Wenig Geld, wenig Zeit: Wie der VfB Oldenburg für die 3. Liga plant

Zumindest das Wochenende war den Feierlichkeiten gewidmet, doch Drittliga-Aufsteiger VfB Oldenburg läuft schon jetzt die Zeit davon. In knapp sechs Wochen beginnt ein Abenteuer, für das die Niedersachsen viel später als jeder andere Verein ihr Ticket gelöst haben. Ein Überblick über die Themen, die im Lager der Blau-Weißen nun im Rekordtempo beackert werden müssen.

Sprint-Vorbereitung nach kurzer Urlaubszeit

Vorbereitung: Am 20. Juni, so berichtet es die "Nordwest-Zeitung", soll der Trainingsauftakt stattfinden – keine fünf Wochen vor dem Saisonstart am 22. bis 25. Juli. Für die Spieler, die dem Meister der Regionalliga Nord treu bleiben, bedeutet das einen zweiwöchigen Kurzurlaub – zwei bis drei Wochen weniger als bei vielen der künftigen Kontrahenten. Ein kleiner, aber nicht unbedeutender Faktor, geht es um die Frische in den ersten Saisonwochen. In die der VfB um Aufstiegstrainer Dario Fossi aber auch mit der allgegenwärtigen Euphorie, 25 Jahre nach dem bislang letzten Zweitliga-Intermezzo zurück im Profifußball zu sein, starten wird.

Kader: Zuletzt tat sich bei der Kaderplanung nicht viel, denn natürlich musste der VfB zunächst die Ligazugehörigkeit abwarten. "Die meisten unserer Spieler haben ohnehin ligaunabhängige Verträge“, wird der sportliche Leiter Sebastian Schachten in der "NWZ" zitiert. Schachtens große Erfahrung aus der aktiven Karriere (u. a. FC St. Pauli, Borussia Mönchengladbach), die er 2017 beendet hat, wird ihm auf seiner ersten großen Planungsmission helfen: Der Ex-Profi, der im Anschluss an seine Fußballerlaufbahn zunächst BWL studierte, ist seit Oktober des vergangenen Jahres für die Personalplanung der VfB-Mannschaft zuständig. Und muss nun wohl mindestens einen Leistungsträger ersetzen: Flügelstürmer Ayodele Adetula hat sich mit 25 Scorerpunkten in 27 Regionalliga-Spielen ins Notizbuch etlicher künftiger Konkurrenten gespielt, darunter Saarbrücken, Halle und Wehen Wiesbaden. Sie alle können als gestandene Drittligisten finanziell attraktive Pakete schnüren.

Etat: Wie groß der Etat sein wird, darüber ist bislang wenig bekannt. Präsident Wolfgang Sidka, durch 333 Bundesligaspiele zwischen 1971 und 1987 mit viel Erfahrung gesegnet, vermied es bis dato, das Budget seines Klubs genau zu beziffern. Es braucht aber viel Fantasie, um Oldenburg in der Geldtabelle anderswo als auf einem der Abstiegsplätze einzuordnen: Die Mitaufsteiger Essen und Elversberg kommen bereits mit anderer Finanzkraft und qualitativer Ausstattung im Kader, allenfalls noch die SpVgg Bayreuth und der einmal mehr gerettete SC Verl haben ähnliche Voraussetzungen.

Keine großen Namen

Mannschaft: Wofür steht diese Oldenburger Mannschaft bislang? Große Namen bietet der Kader der Norddeutschen kaum. Eine Ausnahme: Patrick Möschl, immerhin 111-facher Spieler in der österreichischen Bundesliga und vor allem ostdeutschen Fußballfans noch durch wenig berauschende Engagements bei Dynamo Dresden und dem 1. FC Magdeburg bekannt, schnürt seine Schuhe seit diesem Winter für den VfB. Bislang wurde er allerdings noch nicht zum Unterschiedsspieler, verletzungsbedingt verpasste er die Relegationsspiele gegen den Berliner FC Dynamo (2:0 und 1:2).

