Wollitz und Osnabrück: Ein unrühmliches Ende zur falschen Zeit
Ein Kommentar von Christopher Bredow
Er ist polarisierend, meist Grenzen übertretend und doch ein talentierter Fußballlehrer, der den VfL Osnabrück tief in seinem Herzen trägt. 37 Spieltage lang begleitete Claus-Dieter Wollitz, genannt "Pele", den VfL in der 3. Liga beim Vorhaben Aufstieg in die 2. Bundesliga. Wenn einer davon überzeugt war, dass die Lila-Weißen im nächsten Jahr zweitklassig spielen würden, dann Wollitz. Doch der Trainer und Sportdirektor in Personalunion konnte sich – wohl auch aufgrund seiner tiefen Verbundenheit zum Verein – nicht nur auf sein Spezialgebiet, das Sportliche, konzentrieren. Immer und immer wieder schaltete er sich öffentlich ein und gab interne Diskrepanzen bekannt. Der erste Tiefpunkt: Die Bekanntgabe seines Rücktritts auf der Pressekonferenz nach der Bielefeld-Niederlage. Der zweite Tiefpunkt: Seine Entlassung am Montagabend.
Kein gutes Verhältnis zum neuen Präsidium
Wollitz sei ein "Gerechtigkeitsfanatiker", so seine selbst gewählte Charaktereigenschaft im inzwischen schon legendären Wutausbruch-Video, das am Montag im Internet auftauchte. Ihm fehle die nötige Rückendeckung vom Präsidium, um erfolgreich arbeiten zu können, so war seine offizielle Begründung seines Rücktritts am vergangenen Samstag auf der Pressekonferenz nach der bitteren 0:1-Niederlage gegen Aufsteiger Arminia. Dass der Zeitpunkt der Bekanntgabe des Rücktritts mit Sicherheit total falsch gewählt war, ist inzwischen mehrmals zur Sprache gekommen. Warum konnte Wollitz nicht noch eine Woche warten, um diese Entscheidung bekanntzugeben? Geleitet von seinen allgemein bekannten Emotionen entschied er sich wohl fast spontan zu diesem Schritt und auch zu der Wortwahl und den Unterstellungen, die damit einhergingen. Es brodelte in ihm, und all das musste raus. Der Umgang mit langjährigen Mitarbeitern, die vom im Dezember vergangenen Jahres neu gewählten Präsidium entlassen wurden, sei eine Frechheit. Immer und immer wieder seien ihm von Präsidiumsmitgliedern Fähigkeiten abgesprochen worden. Beweggründe, die den Rücktritt von Wollitz erklären und die am Montag nach Auftauchen des Videos von vielen verstanden wurden. Doch die Pressekonferenz des VfL am Dienstag wirft neue Fragen auf. War alles nur ein großes Missverständnis und wollte Wollitz einfach gar kein Vertrauen zum neuen Präsidium aufbauen?
Eine schlechte Kommunikation
"Vereinsschädigendes Verhalten" war wohl der Grund, warum der VfL Osnabrück in Person von Präsident Prof. Christian Kröger am Dienstag die Entlassung von Claus-Dieter Wollitz bekanntgab. Die Pressekonferenz nahmen sich die Präsidiumsmitglieder zum Anlass, vielen Dingen endlich Luft zu verschaffen. Denn die glaubwürdige Pressekonferenz zeigt: Vieles war gar nicht so, wie Wollitz es bei seiner Rücktrittserklärung und in dem legendären YouTube-Video darstellt. Sportlich hätte man alles getan, was in den finanziellen Möglichkeiten des Vereins stand. Und auch die Unterstellungen gegen einzelne Präsidiumsmitglieder seien haltlos. Zwar habe vieles von dem, was Wollitz gesagt hat, stattgefunden, jedoch mit ganz anderen Voraussetzungen und vor allem mit anderem Wortlaut. Eine schlechte wenn nicht sogar fehlende Kommunikation zwischen Trainer/Sportdirektor und Präsidium war anscheinend der Grund, warum die zweite Ära Wollitz' ein so unrühmliches Ende nahm. Einen leichten Charakter hatte Wollitz, der viele Pressekonferenzen nach Ligaspielen dafür nutzte, Interna auszuplaudern und so die Unruhe zu stiften, die er immer dem Präsidium anhing, mit Sicherheit nicht. Das wurde auch nach der Pressekonferenz nochmals mehr als deutlich.
Vieles bleibt ungeklärt
Vieles spricht dafür, dass Wollitz inzwischen selbst manche Aussage und vielleicht sogar seinen Rücktritt – vor allem den Zeitpunkt – bereut. Doch zurückdrehen kann man die Zeit nicht, inzwischen ist Wollitz entlassen worden und die zweite Amtszeit des Fußballlehrers beim VfL Osnabrück hat ein unrühmliches Ende zur falschen Zeit genommen. Denn für den VfL steht noch sportlich wie finanziell vieles auf dem Spiel. Am Samstag bietet sich mit Hilfe von Offenbach, die die Heidenheimer nicht gewinnen lassen dürfen, für den VfL, der seinerseits zu Hause gegen die abgestiegene Alemannia Aachen ran muss, die letzte Chance auf die Relegation für die 2. Bundesliga. Damit einher gehen auch die Finanzen – für die 3. Liga muss der VfL eine Liquiditätsreserve in Höhe von 1,7 Millionen Euro, für die 2. Bundesliga lediglich in Höhe von 700.000 Euro stemmen. Für die Lila-Weißen ist die Zukunft noch offen, und nach dem Abgang von Pele Wollitz bleibt vieles ungeklärt. Vor allem aber die Kommunikation ist wohl ein großes Problem gewesen. Wollitz, der "Gerechtigkeitsfanatiker", hat und wollte wahrscheinlich vieles aus Verbundenheit zu alten Mitarbeitern übersehen und falsch verstehen. Und er hat sich am Ende aus dem selben Grund mehr aufgelastet , als er musste. Denn als Trainer und Sportdirektor hatte er sportliche Kompetenzen – wirtschaftliche jedoch nicht. Und so kann man es nur mit seinem Charakter und seiner Vereinsliebe erklären, dass er mehr tun wollte, als er musste und sollte. Für die Zukunft lernen wohl alle Beteiligten aus diesem unrühmlichen Ende.
FOTO: Flohre Fotografie