht wieder, aber der Leistungsunterschied gerade im Vergleich mit den besseren Teams der Liga war immer wieder eklatant: 0:3 gegen Bremen, 1:4 gegen St. Pauli, 0:3 gegen Schalke, 0:3 gegen Regensburg und nun das 0:3 beim HSV. Pätzold war nach dem achten Spieltag Geschichte, ersetzt durch den viel erfahreneren André Schubert. Der unterbot den schon niedrigen Punkteschnitt Pätzolds (0,5) bislang sogar noch (0,29), obgleich er die Jüngeren vermehrt auf die Bank setzte und Erfahrung reaktivierte. Dass dies nicht gleich Zweitliga-Qualität bedeuten muss, wird nun schmerzhaft offensichtlich.

Viel wurde optimiert in der Mannschaft des FCI, eine Elf mit Vertrauen in sich und die eigene Konkurrenzfähigkeit fand bislang keiner. Unter den Feldspielern stand an den ersten 15 Spieltagen niemand öfter als 13 Mal auf dem Platz, Edeljoker Fatih Kaya ausgenommen. Bezeichnend war, was die "Süddeutsche Zeitung" feststellte: Gegen Hamburg stand nun nicht ein Profi in der Startformation, der in dieser Saison schon ein Tor geschossen hatte. Als i-Tüpfelchen auf dem Scherbenhaufen des bisherigen Jahres finden sich die langwierigen Verletzungen etwa von Neuzugang Yassin Ben Balla, von Tobias Schröck und Caniggia Elva. Auch Dennis Eckert Ayensa, im Vorjahr noch Unterschiedsspieler, fällt mit einem Schlüsselbeinbruch nun aus – seine bisherige Saison verlief aber äußerst unbefriedigend, der Stürmer traf trotz vieler Startelfeinsätze noch kein einziges Mal.

Beiersdorfer muss im Winter ran

Zum erfahrenen Hoffnungsschimmer wird einer, der kürzlich bei seinem Ex-Klub HSV die erste Auswärtsfahrt mit dem FC Ingolstadt verbrachte: Dietmar Beiersdorfer (58) nimmt sich der Rolle des Sport-Geschäftsführers an, Metzelder arbeitet ihm seit einigen Wochen nur noch zu. Auch hier wurde die Verjüngungskur schlussendlich über den Haufen geworfen, kurzfristig soll und muss nun Erfolg her. Ob Beiersdorfer auch bei einem immer wahrscheinlicheren Abstieg in die 3. Liga bleibt – Ingolstadt dürfte mit Wintertransfers alles Erdenkliche versuchen, die kleine Chance zu nutzen – ist allerdings fraglich. Doch irgendjemand wird die undankbare Aufgabe übernehmen müssen, schon jetzt Drittliga-Szenarien zu entwerfen. Und im Idealfall gleich dazu einen neuen Langfristplan, der länger hält als das Projekt, das beim FCI nach vier Monaten 2. Bundesliga zu scheitern droht. Besser läuft es unterdessen bei den beiden anderen Aufsteiger Hansa Rostock (Platz 10) und Dynamo Dresden (Platz 14).

   

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