Schon eher als Anführer durch gehen die anderen beiden Erfahrenen im Team: Verteidiger Marcel Appiah kommt auf 52 Zweit- und 115 Drittliga-Einsätze, hatte seine beste Zeit bei Arminia Bielefeld und dem VfL Osnabrück. Kapitän Max Wegner schaffte in seinen 92 Spielen in der 3. Liga mit Erzgebirge Aue 2015/16 sogar den Aufstieg, es war sein erfolgreichstes Karrierejahr.

Der Mannschaftskern besteht dazu aus einigen sehr erfahrenen Regionalliga-Spielern wie Mittelfeldmann Gazi Siala (159 Einsätze), Verteidiger Leon Deichmann (108) und Stürmer Maik Lukowicz (143). Lukowicz und auch Außenverteidiger Nico Knystock haben als Spieler der Reserven von Werder Bremen respektive dem BVB ebenso geringfügige Beschlagenheit in der 3. Liga gesammelt. Nichtdestotrotz muss der Fokus darauf liegen, den Kader mit weiterer Qualität aus professionellen Ligen zu füttern. Der TSV Havelse dient als mahnendes Beispiel, wie groß der Schritt auf die nationale Fußballebene sein kann.

So viel Marschweg wie möglich

Stadion: Wie der Vorjahresaufsteiger möchte der VfB Oldenburg nicht enden. Muss er auch nicht, zumindest finanziell bewegt er sich schließlich – gleichwohl dennoch in klarer Außenseiterrolle – auf etwas höherem Level. Vor allem aber sollen Spiele in der Hannoveraner HDI-Arena, die für Havelse zur traurigen Gewohnheit wurden, eine Ausnahme bleiben. Zwar ist das 49.200 Zuschauer fassende und 175 Kilometer entfernte Stadion als Ausweichstätte angegeben worden, da das heimische Marschwegstadion noch nicht drittliga-tauglich ist. Doch trotzdem und auch in Abwesenheit einer Rasenheizung sowie eines fest installierten Flutlichtes möchte der Drittliga-Neuling so oft wie möglich "echte" Heimspiele ausrichten. Und dürfte daher beim DFB umso dringlicher darum bitten, an regulären Spieltagen keine Freitags- und Montags-Heimspiele austragen zu müssen.

Das Marschwegstadion hat seine ganz eigenen Besonderheiten. Vor dem Bau im Jahr 1948 befand sich auf dem Gelände eine Mülldeponie, weswegen bei Bauarbeiten in den vergangenen Jahren allerlei Krempel wie Bierkrüge und Kaffeekannen aus der Erde gehoben worden ist. Eingeschränkt wird der VfB Oldenburg am Standort im Süden der Stadt aber auch durch die nahe Wohnbebauung: Aus Lärmschutzgründen darf kein Spiel später als um 18.30 Uhr angepfiffen werden. Zudem macht die nahe A28 die Installation eines Flutlichts, das Auto- und LKW-Fahrer nicht die Sicht nehmen darf, kompliziert.

Für den Verein war die Spielstätte Liebe auf den zweiten Blick: 1991 zog der VfB wegen finanzieller Nöte aus dem Stadion Donnerschwee aus. Es war ein kleines, enges Stadion, gelegen direkt an einer Verkehrskreuzung mitten in der Stadt. Eines, in dem sich besondere Atmosphäre entwickelte und um das sich heute noch Mythen ranken, obgleich an Ort und Stelle nach dem Abriss längst ein Einkaufszentrum errichtet worden ist. Ganz in der Nähe soll irgendwann einmal ein Neubau stehen, just neben den Weser-Ems-Hallen, wo die Bundesliga-Basketballer noch die sportliche Nummer eins der Stadt sind. Doch auch daran will der VfB ab sofort wieder rütteln – die Zeiten des Amateurfußballs sind in Oldenburg vorbei.

   

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