Winterfazit Hansa: Fascher setzt auf Ruhe und Bodenständigkeit

Die Hinrunde in der 3. Liga ist Geschichte – bis auf einige Ausnahmen haben die Vereine 22 Spiele absolviert. Grund genug die bisherige Saison einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Im Hinrundenfazit widmet sich liga3-online.de heute dem F.C. Hansa Rostock. Die Rostocker erlebten in der Hinrunde eine wahres Auf und Ab. Nach 21 Spieltagen stehen jeweils acht Siegen und acht Niederlagen, sowie fünf Unentschieden zu Buche. Nachdem der Start der Kogge mit nur zwei Siegen aus den ersten neun Spielen mehr als unruhig verlief und man sich daraufhin nachträglich von Abstiegstrainer Wolfgang Wolf verabschiedete, lief es unter Wolfs Nachfolger Marc Fascher zunächst beinahe fantastisch. Die Fans an der Ostsee durften nach 19 Punkten aus den folgenden acht Spielen unter Fascher völlig zu Recht vom direkten Wiederaufstieg träumen. Nach dem Sieg gegen Saarbrücken im November begann aber ein spielerisches Tief, was den F.C.H. bis in die Winterpause verfolgte. Lediglich gegen Erfurt konnte wenigstens gepunktet werden. Das warf die Rostocker bis auf den 10. Tabellenplatz zurück, wo man sich nun, 14 Punkte hinter dem Relegationsrang 3 und 10 Punkte vor dem Relegationsrang 18, im Niemandsland der Tabelle wiederfindet.

Das lief bisher gut: Das Sturmduo

Mit insgesamt 13 Toren gab es in der Hinrunde nichts an Hansas Sturmduo Johan Plat (6 Tore) und Ondrej Smetana (7 Tore) auszusetzen. Vor allem Smetana wusste in der starken Phase der Rostocker mehr als nur zu überzeugen und wurde als Spieler des Monats September und Oktober Symbol für den Aufschwung des F.C.H. Zuvor war es sein Kollege Johan Plat gewesen, der in einer durchschnittlichen Rostocker Elf ein ums andere Mal hervorstach. Ein Wehrmutstropfen, dass die beiden gemeinsam nicht zu überzeugen wussten und unter Trainer Marc Fascher auch so gut wie nie zusammen spielen durften. Zu ähnlich sei ihre Spielauffassung.

Das lief bisher gut: Trainer Marc Fascher

Auch wenn man ihm die Nichtsberücksichtigung von Spielern wie Plat oder Geenen vorwerfen konnte und die Kogge in den vergangenen Spielen eher tabellenabwärts trieb, so veränderte sich mit der Ankunft von Marc Fascher so einiges im sportlichen Umfeld der Rostocker. Die von ihm ausgestrahlte Ruhe und Kompetenz ließ die oftmals kritische nordostdeutsche Presse bisweilen die Füße still halten, sodass es nach der Schwächephase zuletzt beinahe anmutete, als würde der 44-jährige einer potenziellen, gegen ihn gerichteten Kritik höchst erfolgreich entgegenwirken. Fachmännisch waren seine Erklärungen für die Glücklosigkeit der letzten Spiele, ehrlich der Umgang mit Stärken und Schwächen der Mannschaft und der Tabellensituation, fast freundschaftlich damit der Umgang mit den Medien. Nach dem extrovertierten Wolfgang Wolf war der bodenständige Fascher ein klarer Gewinn für den F.C.H.

Das lief bisher gut: Die Motivation

An fehlendem Willen lag es in Rostock zu keiner Zeit, dass der Auftakt und der Abschluss der Hinrunde verpatzt wurden. Gerade zum Hinrundenende waren die Hanseaten oftmals die deutlich bessere Mannschaft mit den besseren Chancen. Lediglich das Glück blieb ihnen zuletzt versagt. Die Motivation bildet nun aber den wichtigen Grundstein, um in der Rückrunde nochmal von Trainingslager und Vorbereitung gestärkt anzugreifen.

Das lief bisher schlecht: Das Abwehrverhalten

27 Gegentore aus 21 Spielen sind für einen Aufstiegskandidaten schlichtweg viel zu viel. Die von Verletzungen und Umstellungen gebeutelte Rostocker Hintermannschaft konnte sich zu keiner Zeit einspielen, lediglich die beiden Kapitäne Sebastian Pelzer und Matthias Holst agierten auf akzeptablem Niveau. Auf den Außenverteidigerpositionen zeigte sich der umgeschulte Mendy kreativ und trickreich im Spielaufbau, aber überfordert im Abwehrverhalten, während die linke Seite mit Michael Blum ähnliche Schwierigkeiten hatte. Doch auch im defensiven Mittelfeld fand sich kein Ersatz für den mehrfach gesperrten Ken Leemans, auf dieser Position scheiterten jeweils Humbert und Zolinski als Ersatz.

