Winterfazit Unterhaching: Abstiegskandidat weiß zu überraschen
Der erste Teil der Drittliga-Saison 2012/2013 ist Geschichte – bis auf einige Ausnahmen haben die Vereine 22 Spiele absolviert. Grund genug, die bisherige Saison einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Im Hinrundenfazit widmet sich liga3-online.de heute der SpVgg Unterhaching. Die Münchner Vorstädter liegen aktuell mit 39 Punkten (bei einem ausstehenden Nachholspiel) auf dem fünften Tabellenplatz und befinden sich mit vier Punkten Rückstand in Schlagdistanz zu den Aufstiegsplätzen. Die Bilanz der jungen Hachinger Truppe kann sich mit elf Siegen, sechs Unentschieden und lediglich vier Niederlagen sehen lassen. Trotz eines Etats von nur 800.000 Euro und einem Durchschnittsalter von 21,8 Jahren wurde das Team des Trainerduos Manuel Baum und Claus Schromm von liga3-online zur Überraschung der Hinrunde gewählt.
Das lief bisher gut: Auswärtsstärke und Unberechenbarkeit
Großer Trumpf der Unterhachinger ist die Stärke in des Gegners Stadion. Mit fünf Siegen in der Ferne hat man die Hälfte aller Auswärtsspiele für sich entscheiden können und den Platz lediglich beim Gastspiel bei Tabellenführer VfL Osnabrück (0:3) als Verlierer verlassen (Ligatopwert). Mit Siegen in Aachen und Rostock zeigte die junge Truppe zudem, dass sie sich von großen Kulissen nicht beeindrucken lässt und durchaus kaltschnäuzig auftreten kann. Außerdem blieb man auswärts insgesamt siebenmal ohne Gegentreffer und kassierte insgesamt nur sechs Tore in der Fremde (ebenfalls Ligatopwert).
Ein weiteres Plus der Rotblauen ist die schwere Ausrechenbarkeit in der Offensive. Während bei den meisten anderen Drittligisten wenige Spieler diejenigen sind, die Tore vorbereiten und erzielen, verteilt sich die „Last“ in Unterhaching auf viele Schultern. Mit Florian Niederlechner (13 Scorerpunkte), Dominik Rohracker (11), Stephan Thee (9) und Yasin Yilmaz (7) waren vier Spieler an einer Vielzahl von Toren aktiv beteiligt. Ebenfalls bemerkenswert: Bereits neun Spieler im Kader erzielten zwei oder mehr Treffer.
Das lief bisher nicht gut: Wacklige (Heim-)Defensive und finanzielle Schieflage
Verbesserungswürdig stellt sich indes das Defensivverhalten dar. Mit bereits 26 Gegentreffern kassierte die Spielvereinigung die meisten aller Spitzenteams. Auffallend ist, dass man 20 dieser Gegentore im eigenen Stadion kassierte. Florian Niederlechner sagte dazu kürzlich im liga3-online-Interview: „Wir spielen zu Hause halt total offensiv. Die Gegner stellen sich oft nur hinten rein und warten auf Fehler von uns. Ganz anders sieht es auswärts aus. Da kommt uns zu Gute, dass wir selber ein bisschen defensiver stehen und auf Konter lauern können.
Ebenfalls als Hemmschuh ist die unbefriedigende finanzielle Lage des Vereins zu betrachten. Nachdem bis heute kein Trikotsponsor gefunden ist und die Vereinskassen leer sind, kündigte Präsident Manfred Schwabl jüngst an, sich bereits in der Winterpause von einigen Leistungsträgern trennen zu müssen. Dies sei nötig, um die Lizenz für die kommende Saison zu sichern. Inzwischen hat man durch ein vereinbartes Testspiel im Januar gegen den FC Bayern München und mögliche Einnahmen im fünfstelligen Bereich zwar etwas mehr Handlungsspielraum – ob nach der Winterpause allerdings noch alle Stammspieler für die Spielvereinigung auflaufen, bleibt abzuwarten. Stürmer Florian Niederlechner beispielsweise bestätigte gegenüber liga3-online, dass er Angebote anderer Vereine habe.
