Zwischenfazit #1: Die 3. Liga nach dem Saisonstart

Nur die wenigsten Drittliga-Spieler reisen jetzt zu ihren Nationalmannschaften, für viele dagegen stehen allenfalls Test- oder Landespokalspiele, für manche gar ein ruhiges Wochenende an. Für uns ist es an der Zeit, erstmals auf alle 20 Vereine zu gucken. Wie lief der Saisonstart, wo liegen die Probleme? Wir nehmen die Klubs unter die Lupe und machen den Anfang mit den sieben Spitzenteams.

Das Jahr 2019 könnte als eines der punktstärksten in die Geschichte von Eintracht Braunschweig eingehen, denn auf die grandiose Aufholjagd der Rückrunde folgten bislang sechs Siege aus sieben Spielen. Besonders die Reaktion auf das zwischenzeitliche 0:3 gegen den MSV Duisburg war beeindruckend – wer hätte mit zehn Toren und neun Punkten aus den folgenden drei Partien gerechnet? Last-Minute-Transfers wie Patrick Kammerbauer und Kevin Goden, die man eher in der 2. Bundesliga verortet hätte, unterstreichen, wohin der BTSV – derzeit Tabellenführer – will. 18 erzielte Tore, maßgeblich beigesteuert vom brandgefährlichen Offensiv-Trio Proschwitz/Kobylanski/Bär, sind zudem Liga-Bestwert. So spielt einer, der bald wieder Zweitligist sein will!

 

Während viele andere Aufstiegskandidaten mit (späten) Transfermeldungen um sich warfen, ist beim Halleschen FC der im Vorjahr bereits sehr gepflegten Fußball bietende Kader vor allem dort verstärkt worden, wo es Abgänge zwingend notwendig machten. Uns bleibt nichts anderes festzustellen als: es funktioniert! Vor allem die bärenstarke Abwehrleistung mit erst vier Gegentreffern ist hervorzuheben, jüngst war beim 4:0 gegen Großaspach zeitweise ein Klassenunterschied zu sehen. Sollte sich Stürmer Terrence Boyd als Knipser erweisen, der dem HFC zuletzt noch fehlte, sind die Grundzutaten für einen langen und spannenden Aufstiegskampf vorhanden.

 

Noch liest sich die Bilanz des wohl finanzstärksten Absteigers sehr gut, die Leistungen der vergangenen Wochen aber machen nachdenklich. Schon das 2:2 gegen Hansa Rostock war aus Sicht der Schanzer sehr schmeichelhaft, beim in Topform befindlichen Aufsteiger Viktoria Köln gab es dann fast folgerichtig am Samstag die erste deftige Pleite – 0:3 der Endstand. Und am Dienstag musste der FCI im Landespokal die Segel streichen. Trainer Jeff Saibene kann durch die Verpflichtung von Stürmer Dennis Eckert nun zumindest auf eine weitere Alternative im Angriff zurückgreifen. Der 22-Jährige kommt aus der Primera Division und weist einen Marktwert von 1,2 Millionen Euro auf. Gewiss kein Spieler, der für jeden Drittligisten zu finanzieren wäre – umso deutlicher wird, dass Ingolstadt seinen Fans und Sponsoren nur den Wiederaufstieg als Ziel verkaufen kann.

 

Ganz unerwartet kommt es für erfahrene Drittliga-Zuschauer nicht, dass die SpVgg Unterhaching wieder einmal eine freche und spielstarke Mannschaft zusammengestellt hat. Die Horror-Rückrunde im ersten Halbjahr scheint verdaut und auch das immerwährende Vertrauen in Trainer Claus Schromm an der Seitenlinie zahlt sich aus. Früher wäre der Druck auf die SpVgg wohl noch geringer gewesen, aber seit dem Börsengang, der bereits einen Millionenbetrag eingespielt hat, wird auch südlich von München wieder von der Zweitklassigkeit geträumt. Zumindest eine Außenseiterchance wahrt sich Haching nach diesem Start mit 14 Punkten allemal.

 

Offenbar hat sich die 3. Liga mit Viktoria Köln wenig beschäftigt. Vor der Saison einer der ersten Abstiegsanwärter, straft der Neuling alle Experten Lügen und hat schon mehrere Favoriten stolpern lassen. Während andere Klubs auf Talente setzen, machen es bei Köln zum wesentlichen Teil die "alten Herren": Der 35-jährige Albert Bunjaku mit allein sieben Treffern und der 33-jährige Mike Wunderlich mit sieben Torbeteiligungen ziehen die Strippen beim vor Selbstvertrauen platzenden Verein, dem Pavel Dotchev als Kenner der Liga zudem schnell die nötigen spielerischen Attribute eingeimpft hat. Viktoria als Geheimfavorit? Nein, so weit gehen wir noch nicht. Aber die obere Hälfte sollte in dieser Verfassung kaum ein Problem darstellen.

 

Als Freunde des risikoreichen Fußballs freuen wir uns über den tollen Auftakt des SV Waldhof, der in jedem Spiel sein Herz in beide Hände nimmt und einen resoluten Konterfußball anbietet. Umso erstaunlicher, dass die Defensive – das fantastische Heimspiel gegen Duisburg ausgenommen – kaum ein Gegentor zulässt. Ob Dorian Diring, Gianluca Korte oder, wie könnten wir ihn nicht erwähnen, Valmir Sulejmani, der auf vier Tore und zwei Vorlagen zurückblickt: Die erste Elf des SVW hat Kreativspieler, um die ihn mancher Kontrahent beneiden wird. Im Herbst, wenn die Plätze tiefer und seifiger werden, das Spiel zur Konditionsfrage wird, muss sich zeigen, ob Waldhof auch in der Kaderbreite wird punkten können. Mit Stammkeeper Markus Scholz und Sulejmani fallen zwei Leistungsträger vorerst aus.

 

Obgleich knapp aus dem ersten Tabellendrittel gepurzelt, ist die Auflistung der Topteams ohne den MSV Duisburg unvollständig – zumal dieser mit einem erfolgreichen Nachholspiel gegen den SV Meppen hochgerechnet bis auf den zweiten Rang klettern könnte. Zwischenzeitlich zeigten die Zebras feinsten Kombinationsfußball, die 17 erzielten Treffer in sechs Spielen kommen nicht von ungefähr. Einziger Wermutstropfen der vergangenen Wochen war neben der Bruchlandung in Mannheim die schwere Verletzung von Connor Krempicki. Doch der variable Mittelfeldspieler Maximilian Jansen (zuletzt Sandhausen) dürfte die Qualität der Duisburger kaum mindern. Vor allem der in der Vergangenheit nicht selten kritisierte Moritz Stoppelkamp sticht bisher heraus. Mit acht Toren in nur sechs Spielen führt der 32-Jährige die Torjägerliste der 3. Liga an und traf bisher in allen Spielen – Drittliga-Rekord.

   

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