Wer steigt auf? Das Rennen um die 2. Bundesliga im Check
Neun Spieltage vor dem Saisonfinale – für Osnabrück und Braunschweig zehn – hat sich längst herauskristallisiert, wer um die Aufstiegsplätze spielt. Acht Vereine bewerben sich noch um die ersten drei Ränge – wir unterziehen alle einer kurzen Analyse.
Gibt es noch viel zu sagen oder zu schreiben über den FCM? Nun, das 1:1 gegen den Halleschen FC – angesichts der Chancenverhältnisse ein fast groteskes Ergebnis – war ein kleiner Stimmungsdämpfer. Der Vorsprung von (tabellenbereinigt) mindestens zwölf Punkten auf Rang 3 ist aber so komfortabel, dass der Aufstieg nur noch Formsache ist. Zumal Magdeburg seit 15 Spieltagen unbesiegt ist. Und jeder weiß auch: Die 2. Bundesliga hat sich die Mannschaft von Christian Titz mit ihrem tollen und attraktiven Fußball auch redlich verdient. Wir dürfen gespannt sein, wie sich dieses Team eine Etage höher schlägt, und ob der herausragende Akteur dieser Saison, Baris Atik, dann noch ein Teil dieser Einheit ist. Angeblich soll sich sein Vertrag bei einem Aufstieg automatisch verlängern, Angebote dürften trotzdem eintrudeln.
Auf dem Tableau ist der FCK noch Zweiter, allerdings lauert Eintracht Braunschweig mit einem Nachholspiel in petto und zwei Punkten Rückstand unmittelbar dahinter. Ein wenig haben sie es am Betzenberg verpasst, sich abzusetzen, die Leistungskurve zeigte in den vergangenen Wochen eher leicht nach unten. Umso wichtiger war der 1:0-Sieg bei Verfolger Osnabrück, im Zustandekommen glücklich, in der Wirkung immens – die zweite Niederlage in Folge nach dem 1:2 bei 1860 München hätte einiges anrichten können. Nicht aber mit Wintertransfer Terrence Boyd. So geht der Blick von Marco Antwerpen und Co. klar nach vorne: Es warten jetzt Havelse, Freiburg II, Duisburg und Würzburg. Ein Quartett, gegen das ein Aufstiegsanwärter große Schritte gehen sollte.
Zu Jahresbeginn war die Luft ein bisschen raus bei den Braunschweigern, die sich gegen Teams aus dem unteren Mittelfeld wiederholt ganz schwer taten. Knotenlöser war der 6:0-Kantersieg in Berlin, an den sich noch zwei weitere Erfolge anschlossen – zuletzt das klare 3:0 bei Waldhof Mannheim, ein weiteres Signal, welche Ambitionen Michael Schiele und seine Mannschaft hegen. Wären da nicht die hin und wieder etwas lethargischen Phasen, so bringt der BTSV alles mit, die zweitbeste Elf dieser Saison zu stellen: gute Defensivqualitäten, Variabilität im Angriff mit etlichen torgefährlichen Spielern, eine gute Breite im Kader, große Erfahrung, ohne überaltert zu wirken. Nun warten Saarbrücken, Dortmund II und die Nachholpartie gegen Osnabrück – ackert sich Braunschweig erfolgreich durch dieses Programm, werden es die Verfolger schwer haben.
Vier Punkte hinter Lautern, zwei sowie ein Spiel hinter Braunschweig – damit ist der FCS derzeit der ärgste Verfolger der Plätze 2 und 3. Aber reicht das, was im Ludwigspark angeboten wird, wirklich? Neun Spiele hat Saarbrücken in diesem Jahr schon absolviert, fünf wurden gewonnen und vier verloren, darunter die gegen die Konkurrenz aus Magdeburg und Osnabrück. Genau in diesen Sechs-Punkte-Spielen fehlt es der Elf von Uwe Koschinat schon in der gesamten Saison an Schlagkraft, man erinnere sich etwa ans Derby gegen Lautern (0:2), dessen Neuauflage im April ansteht. Schon vorher ist am Samstag im direkten Duell beim BTSV Verlieren verboten. Insgesamt sind die Bedingungen nicht optimal. Auch weil ein Rückzug von Türkgücü München am Ende des Monats, der immer wahrscheinlich wird, den FCS die sechs Punkte kosten würde, die er gegen die Süddeutschen sportlich eingespielt hat. Nach aktuellem Stand würde sich der Rückstand zu Rang 3 von zwei auf fünf Punkte vergrößern.