Bester Spieler: Dominik Rohracker
In Unterhaching betonen alle Verantwortlichen unermüdlich, dass der Star die Mannschaft sei und man sich, anstatt auf starke Einzelspieler, lieber auf ein ausgeglichenes Kollektiv verlassen möchte. Dies hat bislang außergewöhnlich gut funktioniert, und hier könnten gut und gerne fünf Akteure als „bester Spieler“ genannt werden. So spielen beispielsweise Torhüter Stefan Riederer, der genannte Florian Niederlechner oder auch Mittelfeldmotor Yasin Yilmaz eine herausragende Saison. Trotzdem ist für liga3-online Dominik Rohracker der bislang beste Haching-Spieler. Der quirlige Außenstürmer rief in nahezu jeder Partie sein Potential ab und wirbelte die gegnerischen Abwehrreihen ein ums andere Mal durcheinander. Mit elf Scorerpunkten zählte er zu den Stars der Liga und machte den Abgang von Sascha Bigalke zum 1.FC Köln weitestgehend vergessen.
Schwächste Spieler: Manuel Fischer und Savio Nsereko
Zwei der wenigen Enttäuschungen der SpVgg Unterhaching waren ganz klar diejenigen Spieler im Kader, mit dem vermeintlich größten Namen. Der Championsleague-erfahrene Manuel Fischer (ein Einsatz über 19 Minuten für den VfB Stuttgart in der Königsklasse gegen den FC Barcelona in Camp Nuo) und Millionenmann Savio Nsereko (West Ham United zahlte einst elf Millionen Euro für ihn) fanden sich in Unterhaching zu keinem Zeitpunkt zurecht und lösten inzwischen ihre Verträge auf. Manuel Fischer wird fortan für den Regionalligisten SG Sonnenhof Großaspach auflaufen. Savio Nsereko ist aktuell vereinslos, sagte aber kürzlich gegenüber der Bild am Sonntag, dass er im Januar wieder Fußball spielen wolle und eine neue Herausforderung in der Dritten Liga suche.
Transfermarkt
Vor Saisonstart gab es bei der Spielvereinigung munteres Stühlerücken. 17 Spieler verließen den Verein. Darunter Leistungsträger der Vorsaison wie Patrick Ziegler (jetzt Paderborn), Abdenour Amachaibou (Regensburg), Mijo Tunjic (Erfurt) oder Yannic Thiel (Osnabrück). Ersetzt wurden diese fast ausschließlich durch Perspektivspieler. Youngster wie Maximilian Welzmüller (SpVgg Greuther Fürth II), Luka Odak (FC Ingolstadt 04 II) oder Daniel Hofstetter und Marius Willsch (beide TSV 1860 München II) kamen von Zweitvertretungen höherklassigerer Clubs und wiesen bis zu dieser Saison keinerlei Drittligaerfahrung auf. Dazu kam der kurzfristige Abgang von Spielmacher Sascha Bigalke nach nur sieben gespielten Partien, auf den aus finanziellen Gründen nicht reagiert werden konnte.
Fazit
Zum jetzigen Zeitpunkt der Saison ist ganz klar zu konstatieren, dass die SpVgg Unterhaching zu Recht auf dem fünften Tabellenrang steht und als Überraschungsteam der Saison zu bezeichnen ist. Mit mutigem Offensivfußball und spektakulären Spielen, begeisterten „Hachings junge Wilde“ nicht nur die eigenen Fans, sondern erweckten auch über die bayerischen Landesgrenzen hinaus, Aufmerksamkeit. Präsident Manfred Schwabl dazu auf der Vereinshomepage: „ Was die Jungs auf dem Platz in den vergangenen Monaten gezeigt haben, ist einfach unglaublich und erfüllt mich mit großem Stolz.“
Ausblick
Wo die Reise der SpVgg Unterhaching hingehen wird, ist stark von der weiteren Entwicklung im finanziellen Bereich abhängig. Mit den bisher 39 erspielten Punkten, ist das Saisonziel „Klassenerhalt“ nahezu erreicht. Ob in Sachen Aufstiegsplatz angegriffen werden kann, bleibt abzuwarten. Sollten alle Leistungsträger gehalten werden, ist ein möglicher Aufstieg durchaus nicht unmöglich. Dieses Unterfangen steht und fällt allerdings mit der Suche nach einem solventen Hauptsponsor. Sollte dieser nicht zeitnah präsentiert werden, sind Spielerverkäufe unumgänglich und der Aufstieg wohl nicht zu realisieren. In diesem Fall, droht den Vorstädtern ein „nach Hinten durchreichen“ in der Tabelle. Zu erwähnen ist abschließend die baldige Rückkehr von Roland Sternisko aus dem Krankenstand. Der 24-Jährige laborierte an einem Kreuzbandriss und war letzte Saison einer der Leistungsträger des Teams. Er könnte helfen, etwaige Abgänge im Mittelfeld zu kompensieren.
FOTO: SpVgg Unterhaching