Würzburger Kickers: Warum es unter Schiele plötzlich läuft

Ende letzter Woche schmückten die Kickers in einer Nacht und Nebelaktion die Würzburger Innenstadt mit roten Luftballons. Anlass war der 110. Jahrestag des Klubs. Am Samstag beschenkten sich die Rothosen dann noch selbst mit einem 3:0-Auswärtssieg in Chemnitz. Zum Ende des Pleiten-Jahres scheint der FWK noch einmal die Kurve zu bekommen. Verantwortlich dafür ist der neue Trainer Michael Schiele. Alles anders unter Schiele? liga3-online.de erklärt, was sich bei den Kickers geändert hat und warum das Abstiegsgespenst zukünftig am Dallenberg keinen Auftrag hat.

Dreierkette sorgt für Stabilität

Der FC Würzburger Kickers ist die Schießbude der 3. Liga. 28 Gegentore nach 16 Spieltagen – kein Team kassierte mehr Gegentore. Für die Unterfranken ist das aber wohl mittlerweile nicht mehr als eine Altlast aus der Erfolglos-Ära von Ex-Trainer Stephan Schmidt. Der Schwabe Michael Schiele stellte das Spielsystem von der Viererkette auf eine Dreier-Abwehrkette um und brachte somit die dringend nötige Stabilität in die Kickers-Defensive. Unter Schmidt noch stand die Mannschaft bei schnellem Umschalten der Gegner, oder nach (häufig vorkommenden) eigenen individuellen Fehlern oft lediglich mit den beiden Innenverteidigern den gegnerischen Angriffen gegenüber.

Im neuen System sind es nun drei Innenverteidiger, zwei Außen und mindestens ein defensiver Mittelfeldspieler zur Absicherung, die des Gegners Offensivbemühungen zu Nichte machen sollen. Kein Wunder also, dass man in den letzten beiden Spielen gegen Halle und Chemnitz im Grunde keine echte Torchance zuließ. Würzburg ist wieder, wie zu besten Zeiten unter Bernd Hollerbach, ein Abwehrbollwerk. Schieles Grundprämisse lautet: So lange wie möglich die Null halten, kompakt stehen und dann mal schauen… Für die Schleifchen und roten Luftballons sind dann starke Individualisten, wie der Doppeltorschütze von Chemnitz, Simon Skarlatidis, zuständig.

Schiele hat die Mannschaft da, wo er sie haben wollte

Der Plan scheint aufzugehen. Nach dem der 39-Jährige sein Team in der zurückliegenden Länderspielpause fit bekommen hat, zeigt sich dass der Ex-Co-Trainer von Ralph Hasenhüttl auch im Offensivspiel einen klaren Plan verfolgt. Die (meist) vier etatmäßigen Offensivspieler üben zeitweise im Block ein sehr intensives Angriffspressing aus und zerstören dadurch jeglichen Spielfluss des Gegner bereits im Ansatz. Die Laufarbeit unter Schiele ist enorm. Beim 3:0 gegen Chemnitz erzeugte der FWK quasi zu jeder Zeit, auf nahezu jeder Stelle des Spielfelds, ein Überzahlspiel.

Schiele und die Kickers überforderten die Chemnitzer, die vor dem Spiel immerhin drei Punkte mehr auf dem Konto hatten, maßlos. Durch die nun vorhandene Fitness, dem neuen Selbstvertrauen und dem für die Liga passenden Spielsystem, kommt die vorhandene individuelle Klasse des Rothosen-Kaders auch zum tragen. In den ausstehenden vier Spielen vor der Winterpause muss der FWK drei Mal zuhause ran. Es wäre demnach wenig verwunderlich, wenn die Siegesserie (aktuell zwei Dreier in Folge) ausgebaut wird und das Abstiegsgespenst sich somit den Weg nach Würzburg zu Weihnachten sparen kann.

Neuer Trainer, neue Chance

Unter Schiele hat sich fast alles geändert am Dallenberg: Trainingspensum, Trainingsinhalte, Spielsystem und auch die Situation der einzelnen Spieler. Im Tor löste Patrick Drewes (Profierfahrung: fünf Drittliga-Einsätze) den erfahrenen Wolfgang Hesl (152 Erst / Zweitliga-Spiele) als neue Nummer eins ab. Völlig Außen vor ist momentan Mittelfeldspieler Björn Jopek, der die große Schlüsselfigur unter Schmidt sein sollte. Den Unterschied auf dem Platz sollen unlängst andere machen. Zum Beispiel Simon Skarlatidis und Marco Königs. Beide hatten eine bis dahin völlig verkorkste Zeit im Trikot der Kickers und blühen unter Schiele, der den Spielern großes Vertrauen und klare Aufgaben zukommen lässt, auf.

Königs traf beim 1:0-Heimsieg gegen Halle, Skarlatidis doppelt beim 3:0 in Chemnitz. Schiele brachte zunächst Disziplin und daraufhin auch wieder den Spaß an den Dalle – die nötige Autorität vor den Spielern hat der Coach mittlerweile sicher. Ein Einstand, welcher so nicht zu erwarten war – immerhin setzte es bei Schieles Premierenspiele als Interimstrainer zwei empfindliche Niederlagen (0:2 in Karlsruhe, 0:5 gegen Wehen Wiesbaden). Die Vereinsverantwortlichen zeigten, nach dem Fehlgriff mit Schmidt, dieses Mal Kompetenz und setzten in der schweren Phase auf den richtigen Mann. Für die Fans der Kickers kann die Saison, im 110. Vereinsjahr, mit Verspätung, nun endlich so richtig losgehen.

   

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