Welche Lehren der FC Energie aus der Pleite in Essen ziehen kann
Als der FC Energie Cottbus zum letzten Mal in der 3. Liga verlor, war gerade erst der September angebrochen, und das Thermometer zeigte Temperaturen jenseits der 30 Grad an. Nach acht Spielen ohne Niederlage mussten die Lausitzer am Samstag allerdings ein 0:4 an der Hafenstraße in Essen hinnehmen. "Aus diesem Spiel haben wir richtig gelernt“, gab Claus-Dieter Wollitz zu Protokoll. Doch welche Erkenntnisse können Mannschaft und Trainer aus dieser Begegnung mitnehmen? Die Analyse von liga3-online.de.
Energie hat sich den Respekt der Liga erarbeitet
Dass RWE in einem Heimspiel vor über 17.000 Zuschauern derart tief verteidigt, war so nicht zu erwarten. Zwar belegten die Essener vor dem Spiel nur Rang 17 in der Tabelle, die individuelle Qualität im Kader und auch die Ziele im Verein sprechen aber eine andere Sprache. Wollitz wertete diese abwartende und vorsichtige Spielweise, die offensiv auf Konterspiel ausgelegt war, sogar als Kompliment für die Leistungen, die die Lausitzer in dieser Spielzeit bereits auf den Rasen gebracht haben. Rein logisch betrachtet war es dennoch eine Frage der Zeit, bis Cottbus mit dieser Art von Taktik konfrontiert wird.
Energie ist nicht nur Tabellenführer, mit durchschnittlich 2,4 Toren pro Spiel stellen die Brandenburger auch den gefährlichsten Angriff der Liga. Mittlerweile hat sich herumgesprochen, wie ein Großteil dieser Tore erzielt wird: auf einen Ballgewinn in der Vorwärtsbewegung des Gegners folgt ein überfallartiger Konter. Diese Angriffe sind derart perfektionistisch einstudiert, dass sie in Kombination mit dem Tempo über die Außen und der Spielstärke von Tolcay Cigerci oder Timmy Thiele kaum noch zu verteidigen sind. Essens Ziel hingegen war es, dem Tabellenführer diese Stärke zu nehmen, indem man ihm den Ball überließ, tief und sicher stand und in den richtigen Momenten Bälle erobern konnte, um selbst schnell hinter die Kette der Lausitzer zu kommen. Das funktionierte herausragend und könnte als Blaupause für die nächsten Mannschaften dienen, die es mit Cottbus zu tun bekommen.
Energie muss auch auf ungünstige Spielverläufe reagieren
Dass die Cottbuser als Aufsteiger mit dem geringsten Gesamtmarktwert der Liga nach 13 Spielen an der Tabellenspitze stehen, ist eine tolle Leistung aller Beteiligten und kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Analysiert man hingegen etwas genauer, wie die einzelnen Spiele gelaufen sind, gibt es einige Punkte, die der FCE noch beweisen muss.
Bislang ist Energie in allen Partien, die sie nicht verloren haben – mit dem 0:0 in Hannover als Ausnahme – in Führung gegangen. Oder anders gesagt: die Lausitzer konnten bisher null Punkte nach Rückstand holen. Dieser Fakt soll nicht bedeuten, dass sie das nicht können – das haben sie in der vergangenen Regionalligasaison mehr als einmal bewiesen –, allerdings kann sich der Ligaprimus nicht darauf verlassen, dass alle Spiele nach ihrem Wunsch verlaufen. Es braucht auch Lösungen für ungünstige Spielsituationen, beispielsweise für frühe Rückstände, unerwartete Taktiken des Gegners oder Fehlentscheidungen des Schiedsrichtergespanns.
Energie braucht mehr Sicherheit gegen tiefe Bälle
Claus-Dieter Wollitz predigt häufig, dass er sich lieber mal ein Kontertor durch einen langen Ball hinter die Kette fängt, als mutlos zu spielen. Was mit Blick auf die kommenden Spiele allerdings abgestellt werden sollte, sind Tore wie das 0:1 gegen Essen. Aus einer ungefährlichen Situation, in der sich RWE den Ball an der Mittellinie zuschiebt, kommt plötzlich der lange Ball hinter die lausitzer Innenverteidigung, der dann nicht mehr verteidigt werden konnte.
Sowas kann sicherlich mal passieren. Cottbus zeigte allerdings diesbezüglich in der laufenden Saison schon häufig Schwächen, die ihnen auch einige Spiele hätten kosten können. Hier profitieren sie mehrfach von Torhüter Elias Bethke der gerade im 1-gegen-1 schier unüberwindbar wirkt, und von einer unzureichenden Chancenverwertung der Gegner. Und dass die hohe und aggressive Spielweise unter Wollitz zur Energie-DNA gehört, ist klar. In gewissen Situationen wäre es aber doch besser, sich etwas tiefer zu positionieren. Dabei gilt es, die richtige Balance zu finden.
Dass sich der 59-jährige Trainer des FCE, der ohnehin eine herausragende Arbeit in der Lausitz leistet, nach der überraschend hohen Niederlage in Nordrhein-Westfalen auch derart selbstkritisch ("Ich weiß schon, was auch ich als Trainer heute falsch gemacht habe") zeigte, gibt Grund zum Optimismus, dass die Mannschaft in den kommenden Wochen Lösungen präsentieren wird und das Spiel vom Samstag als Ausrutscher abgestempelt werden kann.