Spät kommen sie in Fahrt, die Löwen. Ist es zu spät? Abwarten: Zuletzt gab es drei Siege in Serie, darunter das emotionale Duell der einstigen Deutschen Meister mit Kaiserslautern. Vergessen war die Februar-Krise mit nur zwei Punkten aus vier Partien, als sich der TSV 1860 fast alles von dem wieder einriss, was er sich nach dem Ende der Affäre um Sascha Mölders rund um den Jahreswechsel erspielt hatte. Zurück ist das Gefühl, dass diese Mannschaft mit ihren Unterschiedsspielern wie Marcel Bär, Merveille Biankadi und Richard Neudecker eigentlich fünf, sechs Punkte mehr auf dem Konto haben müsste und ein klarer Aufstiegsanwärter sein sollte. Das kann nur gelingen, wenn die Erfolgsserie gegen Berlin, Mannheim und Saarbrücken fortgeführt wird. Und womöglich hilft das Geschehen am Grünen Tisch der Köllner-Elf auch noch: Zum krassen Vergleich mit Saarbrücken würden die Münchner von einem Türkgücü-Rückzug sogar "profitieren", sie bekämen nur einen Zähler abgezogen – und würden nach aktuellem Stand nur noch drei Zähler hinter Braunschweig liegen.
Den Aufstieg schon abschenken? Vielleicht kommt das noch zwei, drei Wochen zu früh. Doch das Aufstehen am Tag nach der 0:3-Pleite gegen Eintracht Braunschweig wird jedem SVW-Akteur und erst recht den Fans schwergefallen sein. Der Waldhof hat das Schlüsselspiel verhauen, muss nun auf mehrere Fehler der Konkurrenz lauern. Und zugleich die eigenen Baustellen beheben, allen voran das Offensivproblem: In drei der vergangenen vier Heimspiele haben die Mannheimer kein eigenes Tor erzielt – ein Unding für eine Topmannschaft. Die Formkurve zeigt dazu schon seit Dezember nach unten, aus zehn Spielen holten Patrick Glöckner und Co. nur zwölf Zähler. Vieles deutet darauf hin, als müsse der SVW noch ein Jahr dazulernen – und dann den nächsten Anlauf starten.
Ein Stück weit durften sie sich in Osnabrück und Mannheim am Wochenende ähnlich fühlen. Auch der VfL hatte die Chance, das Rennen um die fetten Plätze viel enger zu gestalten, auch er scheiterte. Das 0:1 gegen Kaiserslautern war nicht verdient, aber danach fragt keiner – die neun Spiele andauernde Ungeschlagen-Serie ist passé, dafür das alte Thema Chancenverwertung einmal mehr aktuell. 40 erzielte Tore sind nicht genug, hinter dieser Zahl stecken etliche verspielte Punkte für eine Mannschaft, die auf dem Papier so viel mitbringt, Lautern und Braunschweig herausfordern zu können. Immerhin ist da ja noch das Nachholspiel gegen den BTSV, das gewonnen werden muss. Ansonsten sieht das Restprogramm machbar aus. Vielleicht ein besonderer Vorteil: der 38. Spieltag gegen einen dann wohl längst aufgestiegenen 1. FC Magdeburg.
Der Vollständigkeit halber nennen wir auch noch den SVWW, dessen acht respektive zehn Zähler Rückstand aber bereits kaum mehr aufzuholen sind. Die letzte ernsthafte Hoffnung, aus dem ständigen Status eines unspektakulären Mittelfeldteams ausbrechen zu können, haben Markus Kauczinski und seine Mannen wohl mit der 0:1-Niederlage gegen Kellerkind Würzburg verspielt. Irgendwie entsprach dieses Spiel einer ziemlich treffenden Umschreibung, warum Wehen Wiesbaden in dieser Saison nicht konstant, nicht reif und auch nicht gut genug ist, oben mitmischen zu können. Ein treffsicherer Gustav Nilsson ist da nicht genug.