Das lief bisher schlecht: Die Einbindung der Jugendspieler

Nachdem der FCH seit Jahren bewusst das Prädikat des „Ausbildungsvereins“ bedient hat, kam, nach großen Erwartungen in die Jugendspieler nach einigen Spielen eine gewisse Ernüchterung auf. Lediglich Tom Weilandt und Kevin Müller konnten in der 3. Liga bisher überzeugen, Stephan Gusche und Edisson Jordanov waren verletzt. Publikumsliebling Ronny Marcos zeigte sich motiviert, aber oftmals zu unsicher und zu unerfahren,  Manfred Starke, Andreas Pfingstner, Ben Zolinski, Nils Quaschner und Lucas Albrecht wurden wenig bis gar nicht eingesetzt, Johannes Brinkies zeigte als Ersatztorwart immerhin eine ordentliche Leistung.

Das lief bisher schlecht: Das Umfeld

Auch wenn Trainer Marc Fascher stets bemüht war, die Konzentration auf den Sport zu lenken, der Verein kommt nicht zur Ruhe. Querelen zwischen den Fans und dem Vorstandsvorsitzenden Bernd Hofmann, aufgrund denen Hofmann im Dezember seinen Rücktritt erklärte, die ungeklärte Zukunft der nach wie vor geschlossenen Südtribüne und die Wahl des Aufsichtsrates, die für mediales Aufsehen sorgte, machten neben den sportlichen Aspekten viele unnötige Schlagzeilen rund um den F.C.H.

Bester Spieler: Tom Weilandt

Das Eigengewächs avancierte in der Hinrunde zum Leistungsträger. Nachdem der Sohn der ehemaligen Hansa-Legende Hilmar Weilandt bereits in der vergangenen Rückrunde in Kurzeinsätzen seine Qualitäten anklingen ließ, überzeugte Tom Weilandt nun mit Kreativität und zunehmender Torjägerqualität.

Schwächster Spieler: Julien Humbert

Julien Humbert bekam zugegebenermaßen kaum Chancen, vergab diese aber konsequent. Der 28-jährige zeigte Willen und Einsatzfreude, konnte sich aber zu keiner Zeit für eine höhere Aufgabe als den Platz auf der Bank empfehlen. Er war als Ergänzungsspieler geholt worden, aber für einen Platz im Kader eines selbsternannten Aufstiegsaspiranten waren Humberts Leistungen einfach zu schwach.

Transfermarkt

Der Transfer von Eigengewächs Tommy Gruppe, welcher erst im Sommer zu Preußen Münster gewechselt war, steht seit Wochen fest. Stürmer Lucas Albrecht wechselt ablösefrei nach Babelsberg, zudem sollen sich die Sommerneuzugänge Dennis Berger, Rick Geenen und Julien Humbert einen neuen Verein suchen. Ein weiterer Innenverteidiger ist im Gespräch, zudem warten die Rostocker Fans nach den Worten des neuen Sportvorstands Uwe Vester auf junge, talentierte Leihspieler aus den Jugendmannschaften der Bundesligaclubs. Im Gespräch sind hierbei Philipp Klement (Nürnberg) und Philip Hauck (Wolfsburg).

Fazit: Gefangen im Mittelmaß

Unterm Strich blieb der F.C. Hansa Rostock in der Hinrunde hinter den eigenen Ansprüchen zurück. Der Verein war als Aufstiegsaspirant in die Saison gestartet, nicht wenige Optimisten fühlten sich von der verheißungsvollen Transferpolitik des Gespanns Wolf/Beinlich in ihren Hoffnungen bestätigt. Die Transfers konnten aber längst nicht vollends überzeugen, symptomatisch dafür müssen sich drei von ihnen bereits nach der Hinrunde wieder verabschieden. Dazu konnte aus dem eigenen Nachwuchs nur Tom Weilandt und Kevin Müller auf drittklassigem Niveau überzeugen, Spieler wie Marcos oder Quaschner wirkten oft überfordert. Der F.C.H. sitzt nach der Hinrunde im ungeliebten Mittelmaß fest, ohne klare Tendenz nach oben oder unten.

Ausblick auf die Rückrunde

Trotz der insgesamt enttäuschenden Hinrunde zeigt man sich in Rostock eher unaufgeregt. Auch das Dilemma um Bernd Hofmann tat der scheinbaren Ruhe, die der Verein, angeführt von Trainer Marc Fascher, ausstrahlt keinen Abbruch. Die Verpflichtung von Uwe Vester als neuem Sportvorstand gab den Fans neue Hoffnung auf vielversprechende Neuzugänge, womöglich schon in der Winterpause. Zudem hat Marc Fascher nun die gesamte Vorbereitung, um sein Team in Ruhe auf die Rückrunde vorzubereiten. Die Saison mag mit Tabellenplatz 10 und 14 Punkten Rückstand auf einen Aufstiegsplatz gelaufen sein, rettet man die Ruhe aber über den Sommer und klärt eventuell fanrelevante Themen, wie die Südtribünenproblematik, dann kann die kommende Saison für den F.C.H. als Fernziel für den Wiederaufstieg sehr realistisch betrachtet werden. Nachdem die erste Drittligasaison 2010/2011 praktisch ohne größere, gravierende Konsolidierungsphasen überrannt wurde, kann man die jetzige Saison durchaus als Chance für eine Neuorientierung sehen. Mit Vester und Fascher scheinen die richtigen Leute zur Stelle zu sein.

FOTO: Flohre Fotografie

   

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